Der Attentäter - The Assassin
zusammenzuarbeiten.«
»Aber woher sollten sie es wissen? Was ist, wenn …«
»Sie können es nicht wissen.« Er beugte sich vor und senkte die Stimme, obwohl eigentlich niemand mithören konnte. »Diese ganze Geschichte ist hoch riskant, aber wir haben keine Wahl. Wir sind darauf angewiesen, was dieser Mann uns bringt. Rühmann weiß zu viel, wenn auch nicht über das Ziel unserer Aktion. Aber er hat die Waffe besorgt und weiß, was sich damit anrichten lässt. Und wie sie versteckt ist. Er muss sterben.«
»Wahrscheinlich hast du recht«, murmelte sie. Für ein paar Minuten herrschte Schweigen. Sie trank ihren Tee aus und
bestellte eine zweite Tasse, während er sich seinem Essen widmete. Die Kellnerin war in der Nähe, ein hübsches Mädchen, das ihren Tisch von Anfang an im Auge behalten hatte. Sie war gerade zu ihnen getreten, um den Teller und die Tasse abzuräumen, als Vanderveen aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Ein Mann in einem grauen Anzug und mit grüner Krawatte nahm auf der anderen Seite eines riesigen Blumenkübels Platz, in dem sich zu dieser Jahreszeit nur sandige Erde und Zigarettenkippen befanden. Der Neuankömmling stellte die Aktentasche neben seine Füße, gab der Kellnerin ein Zeichen und schlug die Zeitung auf.
Vanderveen lehnte sich zurück. »Du kannst dir ruhig noch etwas bestellen. Ich denke, wir bleiben noch ein bisschen.«
Eine Stunde verging. Raseen bestellte Törtchen, die Tische um sie herum füllten sich, ungeachtet des grauen Wetters. Vanderveen begrüßte und verachtete die Neuankömmlinge zugleich - müde Touristen, gut angezogene Berufstätige vom Strand, Regierungsangestellte aus dem Somerset House. Auf der vollen Terrasse wirkten sie weniger auffällig, aber es wurde auch schwieriger, mögliche Beobachter zu entdecken.
Er hatte seine Umgebung genau im Auge behalten, seit sie in Frankreich die Fähre genommen hatten, und war sich ziemlich sicher, dass sie nicht beschattet wurden. Unglücklicherweise wusste er nicht, ob es sich bei dem Kurier genauso verhielt. Dazu kam, dass er dasselbe unbehagliche Gefühl empfand wie in der letzten Nacht in Calais. Sein Instinkt sagte ihm, dass etwas nicht stimmte, und doch blieb ihnen keine andere Wahl, als zu dem Treffen zu gehen. Wenn sie es jetzt ausfallen ließen, würden sie wertvolle Stunden - wenn nicht Tage - verlieren, um einen zweiten Versuch zu arrangieren. So viel Zeit hatten sie
nicht. Genauer gesagt, al-Douri würde seine Entschlossenheit anzweifeln und die zweite Rate seines Geldes mit Sicherheit einbehalten. Er hatte nicht vor, es so weit kommen zu lassen.
Irgendwann ließ sich der Mann im grauen Anzug die Rechnung bringen. Bei Vanderveen erübrigte sich das, er hatte bereits bezahlt. Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie der Kurier aufstand, nach seiner Aktentasche griff und die Terrasse verließ. Eine Zeit lang war er noch zu sehen, wie er durch den kleinen Park in Richtung Strand ging. Als er fast außer Sicht war, packte Raseen seinen Arm, und sie folgten ihm in einem diskreten Abstand.
Der Londoner Strand, der vom westlichen Ende der Fleet Street bis zum Trafalgar Square verläuft, dem Heim der National Gallery, ist eine der belebtesten Straßen der britischen Hauptstadt - »belebt« selbst nach Londoner Maßstäben, in einer Metropole, wo sich fast acht Millionen Menschen in den Straßen drängen. Obwohl es hier jede Menge Geschäfte, Kinos und Restaurants gab, hätten der dichte Autoverkehr und die Abgase Touristen abschrecken können. Trotzdem herrschte Hochbetrieb, und wenn sie beschattet wurden, war das hier praktisch nicht festzustellen. Raseen hatte sich bei ihm untergehakt, und sie ließen sich von der Menge treiben. Der Mann im grauen Anzug ging zehn Meter vor ihnen, hin und wieder war sein Kopf zu sehen. Die Schritte der Passanten, das Geplapper der Handygespräche, der Lärm aus Pubs und Restaurants und die vielen Autos sorgten für eine dichte Geräuschkulisse. Über allem hingen dichte Abgasschwaden, aber niemand schien es zu bemerken. Dann piepte das Handy in der Tasche von Raseens neuer Jacke, und sie zog es mit einem irritierten Blick hervor. »Hallo?«
Sie reichte Vanderveen das Telefon, und er hielt es an sein Ohr.
»Kennen Sie das Savoy?«
Das Englisch des Anrufers klang nach Oberklasse, nach Eton oder Sandhurst, und das passte; das Savoy war eines von Londons ältesten und besten Hotels, und es lag nur ein paar Straßenecken weiter an der Themse. »Ja.«
»Ich muss an
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