Der Aufgang Des Abendlandes
sagen, daß ihre scheinbaren Absurditäten und Trivialitäten den Spott der Toren
herausfordern, es wäre zweckmäßiger, mit hochtrabenden Phrasen um sich zu werfen. Hyslop macht Descartes
dafür verantwortlich, daß dessen noch heute herrschende Weltanschauung Geist und Materie als gegensätzlich
auffasse, das stimmt aber heute nicht mehr, da der Monismus dem Dualismus das Wasser abgrub. Doch ein Rest des Kartesianismus
lugt im Befremden hervor, daß Geister nicht völlig geisterhaft seien, d. h. irdischen Dingen entrückt.
Wären sie es, wie sollten sie sich Sterblichen verständlich machen! Treffend verweist Hyslop darauf, daß
Verständigung zwischen zwei Wesen nicht einfach sei, sie können ihre Gedanken nicht austauschen, wenn sie nicht
gleiche Sprache haben. Auch reden Philosoph und Spießer eine verschiedene Denksprache, sind »füreinander
Barbaren«, wie Lassalle von sich und dem Staatsanwalt sagte. Ansiedler des Jenseits haben andere Erfahrungen, die sie
nur in uns unverständlichen Ausdrücken mitteilen könnten, wenn sie nicht zu unserm Niveau herabsteigen. Wenn
sie sagen Haus oder Kleid, so meinen sie vielleicht Symbolisches. Irdische Erfahrung stützt irdische Erkenntnis,
für Überirdisches fehlen uns Begriffe wie Worte. Im Tode fallen die Phänomene fort, auf die unser
Körperliches reagiert, übrigbleibt die geistige Seite mit ihren Erinnerungen, für welche schon im Leben
Gedanken so wirklich waren wie Taten, Unterbewußtsein ist fähig, Gedanken in Erscheinung umzusetzen, geistige
Bilder zu schaffen. Es wird anfangs noch erdgebunden bleiben im vollgehäuften Speicher seiner Erinnerungen, sich somit
in einem Traumzustand befinden und in Bildern bewegen, die für den Spirit nur ein Notbehelf sind, während das
Medium sie wörtlich nimmt, deshalb sagte ein Spirit aus, daß er sich »wie im Traum« fühle. Wie
soll er anders, wenn sich eine ungeistig fleischliche Natur in geistig unsinnliches Milieu versetzt fühlt, an das sie
sich allmählich gewöhnen muß! Widersprüche verschiedener Spiritaussagen erklären sich durch
verschiedenen Reifestand der Dahingeschiedenen, es versteht sich von selber, daß durchgeistigte Menschen sich dort
früher eingewöhnen. Solche berichten, daß sie ihr Jenseits nicht beschreiben und wir es nicht begreifen
könnten, bis wir nicht selber dorthin kämen, die Mehrzahl aber bewegt sich noch traumhaft in irdischer
Vergangenheit, so gefärbt wie beim eigenen früheren Ichmilieu. Je erdgebundener der Verstorbene, desto länger
»spukt« er. Die ohnehin nicht realen Jenseitsbilder gehen außerdem durch Unterbewußtsein des Mediums,
wodurch Mißverständnisse nicht ausbleiben. Wir erweitern dies dahin, daß einigermaßen richtige
Einsichten ins Jenseits nur möglich wären, wenn ein schon längere Zeit verstorbener dort Eingewöhnter und
möglichst ehemals geistig Bedeutender sich mit einem gleichfalls bedeutenden Lebenden verbinden könnte. Befragt
Leibniz den Geist Giordanos oder Goethe den Geist Shakespeares, so würden sie verständliche Aufschlüsse
erhalten. Da bisher nichts Derartiges geschah, kann ohne solches Experiment nicht erwartet werden, daß Verstorbene in
ungereiftem Zustand einem gleichfalls mittelmäßigen Medium etwas Wichtiges mitteilen. Im einzigen Fall, wo ein
»Engel« einem hochbegnadeten Seher die Apokalypse schenkte, handelt es sich auch nur um Hellgesichte der
Menschheitsgeschichte, die in sinnlichen Bildern auftreten, Johannes teilt nichts über das Jenseits selber mit, sondern
über allgemeine Allverhältnisse, die er als neues Jerusalem schaut.
Hyslop meint, daß Swedenborg deshalb einem Irrtum zum Opfer fiel, weil er subliminalen Einfluß nicht kannte
und daher den symbolischen Charakter seiner Himmel und Höllen mißverstand, obschon er die geistige Welt richtig
als Summe von Mentalbildern auffaßte. Die Gedanken des Toten, mit dem er verkehrte, riefen Phantasmen hervor. Wir
fügen hinzu: Wie sie zum früheren irdischen Denken dieses Spirit paßten und zugleich ans eigene Meinen
Swedenborgs appellierten. So hat das ihm entrollte, in Bibelbegriffe getauchte Panorama wohl relative Wahrheit, doch gemischt
und verunziert mit irdischen Erinnerungen, symbolistisch dem Menschenverständnis angepaßt, doch beileibe nicht
wörtlich zu verstehen. Der ins Jenseits Eingehende entspricht einem Neugeborenen: Das Kind sammelt erst allmählich
Erfahrungen, um sich in seiner Welt einzurichten. Wie darf man also von
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