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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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die national-ökonomische Manchesterei, alles
unbewußt eingegeben von geschäftsmäßigen Instinkten und – fügen wir hinzu –
Nationalbedürfnissen. In paradoxer Übertreibung verbirgt sich hier viel Wahrheit. So nimmt bei Swedenborg die
Gesetzmäßigkeit des Ethischen, von Buddha auf feste psychologische Basis gestellt, einen unanständig
theologischen Geschmack an, allerdings führt sie den lutherischen Bischofssohn notwendig zum Karmagesetz. Welchen Unsinn
aber ein Abendländer darüber denkt, zeigt Emerson: Die Inder dächten Seelenwanderung (verballhornt, muß
heißen Seelenwandelung) als Verpflanzung der Seelen in andere Körper durch fremden Willen!! Vielmehr entspringt
auch für Swedenborg Wiedergeburt aus eigenem Willen des Selbst, sie ist durch waltende Notwendigkeit
»subjektiv-objektiv«.
    Des Menschen Neigung ist er selbst: wie er ist, so ist ihm die Welt. Es wäre unnatürlich, wenn Schulze sich aus
früherem Kirchengänger und Ketzerbrater nicht heute in einen Häckelianer verwandelte. Angeborener
Materialismus der Trottel und Schufte vertrottelt und verschuftet auch jede Religion, sobald sie aus den frommen Händen
ihrer Stifter in die unreinen einer besoldeten Priesterschaft überläuft. Die Kirche hat so dämonische
Gewohnheitsmacht, daß Swedenborgs starke Seele von ihr angesteckt blieb. Ihm werden alle Ehen im Himmel geschlossen,
das Sakrament vollzieht Wunder, die einer besseren Sache würdig wären. Er malt unzählige Höllen mit dem
Behagen eines Torquemada, vollzieht Autodafés an Ungläubigen und beschwört Geister, um seinen eigenen
Sermonjargon von ihnen zu hören. An ihm frißt christliche Angst, er salbadert wie ein Hetzkaplan, bricht kalt und
lieblos den Stab wie ein Jurist hochnotpeinlicher Tortur. Urböses ist ihm unbekehrbar, alles dualistisch gesondert,
seine Schematik teilt Seelen ein wie Pflanzensorten, spießt sie auf wie Maikäfer. So unterscheidet ihn scheinbar
nichts von Dantes Mittelalter als seine wirklichen telepathischen Hellgesichte. Beweist aber solche halbe Eröffnung des
Unsichtbaren, daß man damit gleich ins Allerheiligste dringe? Sein Zelotentum verdirbt alles. Ist ein gedankenloser
Experimentator eine Null, so wird man nicht eine Eins, weil man die eigene Moralinsäure dem All aufpfropft. Wer mag
Urgeheimnisse schauen, wenn er sich in Pastorenpolemik verwickelt, wozu das ewige Pflichtgerede! Pflichterfüllung ist
ein so vager Begriff wie Gewissen, schlägt als äußere Zwecktätigkeit oft in ermüdende Bande.
Chamberlain vermißt an Byron »einer der echtesten Dichternaturen« das Pflichtgefühl, als ob das Genie
eine andere Pflicht hätte als die gegen sich selbst. Dem Buddhistenchela gebietet Pflicht, die Familie zu verlassen, dem
Papst ist Pflicht, kräftig zu exkommunizieren. Wahres Wissen befreit, beschwert nicht mit plumpen Gewichten. Swedenborgs
einzige Bedeutung liegt in strenger Durchführung der Gesetzmäßigkeit von Sichtbar und Unsichtbar.
    Im seltsamen Drama »Buddha« von Sadakichy Hartmann [Fußnote]Daß er ein Nepaler Mongole war, diese
Entdeckung A. Wirths verfolgt wohl nur den Zweck, den Buddhismus als nichtarisch den lieben Völkischen anrüchig zu
machen. Damals lebten nur Arier am Himalaja, der Mongoleneinfall kam ja unendlich später. Wirth meint auch, daß
der »Nazarener« Jesus zur nichtjüdischen Sekte der Nasnai gehörte, während es damals gar kein
Nazareth gab. Vielleicht altsumerische Sekte? Man kann nur achselzucken: War Jesus kein Jude und Buddha kein Arier, schade
für ... Juden und Arier!] (1897 New York) schwört der Erleuchtete seine Lehre ab. Der Sinn soll wohl sein:
gleichgültig, ob du Gutes oder Böses tust, dem Leben entrinnst du nicht, hienieden findest du Tod und nicht
Nirvana. Das ist nicht nur historische Fälschung – Gotamo starb hochbetagt in freudigem Frieden –, sondern
fälscht auch den praktischen Einfluß seines Wirkens. Der verbildete Abendländer kann eben aus dem Sichtbaren
nicht heraus wie das Huhn nicht aus dem Kreidezirkel. Noch unerträglicher täuscht Edwins Arnolds »Leuchte
Asiens«, ein schon heute verschimmeltes Pedantenepos, vor dem sich Unästhetik und Untheosophie in Begeisterung
überschlugen. Hier wird ein Christus-buddha ohne den Purpur des Märtyrertods mit Aberglauben umkleidet, hält
Bergpredigten in behäbiger Bequemlichkeit. Diesen Pseudo-Buddha brauchen wir so wenig wie die Kehrseite der indischen
Medaille, die mordsüchtige Todesgöttin Kali.

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