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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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würde und dann täte es weh und Blut würde in die Spritze laufen,
     denn ich müßte es einem Mann auf den Autositz spritzen. Das war das Schwerste. Ich machte mir solche Sorgen. Ich hatte keine
     Ahnung, ob das Blut gerinnen würde. Ich wußte nicht, ob es genug wäre. Ich wußte nicht, ob die Polizei ermitteln könnte, daß
     es kein frisches Blut war. Ich wußte nicht, wie diese ganzen Gensachen funktionieren. Könnte der Computer herausfinden, daß
     das Blut einen Tag lang im Kühlschrank gelegen hatte?«
    Christine drückte den Hund an ihre Brust. Sie schaute den Priester nicht an. Sie betrachtete ihre Finger, die mit den Hundeohren
     spielten.
    »Als Sonia in der Badewanne saß, ging ich zu ihr und log sie an. Ich sagte, wir müßten es tun, denn ich sollte dem Arzt ein
     wenig Blut von ihr bringen. Als sie fragte: ›Warum?‹, wußte ich nicht, was ich sagen sollte. Ich fragte sie, ob sie sich daran
     erinnerte, wie sie im Kindergarten geimpft worden war, damit sie nicht krank würde. Sie sagte: ›Mama, das hat weh getan‹,
     und ich sagte: ›Aber nicht lange – und so wird es auch diesmal sein, es ist ganz genau so, damit es dir gutgeht.‹ Also sagte
     sie: ›Okay, Mama‹, und sie kniff die Augen zu und streckte mir ihren Arm hin. Ich habe noch nie jemandem Blut abgenommen,
     aber als Hure muß man sich jeden Monat auf Aids testen lassen, also weiß ich, wie es geht. Aber wenn das eigene Kind sagt:
     ›Au, Mama, au‹, dann fängt man an zu zittern, es ist nicht leicht, und man kriegt Angst, wenn kein Blut kommt …«
     
    |378| »Worauf warten wir? Was wollen Sie?« fragte Thobela, aber der Mann saß bloß da und starrte ihn an, die Hand mit der Pistole
     lag in seinem Schoß, er sagte nichts. Nur dann und wann zwinkerte er oder schaute zum Fenster hinaus.
    Er fragte sich, ob der Mann ganz richtig im Kopf war. Oder auf Drogen, wegen dieser eigenartigen Intensität. Irgend etwas
     nagte an ihm. Seine Augen standen nie ganz still. Manchmal zuckte eines der Knie, als wäre es eine Sprungfeder. Die Pistole
     vibrierte auch, es war eine kaum wahrnehmbare Bewegung.
    Instabil. Und daher gefährlich. Konnte er es schaffen, konnte er sich an der Armlehne hochziehen und die über zwei Meter zwischen
     ihnen überwinden? Wenn er einen Moment wählte, in dem der Blick zum Fenster hinausging? Wenn die Z88 ein wenig heruntersank?
    Thobela schätzte die Entfernung, schaute in die braunen Augen.
    Nein.
    Aber warum saßen sie hier und warteten? So angespannt?
    Später wußte er mehr, als das Handy zweimal klingelte. Jedes Mal zuckte der Weiße zusammen, sein Körper verspannte sich. Er
     hob das Telefon aus seinem Schoß und saß bloß still da, ließ es klingeln. Bis es aufhörte. Fünfzehn, zwanzig Sekunden später
     piepte es zweimal, um anzuzeigen, daß jemand eine Nachricht hinterlassen hatte. Griessel unternahm jedoch nichts. Er hörte
     sich die Nachrichten nicht an.
    Sie warteten auf Anweisungen; soviel war Thobela jetzt klar. Sie würden über Handy gegeben. Die Intensität lag am Streß. Der
     Angst. Aber warum? Was hatte es mit ihm zu tun?
    »Haben Sie ein Problem?«
    Griessel starrte ihn bloß an.
    »Kann ich irgendwie helfen?«
    Der Mann schaute zum Fenster, dann wieder zurück.
    »Stört es Sie, wenn ich ein bißchen schlafe?« fragte Thobela. Denn mehr konnte er nicht tun, und er hatte es nötig.
    Keine Reaktion.
    |379| Er machte es sich gemütlich, streckte seine langen Beine aus, legte seinen Kopf auf das Sofakissen und schloß die Augen.
    Aber das Handy klingelte wieder, und diesmal nahm der Weiße den Anruf an und sagte: »Griessel«, und: »Ja, ich hab ihn.« Er
     hörte zu, sagte dann: »Ja.«
    Und wieder: »Ja.« Hörte zu. »Und dann?«
    Thobela konnte leise eine Männerstimme am Telefon hören, aber die Worte nicht verstehen.
    Griessel löste das Handy von seinem Ohr und stand auf, wahrte sicheren Abstand.
    »Los«, sagte er. »Wir gehen.«
    »Ich hab’s grad sehr bequem, danke.«
    Ein Schuß donnerte durch die Stille im Zimmer, und eine Kugel riß neben ihm ein Loch in das Sofa. Füllung und Staub quollen
     heraus, sanken wie in Zeitlupe auf den Boden. Thobela schaute den Weißen an, der nichts sagte. Dann erhob er sich, die Hände
     stets sichtbar.
    »Immer mit der Ruhe«, sagte er zu Griessel.
    »Zum Wagen.«
    Er ging los.
    »Moment.«
    Er schaute zurück. Griessel stand neben dem Assegai. Er schaute darauf hinunter, sah zu ihm hinüber, als müßte er eine Entscheidung
     treffen. Dann

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