Der Atem der Apokalypse (German Edition)
Zeitungsausschnitt mit einem körnigen, verblassten Foto. Wie alt mochte es sein – aus den Fünfzigern? Unbedingt, dem Wagen im Hintergrund zufolge. Zwei Männer standen vor einem Wolkenkratzer und hielten lächelnd ein Blatt Papier hoch, um das es anscheinend in dem Artikel ging. Dr. Cornell zeigte mit dem Finger auf einen Mann, der hinter ihnen stand und das Gesicht leicht abgewandt hatte. »Der hier.«
»Eine Ähnlichkeit ist vorhanden«, sagte Artie, »aber genau kann ich es Ihnen nicht sagen. Außerdem kann er es nicht gewesen sein, oder, so alt wie diese Zeitung ist? Aber, ja, der Typ, den ich gestern gesehen habe, könnte sein Sohn sein. Die Figur, das Gesicht und die Haare sind wirklich recht ähnlich.«
»Hab ich’s nicht gesagt!« Dr. Cornells Gesicht leuchtete vor Freude. Er grinste und schlug Brian Freeman auf den Arm. »Er ist einer von ihnen! Ich wusste es!«
Artie sah von einem Mann zum anderen. Er wusste zwar nicht, was hier gespielt wurde, aber er wollte nichts damit zu tun haben. Es reichte ihm, sein eigenes Geschäft zu betreiben und so wenig wie möglich zu wissen. Er war zu alt für das, was Freeman und den Müllsammler antrieb. Für seinen Geschmack war es viel zu anstrengend.
»Tja, egal wer er ist, er wollte mit Jones reden. Außerdem sollte ich ihm das hier geben.« Er holte den silbernen Speicherstick aus der Tasche. »Als Zeichen seines guten Willens.« Artie gab ihn Brian Freeman, obwohl Dr. Cornell schon gierig eine Hand ausgestreckt hatte. »Ich habe nicht reingeguckt.«
»Hat er gesagt, worüber er mit Cass reden will?« Brian Freeman steckte den Stick bereits in einen Anschluss seines MacBooks, das auf einem Haufen Ordner thronte.
»Über Geheimnisse. Er sagte, er habe Antworten auf Jones’ Fragen. Und so weiter in der Leier.«
Dr. Cornell sah Freeman über die Schulter. Beide Männer runzelten gleichzeitig die Stirn. »Was ist passiert?«, fragte Dr. Cornell. »Warum ist der Bildschirm schwarz?«
Brian Freeman sah wieder Artie an. »Hat er Ihnen Anweisungen dazu mitgegeben?«
»Nein, Mann.« Eine peinliche Pause entstand, während die anderen Männer den Mac bearbeiteten. War er neugierig, was auf dem Stick war? Ja. Konnte diese Neugier warten? Und ob, verdammt. Zu Hause überlegte seine Missus gerade, welchen von drei Luxusurlauben sie buchen sollten, und sobald er mit den Bullen geklärt hatte, dass er das Land verlassen durfte, hieß es für ihn Sangria in der Sonne. Und wenn er wieder da war, hätte sich das alles auf die ein oder andere Art und Weise geregelt. Er konnte sich die Geschichte auch dann noch anhören. Artie hatte nicht vor sich einzumischen und wollte sich schon gar nicht von Gestalten wie dem berühmten Mr Bright in die Scheiße reiten lassen.
»Vielleicht weiß Cass, wie man damit umgeht.« Schniefend ging er zur Tür. »A propos Jones – ich denke, ich gehe dann mal, bevor er zurückkommt. Für alle Fälle.« Er zögerte einen Augenblick. Das Bild von Craven hatte ihn irgendwie umgehauen. Es hatte ihn an die Sekunden in seinem Büro erinnert, die er für immer vergessen wollte.
»Noch was«, sagte er. Vielleicht konnte er diesen Augenblick ja für immer verdrängen, wenn er diesen beiden davon erzählte. Er glaubte an Erde und Blut und Dreck. Er weigerte sich zu glauben, was er gesehen hatte.
»Es hört sich bestimmt verrückt an«, fuhr er fort, »aber Armstrong hätte ihn locker verhaften können, eigentlich. Er hatte eine Pistole – Craven hätte nicht in der Lage sein sollen, ihn zu beißen.« Er hatte die Stimme automatisch gesenkt. Er wollte nicht laut darüber sprechen. Hatte Armstrong es eventuell genauso wenig zu Protokoll gegeben wie er selbst? »Aber irgendwas ist dadrin passiert«, fuhr er fort, »etwas verdammt Seltsames. Es war als ob Craven für ein paar Sekunden etwas anderes wäre. Er ist etwas anderes
geworden
.«
Dr. Cornell und Brian Freeman starrten ihn an. Sie hatten den Computer und den Speicherstick völlig vergessen und Artie war es schrecklich unangenehm, als sie ihn so ansahen. Er hatte gehofft, sie würden ihn auslachen, doch das taten sie nicht.
»Was?«, fragte Dr. Cornell leise. »Was ist er geworden?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Mullins ehrlich. »Es war zu hell. Meine Augen taten weh, aber ich bin sicher, dass ich irgendein Metall gesehen habe, eine Art Klauen. Und dann war da noch ein schreckliches Geräusch wie Flügelschlagen.« Er wurde kurz rot. Auch wenn es die Wahrheit war, hörte es sich in
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