Der Atlantik - Biographie eines Ozeans
Umrundung der Welt gelungen war; die Atlantis hieß so nach einem Forschungsschiff des Woods Hole Oceanographic Institute (das heute unter anderem Namen in Diensten der argentinischen Küstenwache steht). Die Discovery und die Endeavour – für den zweiten Namen wählte man bewusst die englische Schreibweise – waren Schiffe, auf denen James Cook im 18. Jahrhundert seine Reisen unternahm.
24 Das englische blunder bedeutet so viel wie »dummes Versehen«, »grober Schnitzer«. (Anm. d. Ü.)
25 Nares’ typisch viktorianische Rechtschaffenheit veranlasste ihn auch dazu, auf einer seiner Fahrten in die Arktis einen seiner Offiziere zurechtzuweisen, weil er eine Robbe geschossen hatte, ein hervorragender Lieferant von Vitamin C, während der sonntägliche Gottesdienst abgehalten wurde, und so die Kommunikation des Menschen mit Gott unterbrochen habe. Nares’ Name lebt weiter: Nach ihm sind ein Hafen auf den Admiralitätsinseln nördlich von Neuguinea benannt, zwei Kaps in Kanada, eine Gebirgskette auf Grönland, ein Gipfel in der Antarktis, der Seeweg zwischen Grönland und Kanada und eine Meerestiefe im Nordatlantik.
26 Zur Zeit, da dies geschrieben wurde, acht Jahre nach Abschluss des Textes, war sie noch nicht veröffentlicht. Ein Disput zwischen Japan und Korea darüber, ob man das Meer, das die Länder trennt, Japanisches Meer oder Ostmeer nennen soll, konnte nicht beigelegt werden.
27 Die einst einem französischen Chocolatier gehörte, beinahe von Hitler gekauft worden wäre und heute eine Handvoll Leuchtturmwärter beherbergt.
3
Oh, seine Pracht und Macht
… dann der Verliebte,
Der wie ein Ofen seufzt, mit Jammerlied
Auf seiner Liebsten Brau’n …
1. Das Drama des Meeres
A uch wenn William Shakespeare häufig und mit einer scheinbar auf Vertrautheit basierenden Geläufigkeit über das Meer schrieb – über Ebbe und Flut in den Geschäften der Menschen, über majestätische Flotten und »den Graus von tausend Wracken«, über Väter, die volle »fünf Faden tief« liegen, über den Wandel, den die See bewirkt, über Meeresnymphen, über Wind, der »hart in die Segel« drängt –, gibt es keinen eindeutigen Beleg dafür, dass er jemals an Bord eines Schiffes ging, ja noch nicht einmal dafür, dass er jemals den Atlantik zu Gesicht bekam.
Doch so groß war die Bedeutung des Atlantiks für ganz England zu Shakespeares Zeit, dass er mit Sicherheit von seiner Existenz wusste und auch von den vielen Dramen erfuhr, die sich auf ihm zutrugen oder zugetragen hatten. Es überrascht daher nicht, dass er eine der damals bekanntesten Geschichten vom Atlantik geschickt in sein letztes Bühnenwerk, Der Sturm , einflocht, in dem er seiner Fantasie vielleicht so kühn Lauf ließ wie in keinem anderen . Wie schon so viele vor und noch so viele nach ihm, machte Shakespeare eine Anleihe bei diesem Ozean mit seinen vielfältigen Launen und Stimmungen und verwandelte das Übernommene in Kunst.
Das Stück, das er 1611 schrieb, wurde 2009 auf Bermuda aufgeführt, und zwar im Rahmen der Feierlichkeiten zum vierhundertsten Jahrestag des Bestehens dieser nördlichsten im Atlantik gelegenen Inselkolonie Großbritanniens. Es wurde in einer imperial-pompösen Inszenierung in einem Theater der Hauptstadt Hamilton auf die Bühne gebracht. Der Hauptgrund dafür war, dass die meisten Literaturwissenschaftler der Ansicht sind, Der Sturm sei, anders als alle vor ihm entstandenen Dramen, ein Stück, das auch vom Atlantischen Ozean handle, und die zufällige »Besiedlung« der Insel Bermuda im Jahr 1609 habe eine entscheidende Rolle für sein Entstehen gespielt.
Das ist eine Theorie, die einen zunächst verblüffen könnte; denn schließlich erhält man bei genauer Lektüre eher den Eindruck, dass die Insel, auf die Prospero und Miranda verbannt wurden und wo sie auf Caliban stießen, irgendwo im Mittelmeer liegt. Neapel scheint Anspielungen im Text zufolge dem Ort des Geschehens sehr nahe zu sein, und wenn am Ende das havarierte Segelschiff, das Antonio und Alonso auf Prosperos Eiland gebracht hat, instand gesetzt ist und heimwärts segeln darf, bricht es auf eine nicht als besonders lang oder gefährlich dargestellte Rückfahrt nach Italien auf, das man sich demnach als in der Nähe liegend vorstellen muss.
Doch bei einer eingehenderen, eine Interpretation des Dramentexts selbst übersteigenden Untersuchung der Motive, die Shakespeare zum Abfassen seines Stücks veranlasst haben könnten, stößt man auf einen Bericht, der eine
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