Der Aufgang Des Abendlandes
intellektualistische
Phüosophie, welcher das intuitive Empfinden abhanden kam, gelangt immer auf einen toten Punkt, solche
Verstandesgymnastik quält sich mit Neukanteanismus. In der Schopenhauergesellschaft sprach man von der »durch Kant
entgötterten Welt«, Th. Lessing erkannte im historisch gewordenen Gott nur den nach Naturherrschaft lüsternen
Menschen! Doch wenn alle Erlösungslehren den Aufstand des Geistes gegen Erdenleben bedeuten, so soll dieser Geist sich
eben zur Wahrheit durchringen, daß er selber Leben ist, also seine subjektiv berechtigte Unzufriedenheit gegen
Materieeinkerkerung mit sich selbst in Zwiespalt gerät. Sobald er seine Materialisierung als notwendige Phase des ewigen
Lebens erkennt, die zur Abschleifung seiner Bedürfnisse dient, und in der Menschheitsgeschichte Selbstbestrafung und
Selbstbelohnung unter supranaturellem Antrieb entdeckt, läßt sich die Karmafrohn gelassener ertragen. Alles
Erleben auf allen Ebenen bleibt nun einmal ein unsichtbarer Prozeß, nur inneres Erlebnis macht den Geist lebendig.
»Poeta nascitur, non fit« gilt auch für Anlage zum Materialismus und Idealismus. Jeder, der auf
Pseudorealismus schwört, verfährt unselbständig determiniert, Evolutionsgeschwafel enthüllt am klarsten,
daß nicht Tatsachen heiliggehalten werden, sondern deren hypothetische Vergewaltigung, die eigene antiideale
Nüchternheit führt charaktereologisch den Schulgelehrten wie den Krämer zur Leugnung des Idealen, so wie
früher Theologieprofessoren den Geist in ihre anthropomorphisch materialistischen Glaubensartikel einschmieren wollten.
Wissenschaftskirche ist nur Auferstehung geisttötender Pfaffen. Der ganze Schwarm von Darwins Nachfolgern und
Anhängern begrüßt im Mechanismus nur eigene Verstandesöde und Charakterschwäche, deren
deterministisch böser Wille es sich mit Ausstreichung des Transzendentalen bequem macht. Wir dürfen spotten: Ist
Geist nur Ausscheidung wie Urin und Galle, und ist der Mensch, was er ißt, dann darf man doch von Darwins chronischer
Verdauungsstörung nur insana mens in insano corpore erwarten, und sein Verstandesurin wäre ein Symptom physischer
Unzulänglichkeit gestörter psychischer Maschinerie! Haeckel war freilich ein sehr gesunder Mensch; falls man nicht
seine Ansteckung durch Darwins Hirnbazillen annimmt, bewiese ihre Übereinstimmung, daß der Geist unabhängig
vom Körper arbeitet, Physisches darauf nicht den geringsten Einfluß hat. Wenn wir uns von banausischen Scherzen
der Kraftstoffelei abwenden, bleibt jedenfalls bestehen, daß jede Weltanschauung menschlich-subjektiv denkt,
entsprechend dem eigenen individuellen Trieb. Unwissenschaftliche oder wissenschaftliche Krämerseelen müssen
Materialisten sein, Pseudodemokratie geistiger Pöbelmajorität muß antiheroisch und antiidealistisch handeln,
sonst verurteilte sie ihr eigenes niedriges Fühlen, dagegen muß ein Geistesaristokrat das Leben heroisch
idealistisch, das All transzendental auffassen. Da es sich also nur um subjektive Machtfrage handelt, so wird man wohl
Buddha, Jesus, Plato, Bruno, Leonardo, Goethe mehr Verständnis für das Wesen der Dinge zutrauen als einer Rotte von
Mittelmäßigkeiten. Diese wird freilich jeden Tag unverschämter, ein solcher Kathederschmarotzer (wie
Chamberlain in seinem Kantbuch zitiert) rieb sich herablassend an Goethe, weil dessen Naturanschauung nicht mit
nachgeschmierten Kollegienheften in Einklang steht. Das ärgste Versehen, Vergehen, Verbrechen einer als gewissenhafte
Registrierung von Beobachtungen und Messungen verdienstvollen Wissenschaft besteht in der Verstocktheit, womit sie aus ihren
eigenen jüngsten Entdeckungen nicht die natürliche Folgerung ziehen will: Hinfälligkeit sichtbaren Stoffes,
Alleinherrschaft unsichtbarer Kräfte. Alle wahren Grundsätze des Materialismus fußen auf Annahme
undurchsichtiger Materie, beweglich durchsichtige Stofflichkeit wird durch Strahlung zum gleichen Vorgang wie Beseelung im
Organischen, alle okkulten Phänomene sind natürliche Analogien der elektrischen und Strahlenvorgänge.
Wäre der Mensch nicht selber Psyche, würde sein Denken als bloße Ausscheidung des Stoffes sich nicht stets in
gleicher automatischer Linie bewegen? Die ungeheure Ungleichheit der Iche, obwohl alle auf gleicher stofflicher Grundlage,
verweist eben auf unsichtbar Psychisches als einzig mögliche Ursache karmamäßiger Unterschiede. Wer
materialistisch oder idealistisch fühlt, der denkt
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