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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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auch bei Empfindungen z. B. Hunger nur Summe zahlreicher kleiner
Hungergefühle von Blutkörperchen, die ihrerseits gerade so um ihre Achse rotieren wie die größten
Planeten. Die Formen steigen zwar von niedrigsten zu höchsten auf, doch irdisch körperliche seien immer
»winkelig«, erst jenseits beginnen kreisförmige, dann spiralförmige, dann wirbelförmige, dann
»himmlische« (?) und zuletzt reingeistige. Noch mehr: Im Animalischen Reich entsprechen alle Naturbilder den
höchsten spirituellen Erscheinungen. Nun, auch wir erkennen, daß Symbolismus in steter Wechselbeziehung alles
Belebte durchdringt, alles Sichtbare ist Bilderschrift, das ist das Motto unserer eigenen Lehre. Alles Sichtbare sei nicht um
seiner selbst willen da, sondern als Bericht von unsichtbarer Welt. Man vergesse nicht, daß der schwedische
Geisterseher ein bedeutender Physiker war, wie denn ehrliche Naturforschung allzeit eher zur Mystik als zum Materialismus
führt. Leider wird er selber ein Beispiel, daß Buddhas Formel »Subjektiv-Objektiv« auf jeden an
Materie Gefesselten paßt. Swedenborgs innerstes »inwendiges« Auge sehe das Jenseits klarer als sein
körperliches das Diesseits? Welche Täuschung! Indem er Moralgesetze der Innenwelt aufspürte, schon christlich
zugestutzt, verfiel er in Schauungen, die sich höchst subjektiv mit christlicher Mythologie bis zum Rande färbten,
so daß sein Unbewußtes von Bildern seines Ichmilieu überfloß. Für Gegenwart in der Geisterwelt
trenne sich nur sein Intellekt und nicht sein seelischer Wille vom Körper? Was heißt Intellekt? Meint er den
Höheren Manas nach indischer Lehre, den letzten sublimierten Grundstoff der sieben Elemente des menschlichen Organismus?
Der ist vom seelischen Willen nicht zu scheiden. Die Bibel sei nur allegorisch? Leugnet er Jesu historische Erscheinung? Das
liegt ihm, dem Pietisten, doch wahrlich fern. Man mag ihm mißtrauisch um so weniger folgen, als seine subjektive
psychophysikalische Sicherheit das objektiv zu schauen meint, was nur seinem eigenen Denkkreis angehört.
    Dagegen trifft er sich mit Plato, daß einst Urmenschen besser als wir und näher den Göttern lebten,
für welche alle Gegenstände nur Andeutung höheren Sinns gewesen seien. Uns genügt unsere eigene
Auffassung der Atlantierrasse und ihrer Vorfahren, worüber später mehr. Indessen entsprechen platonische Ideen wohl
kaum buchstäblich den Dingen so, daß ein Mensch organisch gewordene Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit sei!
Allerdings leuchtet der reinpsychischen Auslegung des Sichtbargewordenen ein, daß jede Form dem Endzweck gleicht, der
ihr aufgeprägt. Bedenklich aber stimmt Swedenborgs Begründung, alles existiere nur »durch Eingebung des
Herrn«! Wahrlich nicht, sondern durch göttliche Notwendigkeit. »Ein Knecht des Herrn Jesu Christi«
möchte wohl durch kirchliche Allegorien dem verödeten Christentum unter die Arme greifen, doch Vernunftdenken nimmt
plötzlich Reißaus von ihm, der es beseitigen möchte, um aus geistiger nur geistliche Symbolik zu machen.
Seinen Spirit-Katalog in hebräischem Prophetenton schützt freilich eisern kühle Methodik vor Albernheit, nur
Albernen erscheint es so, mit dem Ordnungsschritt einer Soldatenlegion dringen seine platonischen Ideen vor. Emerson hat
recht, daß Swedenborg keinen Professorentalar trug wie Plato, dessen »Erinnerung an frühere Zeit, wo wir bei
Gott weilten«, indischen Einfluß verrät. Ins Hellenische übersetzt, mußte er aber das Schöne
in den Vordergrund stellen und es mit dem Guten als einen Wortbegriff verkoppeln, weil wunschloses Anschauen als
Ästhetik dem Griechen am nächsten lag. Vielleicht ist das Ästhetische der eigentliche psychische Urtrieb,
Sichtbares in Unsichtbares hinein zu produzieren, die Griechen fanden ihren Olymp erst durch Homer wirklich gegeben,
altindische Theosophie sprach sich ästhetisch in Ringveda und Mahabaratta aus. Beim kunstfremden Pietisten Swedenborg
fehlt jede solche Anschauung, das Gute ist ihm so wenig das Schöne, daß er in häßlichen Bildern
schwelgt.
    In seinem bedeutenden Werk »die Zukunft der Natur« leitet Ed. V. Meyer geistreich, obschon gesucht, jedes
Philosophensystem von Milieuhörigkeit ab und Driesmans »Keltentum in europäischer Blutmischung« geht so
weit: Newtons Gravitationsgesetz entspreche politischem Planetentanz um der Briteninsel unbewegliches Zentrum, Lockes
Sensualismus dem merkantilen Realismus, Darwinismus rechtfertige

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