Der Aufgang Des Abendlandes
Hoffnung, so daß H.
Spencer erkennt: »Wir wünschen unser Bewußtsein fortzusetzen, solange wir können.« Tut man dies
ab als bloßen Ausfluß des Selbsterhaltungstriebs, so ist dies oberflächlich gedacht, denn was wünscht
der Mensch zu erhalten? Tatsächlich nicht das Sinnliche, sei er noch so sehr darin verstrickt, sondern Denken und
Fühlen. Verfall seines Körpers bei normalem Verlauf (Tod durch Altersschwäche) wäre ihm
gleichgültig, sogar erwünscht, unerträglich ist ihm nur die Vorstellung, daß sein Selbst nicht mehr da
sein soll, und warum? Weil Leben sich völliges Aufhören nicht vorstellen kann, man darf ihm dies sowenig verbieten
wie Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung. Legte die Natur als zwingenden Naturtrieb Jenseitshoffnung in die menschliche Psyche,
so hat sie wie bei all ihren Triebmotiven eine bestimmte Absicht. Denn ohne Glauben an Kontinuität der Organismen mit
Ausgleich in späterem Leben vermag man sich keine moralische Weltordnung vorzustellen, ohne welche ein sinnloses Leben
sich verneinen müßte. Der Mensch kann also von solcher innern Überzeugung der Fortdauer nur lassen, wenn ihm
klar bewiesen wird, es sei unmöglich. Diesen Beweis kann Materialismus nie antreten, er schwindelt es nur Denkfaulen
vor, Wissenschaft arbeitet ja selber mit unbekannten X. Während sie alles von Sensibilität abhängig macht,
glaubt sie an lauter Suprasensibles wie Atomistik, Äther soll astrales Korrelat der Materie sein, Raumbeziehungen setzen
ähnliche Beziehungen in Äther voraus, aber ohne Merkmale des Stoffes. Supranaturelleres als so kann man nicht
denken, dennoch lacht man über oft sonderbare Geisterberichte, wonach die Spiritwelt so treulich unserm Materiellen
gliche! Ja freilich, »Häuser« und »Kleider« und recht irdische Beschäftigungen der Spirits
laut deren Aussagen sind weit weniger spirituell als Atome, Molekülen, Raumbegriffe! Der Wahrscheinlichkeitsfehler dabei
ist viel geringer als beim Aufbau einer physikalischen Welt aus unsichtbarer Ursache und zugleich Festhalten am Sichtbaren,
willkürlich aufs Unsichtbare übertragen als Selbsterklärung des Weltprozesses. Wissenschaft verfährt also
viel idealistisch-phantastischer bei ihrer Materiedeutung als der Spiritismus, dessen recht materielle Ausdrucksform sehr
hinter den religiösen Erwartungen seelenhungriger Anhänger zurückbleibt. Man stelle sich vor, ein Wesen aus
andern Welten wisse von unsrer irdischen Existenz so wenig wie wir von der seinen, dann würde es mit Fug und Recht die
Möglichkeit unseres Erdlebens anzweifeln. Die Möglichkeit der Marsbewohner wird von Arrhenius erneut bestritten,
doch wiederum verwechselt er unsere organischen Bedingungen mit denen einer uns fremden Existenz. Nun, ein so anders
gearteter Marsbewohner bestreitet wohl auch, daß die Erde Bewohner habe, weil er den Maßstab seiner Sphäre
anlegt! Man kann daher nur lachen über Verlachen einer Geisterwelt, von deren Bedingungen wir noch viel weniger wissen
als von denen sonstiger Planetenbewohner, wo man doch wenigstens Beschaffenheit ihrer Wohnorte physikalisch zu kennen glaubt.
Den Wohnort der Geister kennen wir so wenig wie Eigenschaften des Äthers. Noch lächerlicher wirkt das
Narrengelächter über angebliche Absurdität einer materiell angehauchten Geisterwelt voll sichtbarer Objekte.
Denn das ist wenigstens logischer als der Glaube an unsichtbar unsensible Ätheratome, da diese vielmehr genau erkennbar-
und bestimmbare Materiefunktionen ausüben müßten, wenn sie Ursache der Weltreibung wären. Ins
Unsichtbare sichtbare Vorstellungen als Analogieschluß zu übertragen, ist nicht so unsinnig, als Sichtbares als
Ausfluß von Unsichtbarem zugeben, dabei aber an positiver autonomer Existenz der Sichtbarkeit festhalten und gleichwohl
Atome ohne Materieeigenschaften denken. Wahrnehmbares mit Unwahrnehmbarem bloßer Hypothesen als gleiche Materie,
Körperbazillen mit bloß gedachten Atomen zu vermengen, ist eine Gewaltsamkeit, deren sich der Spiritismus nicht
schuldig macht, wenn er vorläufig Unsichtbares in Kontinuität mit Sichtbarem bringt.
Hyslop tat den großen Schritt, es sei keineswegs widersinnig, wenn die Geisterwelt sich als Abbild der materiellen
vorführt. Er findet gerade hierin Beweismaterial für Richtigkeit des Spiritismus, wir möchten unsererseits
anmerken, daß dies mindestens subjektive Ehrlichkeit mediumistischer Mitteilungen beweist. Jeder Spirit und jedes
Medium könnten sich
Weitere Kostenlose Bücher