Der Attentaeter von Brooklyn
führte.«
»Die Jungs haben sich dem Islamistischen Dschihad angeschlossen?«
»Das weiß ich nicht.«
Aber du glaubst es . »Das hat sie radikalisiert?«
Ala schüttelte den Kopf. »Es hat sie religiös gemacht. Radikalisiert hat sie etwas anderes.«
»Was?«
»Ismail.«
Alas Klassenkamerad, mein ehemaliger Schüler , dachte Omar Jussuf. Der vierte Assassine . »Das verstehe ich nicht.«
»Die Israelis haben Ismail ein Geschäft vorgeschlagen.«
»Ich weiß schon, worauf das hinausläuft.« Chamis Sejdan schnalzte mit der Zunge.
»Sie haben Ismail gesagt, dass man uns vier laufen lässt, wenn er ihnen Informationen über den Scheich liefert«, sagte Ala. »Du weißt doch noch, wie Ismail war, Papa. Es war leicht, ihn zu beeinflussen. Er liebte die Assassinen. Er hätte alles für uns getan.«
Omar Jussuf erinnerte sich an Ismail als einen schüchternen Jungen, der in der Klasse und bei den Spielen auf dem Schulhof immer etwas abseits stand, bis er in den Kreis der Assassinen aufgenommen wurde. Er erinnerte sich auch an den Ausdruck von Angst und nervöser Unterwürfigkeit in Ismails Augen, selbst wenn er lächelte; die Art und Weise, in der er sich auf Nisar und Raschid fixierte, die geselligen Anführer der Bande, wie er über ihre Späße immer ein bisschen zu spät und zu laut lachte.
»Und Ismail hat also getan, was die Israelis von ihm verlangten?«
»Im Knast hat er jeden Tag mit dem Scheich gesprochen«, sagte Ala. »Wir dachten alle, dass er auch religiös würde. Dann war der Scheich plötzlich weg. Die Israelis machten ihm den Prozess und sperrten ihn lebenslänglich ein.«
»Indem sie Ismails Aussagen benutzten?«
Ala nickte zögernd, als ob er einem Todesurteil für seinen Freund zustimmte. »Deshalb haben die Israelis uns vier laufen lassen.«
»Ich kann das nicht glauben.«
»Nach seiner Freilassung hat Ismail uns alles gestanden. Er schämte sich, dachte aber, dass wir Verständnis für ihn haben würden. Ich habe ihn umarmt und ihm gesagt, dass es nicht seine Schuld gewesen sei, weil er in den Verhören unter unerträglichen Druck gesetzt worden war. Aber Raschid und Nisar beschimpften ihn und weigerten sich, überhaupt noch mit ihm zu reden.«
»Was ist aus Ismail geworden?«
Ala blies die Backen auf und hob die Augenbrauen. »Als ich nach New York kam, habe ich den Kontakt zu ihm verloren.«
»Haben Nisar und Raschid ihm je verziehen?«
»Sie haben nie wieder seinen Namen erwähnt. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, fünfmal täglich zu beten.« Alas Blicke wanderten zur stockfleckigen Decke, und er kämpfte gegen seine Müdigkeit an, um den Faden nicht zu verlieren. »Aber nach einer Weile hat Nisar sich verändert.«
»Wie?«
»Er fing an, sich modischer zu kleiden. Erinnerst du dich an die schönen Stiefel, die er anhatte, als er – als er umgebracht wurde?«
Omar Jussuf erinnerte sich an das kostbare Schwarz des Leders am Körper des Toten und zwinkerte.
»Er war jeden Abend bis spät unterwegs«, sagte Ala. »Raschid war oft sauer auf ihn und warf ihm vor, seine Religion für sein Vergnügen zu verraten.«
»Sein Vergnügen? Was hat Nisar denn getrieben?«
»Er hat mir mal sehr genießerisch davon erzählt, dass er Sex mit Frauen hatte.«
Chamis Sejdan grinste. »Das macht ja auch mehr Spaß als Beten, Allah sei gepriesen.«
Omar Jussuf sah seinen Freund finster an.
»Dann hörte Nisars schlechtes Benehmen aber plötzlich auf.« Alas Gesicht verzerrte sich, als ob er wieder den Stachel eines vergessenen Schmerzes empfand.
»Es gibt nur eins, das einen jungen Mann davon abbringen kann, sich Sex mit jeder x-Beliebigen zu wünschen«, sagte Chamis Sejdan. »Der arme Kerl muss sich verliebt haben.«
»Im arabischen Gesellschaftsklub in Bay Ridge waren Nisar und ich in der gleichen Dabka -Gruppe«, sagte Ala. »Ein paar der jüngeren Burschen hatten Spaß daran, die traditionellen palästinensischen Tänze mit Breakdancing und anderen merkwürdigen amerikanischen Sachen zu mischen, aber Nisar meinte, wir sollten unseren Dabka weiter langsam tanzen, so wie wir es zu Hause getan hatten. Es gab da ein Mädchen, das diese Art mochte, weil auch sie erst relativ kurz in den USA war.«
Omar Jussuf stellte sich den zusammengesunkenen, verkrampften Jungen hinter dem Plexiglas vor, wie er aufrecht in einem Kreis von Tänzern stand und die hüpfenden, stoßenden und stampfenden Bewegungen des Dabka ausführte, die Hände hob, um ein Kopftuch überm Kopf zu schwenken. Er
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