Der Attentäter - The Assassin
Kopf, öffnete die Tür und trat in den Regen. Nachdem Kealey und Kharmai die Waffen unter ihren Jacken verborgen hatten, folgten sie ihm. Sie eilten über den nassen Bürgersteig und standen kurz darauf vor Rühmanns Haus, Reichstagufer 19. Bennett drückte aufs Geratewohl auf einen Klingelknopf.
Kurz darauf ertönte eine Stimme aus dem Lautsprecher. »Ja, bitte?«
Bennett wusste nicht, was er sagen sollte. Kharmai stieß ihn zur Seite, drückte noch einmal auf die gleiche Klingel und sagte in einem genervten Tonfall auf Deutsch: »Ein Paket für 4B. Da macht niemand auf, ich habe es eilig. Können Sie mich reinlassen?«
Kurz darauf sprang die Tür auf, und sie traten ein.
Auf der anderen Straßenseite, zwanzig Meter seitlich der Haustür, saß Raseen in dem geheizten Mercedes und beobachtete, wie die drei in dem Haus verschwanden. Der Motor lief, sie konnte von vorbeikommenden Autofahrern gesehen werden. Das war Absicht; es sollte so wirken, als wartete sie auf jemanden. Auf dem Beifahrersitz lag ein Magazin, die deutsche Ausgabe von Vogue , darunter das Motorola-Funkgerät. Sie griff danach und drückte auf den Kopf. Das Kabel des Ohrhörers war unter ihrem langen Haar verborgen. »Sie sind da. Zwei Männer und eine Frau. Sie haben das Haus gerade betreten.«
In diesem Moment lag Vanderveen auf der ausgerollten Matte auf dem Flachdach eines vierstöckigen Mietshauses am Nordufer des Flusses, mit dem olivfarbenen Regencape über dem Rücken. Mittlerweile prasselten die Tropfen so hart darauf herab, dass es fast wehtat, und die ungeschützte Haut war schon seit Ewigkeiten taub. Seine Waffe, deren Lauf auf einem zusammenklappbaren Dreifuß ruhte, war ein Gewehr vom Typ Steyr Scout Tactical mit einem Fünfermagazin und einem Kahles-ZF 95-Zielfernrohr, durch das er einen exzellenten Blick auf Rühmanns hell erleuchtetes Büro hatte, das keine hundert Meter entfernt war, am anderen Ufer der Spree. Als Raseen sich meldete, griff er sofort nach dem Funkgerät.
»Warte noch eine Minute, dann gehst du rein.« Da sie der Hausmeisterin den Schlüssel abgenommen hatte, musste sie nicht klingeln, um eingelassen zu werden. »Du bleibst unten im Flur, bis du von mir hörst.«
Nach ein paar knisternden Störgeräuschen bestätigte sie seine Durchsage. Vanderveen presste das Gewehr wieder an die Schulter und blickte mit bloßem Auge über den Fluss. Unter normalen Umständen war das Steyr Scout eine hochgradig präzise
Waffe, doch in diesem Fall war sie weit weniger verlässlich, und das nicht etwa wegen des Regens. Da er das Gewehr erst am Mittag bekommen hatte, war ihm keine Zeit geblieben, das Visier optimal zu justieren. Zwar hatte ihm der Waffenhändler in Dresden versichert, alles sei optimal eingestellt, doch das bedeutete gar nichts, da die Feinabstimmung für jeden Schützen individuell vorgenommen werden musste.
Doch selbst wenn ihm die nötige Zeit geblieben wäre, hätte er das Steyr wieder auseinandernehmen müssen, denn er konnte schlecht mit einem Gewehr in der Hand durchs Treppenhaus aufs Dach steigen. Da die Waffe weniger präzise war, als man normalerweise erwarten konnte, hatte er sich dagegen entschieden, Kealey auf der Straße aus dem Verkehr zu ziehen. Er hatte darüber nachgedacht, aber mit nur fünf Patronen blieb ein Risiko, denn auch Kealey war ein erstklassiger Schütze. Und es gab einen noch wichtigeren Faktor; er hatte mindestens noch eine weitere Person bei sich, die Frau namens Kharmai.
Vanderveen lächelte. Er hatte diese Möglichkeit vorhergesehen - tatsächlich war er auf alle Eventualitäten gefasst. Seine Vorbereitungen waren sehr zufrieden stellend verlaufen, doch da war noch etwas, der sich bereits ankündigende Adrenalinstoß. Es schien, als wäre seit jener Nacht in Maine alles auf diesen Augenblick zugelaufen, in dem er einen Job beenden würde, der eigentlich schon vor acht Jahren hätte beendet sein sollen.
Was Kealey in Rühmanns Büro erwartete, war eine einfache, aber extrem tödliche Konstruktion, die der Claymore-M18A1-Antipersonenmine nachempfunden war. Die beiden Behälter waren mit Hunderten von Kugellagerkugeln gefüllt, die offenen Enden mit Isolierband zugeklebt. Unter den Kugeln waren dicke Pappschichten, die als Puffer fungieren würden,
und darunter befand sich der Plastiksprengstoff, zwei zweihundertfünfzig Gramm schwere Blöcke Semtex. In den Boden der beiden Behälter hatte er ein Loch für die Kabel der Zünder gebohrt, die ihrerseits mit zwei separaten
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