Der Attentaeter von Brooklyn
konnte ihn aber nicht mehr finden.«
Omar Jussuf betupfte den Schnitt auf Hamsas Stirn mit seinem Taschentuch. Eine anschwellende blaue Beule ließ die Haut um den Schnitt weiter auseinanderklaffen.
»Ich habe einen Polizisten abgestellt, der während der Konferenz in Ihrem Hotelzimmer wartet, Abu Ramis«, lallte Hamsa, »falls Nisar zurückkommen sollte.« Er stolperte ans Telefon auf dem Sideboard und rief den 68. Bezirk an.
»Was soll dieser Flüchtige denn getan haben?«, fragte Oberst Chatib, der sich gleichzeitig, die Hände gewölbt, eine neue Zigarette ansteckte.
Chamis Sejdan sah den Chef der Geheimpolizei mit unverhohlener Distanz an und sagte langsam: »Er hat uns geholfen, jemanden aufzuspüren.«
»Einzig auf Allahs Hilfe kann man vertrauen.« Oberst Chatib zog ein Papiertaschentuch aus einer Schachtel auf dem Tisch und putzte sich die Nase. Er warf das feuchte rosa Knäuel in Richtung eines dunkelroten Lederpapierkorbs neben Chamis Sejdan.
Das Taschentuch landete vor Chamis Sejdans Füßen. Er stieß es weg und sah Chatib finster an.
»Wir können uns keine Schlampereien leisten.« Chatib funkelte Chamis Sejdan an. »Sie sind lediglich Sicherheits berater . Der persönliche Schutz ist meine Sache. Wenn der Präsident in Gefahr sein sollte, will ich darüber informiert werden.«
Omar Jussuf zeigte mit dem Finger auf Chatib. »Wenn diese Attentäter dem Präsidenten etwas antun, liegt das an Ihnen. Sie sind ein korrupter Schläger.«
»Welche Attentäter?«, fragte Chatib mit leiser, grollender Stimme.
»In Amerika säße ein Mann wie Sie im Gefängnis«, sagte Omar Jussuf. »Aber in der arabischen Welt sind Sie der Empfänger Hunderttausender Dollar amerikanischer Hilfszahlungen. Einfache Araber hassen Amerika dafür, dass es unsere Führer unterstützt, die dann Dinge treiben, die in den USA mit lebenslänglicher Haft bestraft werden. Wegen Ihrer Folterbanden und Schläger wird der Präsident gehasst.«
Oberst Chatib schlug mit den Händen auf den Tisch und stieß den Stuhl weg, um sich zu erheben. Chamis Sejdan hielt den schweren Mann an der Schulter fest. »Haben Sie telefoniert, Hamsa?«, sagte er.
Der Polizist nickte.
»Dann wollen wir Abu Ramis jetzt auf sein Zimmer begleiten.«
Oberst Chatib blieb auf dem Stuhl sitzen und rauchte missvergnügt weiter.
Omar Jussuf hastete durch den Flur, um mit Chamis Sejdan Schritt halten zu können. Wegen seines verstauchten Knöchels zuckte er bei jedem Schritt zusammen. »Glaubst du, dass Nisar geflohen ist, weil er Hamsa nicht zutraute, ihm Immunität zu verschaffen?«
»Kann sein.«
Sie erreichten Omar Jussufs Zimmer. Er zog die Schlüsselkarte aus der Tasche. »Vielleicht ist er geflohen, weil er sich immer noch am Attentat beteiligen will«, sagte er. »Die mittelalterlichen Assassinen folgten der Doktrin der Takiyya . Sie erlaubte es ihnen, ihren Glauben zu verleugnen, wenn das bei der Ausführung ihrer Aktionen hilfreich war. Als er uns erzählt hat, dass er seinen Glauben an den Islam verloren habe und die Ideologie des Islamischen Dschihad ablehnt, hat er sich vielleicht nur Takiyya zunutze gemacht.«
»Eine interessante theoretische Frage. Darüber kannst du eine akademische Abhandlung schreiben für die Zeitschrift für alles, was einem zu spät einfällt, um nützlich zu sein .« Chamis Sejdan stieß Omar Jussufs Tür auf.
Ein uniformierter Polizist, der im Metro Muslim las, blickte ihnen entgegen. »Der Bursche ist nicht zurückgekommen, Sergeant«, sagte er zu Hamsa.
Hamsa ließ sich mit blassem, müdem Gesicht in einen Sessel neben der Minibar fallen. Chamis Sejdan ergriff seine Hand. »Wir müssen jetzt gehen. Sie und ich haben noch Arbeit vor uns.«
Hamsa und der Uniformierte traten auf den Flur hinaus. Omar Jussuf wollte ihnen folgen, aber Chamis Sejdan stellte sich ihm in den Weg.
»Du nicht. Deine kleine Demonstration moralischer Entrüstung Oberst Chatib gegenüber ist das Äußerste, was ich von dir ertragen kann«, sagte Chamis Sejdan.
»Irgendjemand muss dem Schweinehund mal die Wahrheit sagen.«
»Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass er ein Schweinehund ist, denn Schweinehunde können sehr nützlich sein. Ich brauche ihn heute, damit die Sicherheit des Präsidenten garantiert ist. Nach der Rede morgen Vormittag habe ich Zeit, mit dir über Menschenrechte und Gerechtigkeit in Palästina zu debattieren. Bis dahin bin ich allerdings vollauf beschäftigt, und ich will, dass du über die Avenue zur UN-Konferenz
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