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Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Titel: Der Atlantik - Biographie eines Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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verzeichnen, ebenso wie das gleichbleibende, anhaltende Wehen von anderen, Passatwinde, die stetig aus dem Nordosten bliesen, Weststürme, die im Norden Wetterkoller auslösten, und dann die launenhaften, in ihrer Unbeständigkeit verblüffenden Winde um den Äquator herum, die das Gegenteil bewirkten, nämlich Flauten entstehen ließen. Dann waren da auch noch die gefährlichen Wirbelwinde: Hurrikans, Wasserhosen, Taifune, Zyklone. Es gab Eis und Schnee, Eisschollen und tafelförmige Eisberge. Und schließlich noch maritime Kuriositäten der verschiedensten Art: Phänomene wie das Elmsfeuer, das Bermudadreieck, absonderliche Geschöpfe wie Meerjungfrauen, Seeschlangen und Riesenkraken.
    Alle diese Erscheinungen gab es zu erforschen, doch stellten sich die Erkenntnisse, die man über jede von ihnen gewann, als peripher in Bezug auf das Wissen um den Ozean selbst heraus. Ozeane besitzen ihre ganz eigenen physischen Attribute; es gibt eine Liste von sie prägenden Merkmalen und Erscheinungen, welche solche Dinge wie die Topografie des in der Tiefe verborgenen Meeresbodens, die Temperatur und die chemische Zusammensetzung des Wassers wie auch die Strömungen und das Pulsieren von Ebbe und Flut einschließt. Und das waren Dinge, auf die die Wissenschaftler schon früh aufmerksam wurden und die sie früh untersuchten: Allein im 17. Jahrhundert waren es Männer wie Robert Boyle, der über den Salzgehalt des Meerwassers schrieb, Isaac Newton, der seine Ansichten über die Ursachen des Gezeitenwechsels darlegte, und Robert Hooke, der für seine Übellaunigkeit berühmte Universalgelehrte und Philosoph, der zwar bekannter dafür ist, dass er die Prinzipien der Elastizität formulierte, Schiebefenster erfand, ein Pionier von mikroskopischen Untersuchungen war, als Erster den Großen Roten Fleck des Jupiter sah und die Federunruh für Uhren erfand, der aber auch eine Menge Gerätschaften und Methoden zur Erforschung der Tiefsee entwickelte.
    So begannen Wissenschaftler nach einiger Zeit, ihren Blick auf den Ozean und in seine Tiefen zu richten, das Unauslotbare auszuloten, und nach und nach zeigten sie sich der immensen Herausforderung, die die Erforschung einer so gewaltigen Entität wie des Atlantiks darstellte, immer besser gewachsen. Sie widmeten sich ihr vor allem in viktorianischer und edwardianischer Zeit, einer Periode der britischen wie auch der amerikanischen Geschichte, in der das überwältigend Schwierige oft in ungewöhnlicher Weise »machbar« zu sein schien; es war eine Phase, in der das Aufschlüsseln der Geheimnisse eines riesigen Ozeans auch nicht wesentlich schwieriger zu sein schien als etwa die Auflistung aller Lebewesen der Erde oder das Einpferchen aller Wörter der englischen Sprache zwischen Buchdeckeln, der Bau einer transkontinentalen Eisenbahnstrecke oder eines den Pazifik und den Atlantik verbindenden Kanals.
    In der Frühzeit heimsten die Forschungsreisenden und Entdecker den Ruhm ein, Männer, die auf der Jagd nach Land, neuen Territorien und materiellen Schätzen der verschiedensten Art waren, und weniger jene, die den Ozean studierten. Die Erinnerung an wagemutige Abenteurer wie James Cook, Sir John Ross, den Conte de la Pérouse, Robert Fitzroy und den Chevalier de Bougainville wird dadurch am Leben erhalten, dass Kaps, Meerengen und Inseln überall auf der Welt ihre Namen tragen – wohingegen die der ersten wirklichen Ozeanografen im Lauf der Zeit in Vergessenheit geraten sind. Wem ist heute zum Beispiel noch James Rennell ein Begriff, der ein junger Seemann aus Devon war und mit dem Atlantik zum ersten Mal auf der monatelangen Heimfahrt von Bengalen, wo er beim Militär gedient hatte, intensiv in Berührung kam? An ihn erinnern außer seinem Grabmal ein paar Bücher, die aber seit Langem kaum noch gelesen werden, und ein nach ihm benannter Hörsaal im National Oceanography Centre in Southampton. Dabei war er eine wirklich heldenhafte Erscheinung, aus demselben Holz geschnitzt wie Cook und la Pérouse, immer bereit dazu, alles zu tun, was sein Beruf von ihm verlangte. Als er mit einer Gruppe von Mitarbeitern die Besitzungen der Ostindien-Kompanie in Bengalen vermaß, wurde ihm bei einem Überfall von Säbel schwingenden Eingeborenen beinahe ein Arm abgetrennt. Später wurden ihm die Karten, die er von Indien angefertigt hatte, von Piraten geraubt. Allen Rückschlägen zum Trotz, verzagte er aber nicht, sondern sammelte unermüdlich neue Kenntnisse über den Ozean.
    Rennell erzielte seine

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