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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Man darf nicht aus den Augen verlieren, daß der Begriff Indisch
zu weit gespannt und mit ungeklärten Widersprüchen von Metaphysik und Naturgöttern überladen wird, die
lediglich auf Rassenkreuzung oder unvermitteltem Nebeneinander von Ariern, Negroiden, Mongoloiden beruhen. Als Pariah =
ständig gelten wahrscheinlich Reste von Lemuriern, Verwandte der Australneger, auch Madrassioten scheinen negroid
angehaucht, solche Inder beten die bösen Fetische Schiwa und Kali an. Außer mongolischen und afganischen
Islamiten, mongolischen Pseudobuddhisten in Nepal, Parsen-Überbleibseln in Bombay widersprechen sich auch die zwei
arischen Haupttyps zwischen Indus und Ganges: Die schwachen spekulativen Hindus im Osten, die kriegerischen Sikhs und
Ratschputen im Norden, aus deren Kreis Buddha hervorging. Einheitliches Denken läßt sich da nicht erwarten,
fortwährend verwechselt der Europäer populären Tempelbrahmanismus mit Esoterischem und erfährt vom
Buddhismus, der heutige Geheimleitung in Tibet hat und so ganz an die Mongolen überging, nur noch auf Ceylon,
während die Yainas der Nordstämme nur einen andern Buddha Mahaviras wählten. Mit äußerster Vorsicht
muß man sich scheuen, Religion und Philosophie der Inder mit ein paar Einschachtelungen zu erledigen. Wohl münden
»das Unerwartete und Unerhoffte« (Heraklit), die Adrasteia moralischer Weltordnung (Plato) ins Raggi-Yog (Magie)
ein, doch Sankaras Dogmatisierung der Sutras gleicht schon dem Treiben von Kirchenvätern, als welche hier die Rishi
(Urheber der Veden) eingesetzt werden. Von Buddhas Interpreten lasse man sich nicht in dogmatische Fesseln schlagen, wir
halten uns allein ans umfangreiche, obschon formal durch endlose Wiederholung abschreckende Redegebäude Buddhas selber,
so wie beim Christuswollen nur an die Evangelien. Chamberlains »Arisches Denken« trägt den Unsinn vor, dem
Inder sei erst als Greis nach Erledigung aller Lebensgeschäfte das Zurückziehen in Waldeinsiedelei erlaubt. Das
wäre ja grausam, die Erlösung soweit hinauszuschieben, während Buddha sie jedem Jüngling offen
läßt. Denn seine Ethik schrumpft auf die Glücklehre ein: Geh in den Wald, weihe dich der Betrachtung, das ist
der einzige Friede, nach Aufhebung des Lustleids findet sich weiteres von selber. Ertappen wir ihn da aber nicht auf
übertriebener Voraussetzung?
     

 
3
    »Ich fühle, daß etwas in mir ist, von dem ich nicht weiß, was es ist, doch fühle, daß
ich selbst dies Etwas bin, da es mich nie verläßt, es ist da, wenn ich es brauche, nicht aber, wenn ich es nicht
brauchen will«. So schreibt der Arzt, Mathematiker, Naturforscher Cardano (1500–1576) in bitter wahrhaftiger
Selbstbiographie, wo er mit düsterer Lebensverachtung ein Glücksgefühl vereint, weil Streben nach Einheit ihm
vergönnt und ein Schutzgeist in tausend Widerwärtigkeiten sein Begleiter gewesen sei. Er schwankte zwischen Averoes
und Plotin, umschreibt im Obigen Symptome des transzendentalen Ego, erzählt Wahrträume und unerklärliche
Spiritzeichen, war Astrologe und Telepath, an seiner ehrlich wissenschaftlichen Haltung ist nicht zu zweifeln, sein
»Schutzgeist« entspricht der Lehre griechischer Mystiker, daß jeder Mensch einen Wächter habe. Nicht
tadelfrei und stets verbittert, findet er das Leben trotzdem lebenswert, sofern man darin Befriedigung des Weisheits- und
Wahrheitstriebes sucht. Ist also das Leben trotz überwiegender Unlust ein relatives Gut? warum sonst Todesfurcht? sie
wäre unlogisch, wenn Leben nichts als Leiden wäre, wie Buddha predigt, die von unheilbarem physischem Leid
Betroffenen wünschen nicht wirklich den Tod, greifen sehr selten zum Selbstmord. »Alles Leiden zerstört oder
wird zerstört durch den Leidenden« lautet ein tiefer Vers Byrons, Gewöhnung und Vergessen stumpfen das Leid
ab durch Einfluß des Lebens. Wie kann es wertlos sein, wenn innerhalb seiner Grenzen okkulte Kräfte und Vorsehung
wirken wie Cardano als Selbsterlebt angibt? Denn wäre Leben nutz- und wertlos, wozu dann Vorbestimmung, warum gestattet
es etwas so Nützliches wie laut Buddha die Ichverneinung, aus dem Nichtigen das Richtige, aus dem Negativen das
Absolute? Kann Leben ein solches summum bonum erreichen, so muß es selber ein bonum sein. Kann es sich von sich selbst
befreien, so hat es Kraft zum Befreiungskrieg und Kraft ist immer ein Gut.
    Halb mechanische Methode der Yogi-Versenkung tötet die Lebenspsyche ab? Das wäre nur denkbar, wenn

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