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Der Atlantis-Komplex

Der Atlantis-Komplex

Titel: Der Atlantis-Komplex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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ihre Waffe. Die Neutrino war mit ihrem Visier synchronisiert, aber Holly blieb keine Zeit, die Einstellungen zu überprüfen. Sie drückte einfach den Hauptschalter und sprach klar und deutlich in ihr Helmmikro.
    »Waffe aktivieren. (Pause für Piepton.) Nicht tödlich. Fächerstrahl, volle Kraft.«
    »Tut mir leid, Artemis«, murmelte sie und feuerte eine satte Drei-Sekunden-Ladung auf ihren oberirdischen Freund ab.
    Artemis steckte bis zu den Knöcheln im Schneematsch und schwadronierte wie ein Besessener, als Holly auf den Abzug drückte.
    Der Strahl traf ihn wie der Schlag eines riesigen, elektrisch geladenen Aals. Sein Körper wurde hochgerissen und durch die Luft geschleudert, und keine Sekunde später krachte die Sonde mit markerschütternder Wucht genau auf die Stelle, an der er gestanden hatte.
    Wie ein Sack Feuerholz fiel Artemis in einen Krater und verschwand aus Hollys Blickfeld.
    Das ist nicht gut , dachte sie. Dann sah sie ihre eigenen Magiefunken vor ihren Augen schweben wie neugierige, bernsteinfarbene Glühwürmchen.
    Sendepause. Meine Magie schickt mich schlafen, damit sie mich heilen kann .
    Aus dem Augenwinkel sah Holly noch, wie sich im Rumpf der Raumsonde eine Tür öffnete und eine hydraulische Gangway herausgefahren kam. Jemand − oder etwas − folgte.
    Hoffentlich wache ich wieder auf , dachte Holly. Ich hasse Eis, und ich will nicht in der Kälte sterben .
    Dann schloss sie die Augen und spürte nicht mehr, wie ihr schlaffer Körper vom Dach rollte und in eine darunterliegende Schneewehe fiel.
    Kaum eine Minute später schlug Holly die Augen wieder auf. Das Aufwachen fühlte sich wirr und unwirklich an, wie Dokumentaraufnahmen aus einem Kriegsgebiet. Sie konnte sich nicht erinnern, aufgestanden zu sein, doch plötzlich war sie auf den Beinen und wurde von einem völlig derangierten Foaly mitgeschleift. Seine sorgfältig gepflegte Stirnlocke war angekokelt, und die Überreste sahen aus, als wäre ein Vogelnest zwischen seinen Ohren gelandet. Vor allem aber wirkte er deprimiert.
    »Kommen Sie, Captain!«, rief Foaly, und seine Stimme schien nicht ganz zu den Mundbewegungen zu passen. »Wir müssen von hier verschwinden.«
    Holly hustete goldgelbe Funken, und ihre Augen fingen an zu tränen.
    Bernsteinfarbene Magie? Ich werde alt .
    Foaly packte sie an den Schultern und schüttelte sie. »Reißen Sie sich zusammen, Captain. Hier gibt’s genug zu tun.«
    Der Zentaur wandte Trauma-Psychologie an. Das wusste Holly, denn sie erinnerte sich an die entsprechende Fortbildung im Polizeipräsidium.
    Im Fall einer Stresssituation appellieren Sie an die Professionalität der Soldaten. Rufen Sie ihnen wiederholt ihren Rang ins Gedächtnis. Bestehen Sie darauf, dass sie ihre Pflicht tun. Das wird die seelischen Wunden zwar nicht dauerhaft heilen, aber vielleicht reicht es aus, um Sie und Ihre Truppe zurück zur Basis zu bringen .
    Commander Vinyáya hatte den Kurs geleitet.
    Holly versuchte sich zusammenzureißen. Ihr Unterschenkel fühlte sich kraftlos an, und in ihrem Beckenbereich machte sich der Nachheilungsschmerz bemerkbar, auch bekannt unter dem Namen Magiebrennen.
    »Lebt Artemis noch?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Foaly knapp. »Ich habe die Dinger gebaut, verstehst du. Ich habe sie entworfen .«
    »Welche Dinger?«
    Foaly zerrte sie zu einer eisüberzogenen Vertiefung im Gletscher, glatter als jede Profi-Rodelbahn.
    »Die, die uns auf den Fersen sind. Die Amorphoboter. Die Dinger, die aus der Sonde gekommen sind.«
    Leicht vornübergebeugt, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, ließen sie sich hinuntergleiten.
    Holly hatte das Gefühl, einen Tunnelblick bekommen zu haben, obwohl ihr Helm ein Panoramavisier hatte. An den Rändern ihres Sichtfelds funkelte es bernsteinfarben.
    Die Heilung ist noch nicht abgeschlossen. Ich sollte mich besser nicht bewegen. Weiß der Himmel, welche Schäden ich mir sonst zufüge.
    Foaly schien ihre Gedanken lesen zu können, doch wahrscheinlich war es einfach nur unterirdisches Einfühlungsvermögen.
    »Ich musste dich da rausholen. Einer von meinen Amorphobotern steuerte auf dich zu und sog dabei alles auf, was ihm über den Weg lief. Die Sonde ist nach unten verschwunden, keine Ahnung, wohin. Versuch mal, dich auf mich zu stützen.«
    Holly nickte, dann musste sie erneut husten. Zum Glück reinigte sich ihr Helmvisier automatisch.
    Mühsam rutschten sie übers Eis zu dem Krater, in dem Artemis lag. Er war leichenblass, und vom Mundwinkel zum Haaransatz zog

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