Der Atem der Apokalypse (German Edition)
erklären.
»Sie sind total übergeschnappt«, sagte er barsch, »und auf so eine bescheuerte Nummer falle ich nicht herein.«
»Der Junge, den du mitgenommen hast, ist nicht dein Neffe«, wiederholte Mr Bright klar und deutlich. »Dieser Plan entstand lange vor deiner Geburt, sogar lange, bevor deine Eltern einander kennenlernten. Einige von uns starben. Es machte uns Sorgen, aber es waren nur wenige, und die Zeitabstände zwischen den Todesfällen waren groß. Außerdem traf es niemanden aus dem Ersten oder dem Inneren Zirkel. Wir dachten, es handelte sich um eine individuelle Schwäche statt um etwas, das uns alle treffen könnte. Als dann der Erste auf einmal älter und schwächer wurde, brauchten wir einen Plan: Wir durften unseren Anführer nicht verlieren und er hatte nicht vor, sein Leben aufzugeben, nach allem, was er erreicht hatte. Damals machte ich mich auf die Suche nach den Blutlinien.« Er hatte die Augen zusammengekniffen und ließ den Blick über die Zettel auf der Pinnwand schweifen, statt Cass anzusehen.
»Es war ein langwieriges, mühsames Geschäft, wie du dir denken kannst. Es gab einen Fehlschlag nach dem anderen, vieles endete in einer Sackgasse, doch schließlich« – und jetzt drehte er sich zu Cass um und lächelte ihn an – »fand ich Evie und Alan und brachte sie zusammen. Ihr Blut war fast rein, und das ihrer Kinder? Nun.« Er zuckte die Achseln. »Niemand weiß besser als du, wie stark du das
Leuchten
spürst, Cassius.« Er sah ihn nachdenklich an. »Allmählich frage ich mich, wie viel mehr du noch nutzen könntest, das du noch nicht akzeptiert hast.«
»Ein Austausch der Körper?« Brian Freeman sah Mr Bright fassungslos an. »Das hört sich an wie Science Fiction.«
»Science Fiction ist auch nur so lange erfunden, bis jemand genau das erreicht. Man kann sich gut vorstellen, dass alles in unserer Umgebung einmal in einem Buch erdacht wurde.« Mr Bright lächelte. »Ihre Vorstellungskraft ist so viel stärker als
er es
je verstanden hat.«
»Wer ist ›er‹?«, fragte Dr. Cornell. Er lief mit kleinen schlurfenden Schritten auf einem winzigen Stück Teppichboden hin und her. »Und was ist auf den Speichersticks?«
»Können wir weiter über Luke reden?«, fauchte Cass.
»Für
ihn
haben wir im Moment keine Zeit«, erklärte Mr Bright, ohne auf Cass einzugehen. »Die Speichersticks werden alle Fragen beantworten, die sie jemals zu dem Ersten, mir und, möglicherweise noch wichtiger, über Sie alle haben können. Sie sind unsere
Geschichte
– die wahre Geschichte der Welt.«
»Warum können wir sie dann nicht öffnen?«
»Es gibt vier Stück. Sie müssen alle gleichzeitig eingeschoben werden, damit man sie öffnen kann.«
»Das sind die
Schriftrollen
?« Dr. Cornell hatte die Augen so weit aufgerissen, dass er nun vielleicht doch gleich einen Herzinfarkt bekäme.
»Die eigentlichen Schriftrollen sind an verschiedenen Orten auf der Welt verborgen. Diese Orte liegen uns besonders am Herzen. Das hier ist die moderne Version. Die Schriftrollen wurden natürlich gescannt, aber auf den vier Sticks sind die Details aller unserer Taten hier auf Erden gespeichert. Jedes Mitglied des Inneren Zirkels trägt einen an einer Kette um den Hals. Jährlich erfolgt ein Update.« Er wandte sich an Cass. »Wenn du mir hilfst, gebe ich sie dir alle und du kannst alles sehen – aber du musst mir vertrauen. Ich habe deinen Neffen – er ist im Körper eines alten Mannes gefangen, doch er ist in Sicherheit – zumindest jetzt noch. Die anderen werden nach ihm suchen, ebenso wie nach dem Jungen. Ich würde mich freuen, wenn Mr Dublin ihn eher fände als die Gesandte, aber irgendwie glaube ich, dass sie zuerst da sein wird.«
Cass konnte nicht mehr klar denken. Die rothaarige Frau fiel ihm wieder ein, in deren Auto er gesprungen war, als die Kugel seine Schulter zerfetzt hatte. Er erinnerte sich an die Stimme am Telefon:
Der Junge ist der Schlüssel. Lass nicht zu, dass sie den Jungen behalten.
Er konnte sich auch noch an die Wirkung ihrer Worte erinnern. War sie die besagte Gesandte?
»Bald ist es zu spät«, murmelte Mr Vine. Er sah Besorgnis erregend ängstlich aus.
»Wenn es stimmt, was Sie sagen«, sagte er, »warum sitzen wir dann plötzlich im selben Boot? Wenn Sie all das für Ihren Ersten, oder wie Sie ihn nennen, getan haben, warum sitzen Sie dann so in der Scheiße, dass Sie unsere Hilfe brauchen?«
»Wie es scheint, ist niemand unersetzlich.« Ausnahmsweise funkelten Mr
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