Der Attentäter - The Assassin
einer Verzögerung beim Umsteigen in Heathrow und schlechten Wetters am Dulles International Airport landete die Maschine erst um sieben Uhr abends. Kealey und Kharmai waren stehend k. o., als sie den aufgegebenen Koffer abholten. Vor dem Terminal trat ein Mann in einem blauen Anzug auf sie zu. Seine Miene wirkte unschlüssig, und Kealey nahm an, dass Harper ihn geschickt hatte. Es stellte sich heraus, dass er sich nicht getäuscht hatte, und sie folgten dem Fahrer zu einem schwarzen Suburban. Kealey verstaute ihre Sachen und setzte sich dann zu Kharmai auf die Rückbank. Als der Wagen losfuhr, klappte Jonathan Harper sein Handy zu und drehte sich um. Seine Begrüßungsworte waren nicht überraschend.
»Sie sehen völlig fertig aus.«
»Fichtner hat uns praktisch rausgeschmissen«, sagte Kealey. Da es in dem Wagen ziemlich warm war, ließ er das Fenster ein Stück herab. Draußen regnete es, aber nicht stark genug, um den Verkehr zu beeinträchtigen. »Ich habe seit zwei Tagen nicht geduscht.«
»Ich auch nicht.« Kharmai wirkte beschämt, fast so, als wäre es ihre persönliche Schuld, dass sie zwei Tage die Körperhygiene vernachlässigt hatte. Nachdem der Arzt in der Nacht zuvor die Kugellagerkugeln aus ihrem Arm herausoperiert hatte, war ihr ein starkes Beruhigungsmittel verordnet worden, um ihr das Einschlafen zu erleichtern. Es grenzte an ein Wunder,
dass sie am nächsten Morgen nur etwas später als Kealey wach geworden war.
»Das können Sie schnell nachholen«, sagte Harper. »Wir fahren …«
»Entschuldigen Sie, wenn ich unterbreche, aber Sie haben am Telefon gesagt, dass es Neuigkeiten gibt.«
»So ist es. Leider feiert mein Fahrer krank, und sein Vertreter - unser Mr Talbot hier - hat noch nicht die Sicherheitsüberprüfung hinter sich. Deshalb kann ich jetzt nicht reden.« Er blickte zu dem Fahrer hinüber. »Tut mir leid, Jake, war nicht persönlich gemeint.«
»Kein Problem, Sir«, antwortete Talbot, während er auf die Zufahrtsstraße des Flughafens bog.
»Eines kann ich allerdings sagen«, fuhr Harper fort. »Nach unserem Telefonat habe ich sofort bei Fichtner angerufen, der jemanden zu dem Haus dieses Österreichers geschickt hat. Ob Sie es glauben oder nicht, er hat tatsächlich etwas in dem Mercedes gefunden. Papiere über die Kündigung eines Mietobjekts in Kanada.«
Kealey beugte sich vor. »Was für ein Mietobjekt?«
»Ein Container auf einem Lagerplatz in Montreal. Ein gro ßer Container.«
Kealey runzelte die Stirn. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft. »Warum lässt man so was in seinem Auto liegen?«
»Wenn Sie recht haben mit Ihrer Annahme, dass Vanderveen dort war, muss er der Letzte gewesen sein, der Rühmann lebend gesehen hat. Vielleicht war es ein ganz normales Treffen, bevor Vanderveen ihn erschossen hat. Was immer der Grund des Mordes war, meiner Meinung nach müssen wir die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass er etwas in Kanada abholt.«
»Das können wir dann ja verhindern, oder?«, fragte Kharmai.
»Wir müssen nur die kanadische Regierung benachrichtigen.«
»So einfach ist das nicht«, sagte Harper. »Ich bin ja bereit, Kealey zu glauben, aber man kann nicht erwarten, dass andere es auch tun. Da wir für Vanderveens Anwesenheit in Berlin keinen Beweis haben, können wir auch nicht beweisen, dass er Rühmann getötet hat. In Geheimdienstkreisen ist bekannt, dass er von der deutschen Regierung geschützt wurde. Die Kanadier werden sich erst rühren, wenn es sich absolut nicht vermeiden lässt. Die Bitte um Kooperation wird bereits durch das Außenministerium in die Wege geleitet, aber ich habe keine große Hoffnung.«
»Was ist mit unseren eigenen Leuten? Wir könnten sie mit dem Besitzer dieses Lagerplatzes reden lassen. Man könnte seiner Hilfsbereitschaft zum Beispiel mit Geld nachhelfen. Dann lassen wir den Container observieren, bis Vanderveen auftaucht.«
»Haben wir bereits versucht. Unglücklicherweise ist der Besitzer im Ausland, und die Überwachungskameras filmen nur die Einfahrt des Grundstücks. Wir haben schon Bilder.«
»Und?«
Der Suburban bog auf den MacArthur Boulevard ein. Harper zuckte die Achseln. »Die Qualität ist nicht besonders gut. Unsere Leute haben der dortigen Security ein Foto von Vanderveen gezeigt, aber niemand hat ihn erkannt. Doch das hat nicht viel zu sagen, da er mit Sicherheit ständig sein Aussehen verändert.«
»Warum verplempern Sie Ihre Zeit damit, Fotos herumzuzeigen?«, fragte Kealey. »Wir müssen diesen
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