Der Atem der Apokalypse (German Edition)
Brights Augen nicht. »Die Begegnung mit dem Tod fördert anscheinend das Schlimmste zutage.« Er warf noch einen letzten Blick auf die körnigen Fotos. »Und in manchen Familien kann das Schlimmste wahrhaft entsetzlich sein. Doch wenn es so weit kommt, werden wir kämpfen, du und ich, Cassius Jones, und wir werden Seite an Seite sterben, ob es dir passt oder nicht.«
»Wie wär’s, wenn Sie bei Luke anrufen und fragen, ob alles in Ordnung ist?«, schlug Freeman vor. Der alte Gangster schniefte. »Das kann doch nicht schaden, oder? Und ich sage den Jungs, sie sollen die Augen aufhalten.« Er reichte Cass sein Handy. »Fang du an.«
Nach einem langen Blick auf das Handy tippte Cass die Nummer von Pater Michael ein. Warum zum Teufel schlug sein Herz so schnell? Konnte es wirklich sein, dass jemand den Körper seines Neffen gestohlen hatte? Er dachte an das
Leuchten
und Mr Solomons Tod und daran, was er gesehen hatte, als er auf dieser Liege festgeschnallt gewesen war. Vielleicht war es doch einfacher, alles zu glauben. Ihm war übel. Das Telefon klingelte und mit jedem Ton wurde sein Mund trockener. Schließlich gab er das Handy zurück. »Er geht nicht ran.«
»Ich rufe Osborne an«, sagte Freeman. »Der Scheißkerl ist mit seinem Handy verheiratet.«
»Er ist tot«, sagte Mr Bright. Es war, als würde er in der Stille die Sterbeglocke für ihn läuten. »Die Gesandte hat ihn gefunden.«
»Wie denn?« Cass griff schon nach dem Autoschlüssel, während Brian Freeman weiter versuchte, Osborne zu erreichen. »Woher sollte sie wissen, wohin sie gehen muss?«
»Hat er viel geschlafen?«
»Ja.« Cass hob den Kopf. »Wieso?«
»Er hat sie gerufen, auf die althergebrachte Art. Deshalb war er wahrscheinlich so erschöpft. Er hat sie aus weiter Ferne gerufen.«
»Keiner der Jungs geht an sein Handy«, verkündete Freeman.
»Ich fahre hin«, sagte Cass. »Ich will wissen, was passiert ist.«
»Dafür haben wir keine Zeit«, sagte Mr Bright, dessen weltmännische Art durch die Dringlichkeit gedämpft wurde. »Wir müssen einen Mann namens Jarrod Pretorius finden – nach ihm hat mich der Erste gefragt, als er aufwachte. Er ist der Schlüssel.«
»Ich fahre trotzdem.« Das Adrenalin in Cass’ Adern vertrieb die Müdigkeit. Vielleicht war es auch seit jeher das
Leuchten
gewesen. »Wir brauchen eine Stunde, wenn wir uns beeilen«, sagte er zu Mr Bright. »Ich muss wissen, was passiert ist. Sie können hierbleiben oder mitkommen. Das können Sie sich aussuchen.«
»Ich suche diesen Pretorius«, sagte Freeman. Er warf Cass das Handy zu. »Ich setze meine Leute auf ihn an. Wir bleiben in Kontakt.« Er sah Mr Vine an. »Der kann bei mir bleiben, so wie dieser Speicherstick.«
Mr Bright gab ihm auch den anderen Stick. »So machen wir es. Aber es muss schnell gehen. Auch wenn es wie ein Klischee klingt, hängt das Schicksal der Welt im Augenblick wirklich am seidenen Faden.«
»Schicksal gibt es nicht«, murmelte Cass und ging in die frische Dezemberluft hinaus.
38
Mr Dublin hatte Schwierigkeiten, seine zitternden Hände unter Kontrolle zu bekommen, als er nach dem klingelnden Handy griff. Vor einer halben Stunde war ihm klar geworden, wie dämlich es war zu glauben, man könnte Mr Bright mit schlichten Methoden wie Folter und Gefangenschaft ausschalten. Seitdem war es immer schlimmer geworden, angefangen mit der Entdeckung von Mr Escobars Leiche. Der Tod eines von seinesgleichen war ein Schock gewesen, doch damit musste er sich später befassen. Er hatte die Leiche auf dem Boden des Experimentierraums liegen lassen und die Tür abgeschlossen. Mr Bright und Mr Vine waren mit Cassius Jones verschwunden. Mr Dublin musste es den anderen unbedingt verheimlichen, bis er eine Idee hatte, wie er das alles wieder in Ordnung bringen könnte.
Ihm war so übel, dass er Magenkrämpfe hatte – das war
Angst
. Mr Brights Zorn musste gewaltig sein, wenn er Mr Escobar auf diese Weise vernichten konnte. Selbst bei dem großen Aufstand vor so langer Zeit waren nur wenige von ihnen gestorben. Sie waren einfach zu stark.
Dann hatte Mr Brights Handy, das sie ihm abgenommen hatten, geklingelt, und als Mr Dublin drangegangen war, hatte ihm der Anrufer vor lauter Panik nicht einmal genug Zeit gelassen, sich zu melden.
»Sie spiegeln jetzt nicht mehr die Apokalypse – damit haben sie vor ungefähr einer Stunde aufgehört. Jetzt ist es Jarrod Pretorius – sein Gesicht ist überall, auf allen Bildschirmen. Heißt das jetzt, dass
er
doch
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