Der Atem des Jägers
es sah.
»Danke.«
»Ich weiß, es ist schwer«, sagte er.
Sie nickte.
»Sie waren sehr wütend auf sie?«
»Ja.«
»Sie haben daran gedacht, ihr etwas anzutun.«
Bothma hielt inne, bevor sie etwas sagte. Ein Schäferhund auf dem Teppich kratzte sich. »Ja.«
»Sie erstechen?«
|201| Bothma schüttelte den Kopf.
»Der Revolver?«
Nicken.
»Warum haben Sie das nicht getan?«
»Sie hat ihn versteckt.«
Er wartete.
»Ich habe sie nicht umgebracht«, sagte Elise Bothma und schaute zu ihm auf. Er sah, daß sie grüne Augen hatte. »Das habe ich
nicht.«
»Ich weiß«, sagte Griessel. »Sie war zu stark für Sie.«
Er wartete, bis Keyter in seinem Wagen saß, dann trat er ans Fenster und sprach leise, denn es standen immer noch andere Polizisten
auf dem Gelände. »Ich möchte, daß du ein paar Sachen ganz genau kapierst«, sagte er, und Keyter schaute überrascht zu ihm
auf.
»Erstens. Du wirst deinen Mund bei einer Befragung nicht wieder aufmachen, es sei denn, ich erlaube es dir. Verstanden?«
»Herrgott. Was hab ich denn gemacht?«
»Hast du verstanden?«
»Okay, okay.«
»Zweitens. Ich habe nicht um dich gebeten. Du bist mir zugeteilt worden. Mit der Anweisung, daß ich dir beibringen soll, was
ein Detective so macht. Drittens. Um das zu lernen, mußt du zuhören. Verstanden?«
»Ich
bin
ein verfluchter Detective.«
»Du bist ein verfluchter Detective? Dann sag mal, Mister verfluchter Detective, wo sucht man nach einem Mörder? Wo sucht man
als allererstes?«
»Okay«, sagte Keyter langsam.
»Okay, was, Jaaa-mie?«
»Okay, ich habe verstanden.«
»Was verstanden?«
»Was du gesagt hast.«
»Sag’s mir, Jaaa-mie.«
|202| »Warum nennst du mich immer so, Jaaa-mie? Ich hab’s verstanden, okay? Zuerst sucht man in der Nähe des Opfers.«
»Und hast du dort gesucht?«
Keyter sagte nichts, er klammerte sich bloß in der Zehn-Uhr-zwei-Uhr-Position an das Steuerrad.
»Du bist nicht mal der Arsch eines Detectives. Zwei Jahre in der Wache Table View sind gar nichts. Einbrüche und Autodiebstähle
zählen bei uns nichts, Jaaa-mie. Also halt die Klappe und hör zu und lern. Oder du kannst jetzt sofort zu Matt Joubert gehen
und ihm sagen, daß du nicht mit mir zusammenarbeiten kannst.«
»Okay«, sagte Keyter.
»Okay was?«
»Okay, ich sage nichts.«
»Und lerne.«
»Und lerne.«
»Dann kannst du wieder aussteigen, denn wir sind hier noch nicht fertig.« Er trat einen Schritt zurück, damit die Tür sich
öffnen ließ. Keyter stieg aus, schloß die Tür und legte die Arme über der Brust über Kreuz. Er lehnte sich an seinen Wagen.
»Sind wir sicher, daß sie es nicht war?« fragte Griessel.
Keyter zuckte mit den Achseln. Als er sah, daß das nicht reichte, sagte er vorsichtig: »Nein?«
»Hast du gehört, was ich dort drinnen gesagt habe?«
»Ja.«
»Glaubst du, sie könnte es gewesen sein?«
»Nein.«
»Aber sie wollte?«
»Ja.«
»Jetzt denk mal nach, Jaaa-mie. Tu mal so, als wärst du sie.«
»Häh?«
»Denk so, wie sie denken würde«, sagte Griessel und unterdrückte den Drang, himmelwärts zu schauen.
Keyter entfaltete die Arme und drückte zwei Finger gegen seine Schläfen.
|203| Griessel wartete.
»Okay«, sagte Keyter.
Griessel wartete.
»Okay, sie ist zu klein, um Laurens zu erstechen.« Er schaute Griessel an, der als Bestätigung nickte.
»Und sie weiß nicht, wo der Revolver ist.«
»Das stimmt.«
Wieder die Finger an den Schläfen.
»Nein, Dreck, ich weiß nicht«, sagte Keyter wütend und richtete sich auf.
»Wie würdest
du
dich fühlen?« fragte Griessel; seine Geduld neigte sich dem Ende zu. »Dein Kind ist tot. Deine Partnerin ist dafür verantwortlich.
Wie würdest du dich fühlen? Du bist voller Haß, Jamie. Du sitzt hier im Haus und haßt. Sie sitzt in einer Gefängniszelle,
und du weißt, daß sie irgendwann gegen Kaution rauskommt. Und du wünschst dir, du könntest sie totschlagen für das, was sie
getan hat. Du stellst es dir vor, wie du sie erschießt, erstichst. Und dann hörst du im Radio von diesem Mann, der Leute ersticht,
die sich an Kindern vergreifen. Oder du liest es in der Zeitung. Was machst du dann, Jamie? Du weinst, und du hoffst. Du wünschst.
Denn du bist klein und schwach und brauchst einen Superhelden. Du denkst: Was wäre, wenn er mit seinem großen Assegai kommt?
Und die Vorstellung gefällt dir. Aber die Woche ist zu lang, Jamie. Später denkst du dir: Und was, wenn er nicht kommt? Bothma
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