Der Aufgang Des Abendlandes
Intermezzodichten Bismarcks und Wagners, wo der eine mit Blut und Eisen klirrende Prosa, der andere mit
Operntönen mystische Erotik niederschrieb. Vergleichskommentar überflüssig, so evolutionierte sich die
Menschheit. Das 16. und 18. Jahrhundert brachten Ausnahmeentladungen besonders zahlreicher Individualpsychen, nur
Täuschung ohne Relativitätsperspektive meint aber, ihr Massenmilieu habe sich gehoben.
Das Wort Persona bedeutet ursprünglich Maske, Bühnenrolle, Antlitz: die Weisheit der Sprache stempelte also Ich
und Äußeres so ab, daß hinter solcher Maske etwas anderes verborgen liege. Tritt diese Person aus dem
Mutterleib, so scheint sie psychisch ein unbeschriebenes Blatt; was ewig wechselndes Leben darauf kritzelt und einätzt,
muß billionenfach verschieden sein. Variation ist die natürlichste Erscheinung der Transformation, alle Varianten
berühren nicht einheitlichen Grundstock der Arten, deren Ursprung aber von vornherein sich der Arbeitsteilung
befleißigte, gleich wie das Moneron sich durch Teilung vermehrt. Das Prototyp von Vogel wie Mensch, ihre Idee, war
schon im Protoplasma vorhanden und Übertritt in organisches Leben bedürfte keiner stufenweisen Entwicklung, die
viel mehr Anforderung an Wunderglauben stellt als Annahme vielseitiger Schöpfung durch unsichtbaren Psychewillen. Jede
Art kann jeweiliges Bedürfnis eines Weltgedankenganges sein. Jüngst entdeckte man in südamerikanischer Wildnis
ein in noch manchen Exemplaren erhaltenes Urtier, von dem man nicht weiß, ob es zu Sauriern oder Mammals gehört.
Warum starb dieser etwaige Pleosaurius nicht aus, warum evolutionierte er sich nicht wie das gleichalterige
Riesenkänguruh, von dem man noch heutige Lebensspuren in Zentralafrika entdeckt haben will, in das heutige kleine
Australiens, warum erhielt sich letzteres uraltes Beuteltier trotz Lemuriens Untergang, wo so viele Urtiere versanken? Wenn
ein Urungetüm in Südamerika sich erhielt, indem es vor den Menschen in unbewohnte Gegenden flüchtete, so
müssen alle gleichaltrigen Arten lediglich durch gewaltsame Erdkatastrophen vernichtet sein, ohne daß sie sich in
irgendwelche andere Form umsetzten, also entstanden spätere Arten nicht aus ihnen. Nimmt man aber de Vries'
»Mutation« durch revolutionäre Naturentladung an, so ist dies einfach ein willkürlicher
Schöpfungsakt, genau so wie die Kirche ihn Gott zuschrieb, Entstehung des Menschen konnte rein spontan auf solche Weise
erfolgen. Daß hierfür rudimentäre Grundzüge eines Uraffen benutzt sein könnten, entspräche nur
dem gemeinsamen anatomischen Bauplan alles Lebens. Wir halten zwar Mutation nicht für unbedingtes Grundgesetz, sie ist
so wenig beweisbar wie der Darwinismus, freilich mit dem Unterschied, daß de Vries wirklich etwas aus der Botanik
dokumentieren kann, während Evolution niemals sichtbar beobachtet wurde. Wenn etwas so Erstaunliches wie die
Mutationsbelege sich noch heute vollzieht, so wäre es nur logisch für ein Grundgesetz, das heute wirken muß
wie vor Billionen Jahren. Dies widerlegt schlagend die Ausrede, Evolution vollziehe sich so langsam, daß ihr Stillstand
in der ganzen historischen Zeit und darüber hinaus bis zum Neandertaler nichts besage. Wenn Mutation, etwas viel
Wunderbareres, noch heute sich zeigt, dann müßte Evolution gleichfalls sich melden. Man will es nicht Wort haben,
doch beruft sich der Biologe, da er keinerlei sichtbare Entwicklung im Tierreich bemerkt, unbewußt immer auf angebliche
Menschenevolution. Dieser jeder Psychologie bare Wahn vergleicht leichtfertig das »dunkle« Mittelalter mit der
Jetztzeit, als ob nicht die Antike vorangegangen wäre, die aber auch nur relativen Fortschritt über vorhergehende
Semitenzeit darstellt, denn die Urrasse bis zum Sumerer war den Griechen relativ gleichwertig, wo nicht überlegen als
Kulturgründer. Neueste Entdeckung in Los Angeles und eines Musterierjünglings vor 100+000 Jahren bekundet
bedeutende Schädelform, was betretene Wissenschaft nicht mehr leugnet. Das Mittelalter aber schöpfte aus
gewaltsamer Verstandesverdunklung durch Kirchendogmen andererseits eine Tiefe und Einheitlichkeit des Gemüts, die es zu
großen Leistungen befähigte. Lange vor Newton oder Kant strebten Roger Bacon, Erigena, Duns Scotus;
mittelhochdeutsche Poesie; Dante, Dome und Münster bereiteten Renaissance vor. Nur unverschämte Einseitigkeit
mißt »Größen der Menschheit« nach technischen Erfindungen und
Weitere Kostenlose Bücher