Der Atlantik - Biographie eines Ozeans
einer brandneuen Entität hinzukommen: America.
Vom Vornamen des Seefahrers und Entdeckers Amerigo Vespucci leitet sich der Name ab, den deutsche Kartografen dem neuen Kontinent verliehen. Der Florentiner war der Erste, der erkannte, dass die Landmasse im Westen einen eigenen Erdteil bildete. Demzufolge stellte auch der Atlantik einen eigenständigen Ozean dar und war nicht »Anhängsel« irgendeines anderen Meeres.
Als die neue Weltkarte 1507 publiziert wurde – auf ihr waren im Halbprofil auch die beiden Giganten der Geografie, Ptolemäus und Vespucci, abgebildet, während weder Leif Eriksson noch Kolumbus irgendwo zu sehen waren –, stand quer über die südliche Hälfte des südlichen Teils der Neuentdeckung, dort, wo heute der Staat Uruguay liegt, in etwas wackeligen sowie unproportionierten Majuskeln dieses eine Wort geschrieben: AMERICA. Wenn es auch wie eine ein wenig zaghafte Hinzufügung in letzter Minute wirkte, war es dennoch unumstößlich da.
Der Name schlug ein. Auf einem 1515 in Paris angefertigten Globus findet er sich auf beiden Segmenten des Kontinents, dem nördlichen wie dem südlichen. Auch in einem 1520 in Spanien publizierten Buch begegnet er; in einem anderen, das fünf Jahre später in Straßburg erschien, ist »America« als eine der Regionen der Welt aufgeführt, und 1538 schließlich prägte Mercator, der neue Arbiter , die unbestrittene Koryphäe, was die Geografie des Planeten betraf, die Ausdrücke »Nordamerika« und »Südamerika« für die beiden Hälften des vierten Erdteils. Damit war der Name etabliert und würde nie wieder geändert werden.
Und da jetzt ein neuer Kontinent in jeder Beziehung des Wortes da war, wurde auch das Meer, das zwischen ihm und den Altwelterdteilen Europa und Afrika lag, dieses Meer, das wechselnd als Äthiopischer Ozean, Oceanus, die Große Westliche See, der Westliche Ozean, Mare Glaciale und – von Herodot im fünften Jahrhundert v. Chr. in seinen Historien – als Atlantik bezeichnet wurde, endlich zu einem eigenen, ringsum von Küsten umgebenen Ozean.
Es galt nicht länger als Anhängsel irgendeines anderen Meeres. Es war nicht länger Teil irgendeines größeren amorphen, weltumspannenden Gewässers. Es war eine eigenständige Entität, unvorstellbar groß zwar, aber dennoch fest umrissen, mit Grenzen, Kanten, Küsten, einem Saum, einer Einfassung, einer Umrandung und einem »Ende« im Norden, im Süden, im Westen und im Osten.
Aus einer einfach nur unerklärlichen grün-grauen immensen Wasserfläche, die sich von den Gezeitentümpeln bei Pinnacle Point in scheinbar endlose Ferne erstreckte, war dieses Meer erst zu einer tosenden Masse sturmgepeitschter Wogen jenseits der Säulen des Herakles, danach zu einem warmen purpurfleckigen oder einem mit Eis bedeckten Gewässer geworden und anschließend zu einer See, von der man glaubte, dass sie nur Teil von anderen Meeren sei, ein bloßes Anhängsel. Doch nun, im frühen 16. Jahrhundert, von dem Moment an, da Mercator sein Imprimatur erteilt hatte, hatte der Atlantische Ozean endlich eine eigene Identität erhalten.
Jetzt musste nur noch herausgefunden werden, welcher Art diese Identität war, damit diesem neu entdeckten Ozean der ihm gebührende Platz auf der Weltbühne zugewiesen werden konnte.
Der Atlantik war gefunden worden. Jetzt verlangte er danach, erforscht zu werden.
15 Wörtl.: »Laugenfisch«; ein in Skandinavien beliebtes Gericht aus gewässertem Trockenfisch. (Anm. d. Ü.)
16 Dieses 1494 geschlossene Abkommen gestand Spanien die Oberhoheit über alle neu entdeckten Gebiete zu, die sich im Westen einer 370 Leguas westlich der Kapverdischen Inseln in Nord-Süd-Richtung durch den Atlantik gezogenen Grenzlinie befanden. Die östlich davon gelegenen Gebiete wurden Portugal zugestanden. Da Brasilien östlich dieser Linie lag, war es das einzige Territorium auf dem amerikanischen Kontinent, das an Portugal fiel.
2
Alle Tiefen und Untiefen in ihm
Der weinerliche Bube, der mit Ranzen
Und glattem Morgenantlitz wie die Schnecke
Ungern zur Schule kriecht .
1. Die definierende Autorität
D as Fürstentum Monaco, dieser sonnige Hafen für Reiche, deren Geld aus eher trüben Quellen stammt, an der französischen Riviera, kann auf keine so stolze Geschichte zurückblicken, dass seine öffentlichen Plätze und Anlagen mit imposanten Statuen übersät wären. Natürlich trifft man auf viele aus Marmor gehauene Darstellungen von Angehörigen des ursprünglich aus Genua stammenden
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