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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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»wunderbar, besser als Scott«! Urteile und
Wertabmessungen sind aber psychische Faktoren und Tatsachen, falsche Kunsterfolge erst recht, ihr Unwirkliches und
Unvernünftiges klingt wahrlich nicht als Vernunftharmonie. Wie kann sich das äußerlich Materielle mit Hegels
Satz decken, wenn das Psychische, dem er doch den Begriff »vernünftig« entnimmt, hier überall
versagt?
    Ein schottischer Hausierer fand auf der Landstraße ein liegengelassenes Buch, Murrays Byron-Gesamtausgabe 1837,
diesen Funken blies er in sich zu einem Poetenlichtchen an.
    War dies notwendig, da er schon mit 30 Jahren starb? Wenn Tyche de Brahe von Schweden ausgerechnet nach Böhmen ins
Exil ging, war wohl kausal, daß er dort Kepler zum Assistenten nahm. Wenn er dort plötzlich starb,
hinterließ er ziemlich notwendig Kepler seine astronomischen Notizen, mit denen er als bloßer Beobachter nichts
anzufangen wußte. Dies alles mag man noch kausal nennen bis zum entscheidenden Punkt, daß Kepler daraus die
Ellipsentheorie fand. Oder ist inspirierte Intuition auch notwendig? Dann wird dieser allmächtige Grundbegriff sofort
der Materie enthoben und ins Immaterielle verschoben. Zufall gibt es nicht innerhalb Notwendigkeit, ihr Wesen aber bleibt
geradeso verhüllt und unsichtbar wie die Weltvernunft, wir erfahren nur einen Schein davon. Jeder Menschenbegriff
braucht ein unbekanntes Supplement, das über Supranaturelles verfügt und sich nicht dem anpaßt, was ein Hegel
wirklich oder vernünftig findet. Dies ist leichter gesagt als verstanden. Fand der Urmensch die Einsicht seiner
Nichtigkeit im unbegreiflichen All, so war dies gewiß notwendig auf Grund psychischer Wirklichkeit. Denn sich dem
Religiösen widersetzen heißt das Psychisch-Notwendige unwirklich und die sicherste aller Wahrnehmungen, die eigene
Kleinheit, vernunftwidrig schelten. Zu welcher Logik als zur Gottheit soll denn der Naturmensch gelangen, wenn er sich Wurm
unter den Gestirnen sieht? Dagegen sind Gebete zu einem Gottbegriff »Liebe« Versuche an untauglichem Objekt. Nur
in der Karmaauffassung wird alles gleichzeitig vernünftig und notwendig. Überall ist etwas am Werke, was Napoleon
Schicksal nannte, absichtlich bestimmende Leitung höherer Kausalität, die sich nicht begrifflich mit dem strikt
Notwendigen deckt, sie ist keine Formel »Wenn's regnet, wird's naß«. Nicht »zwei mal zwei ist
vier« regiert, sondern ein unbekanntes X. Warum der Hausierer Macferlane das Byronbuch fand und deshalb dichtete,
scheint objektiv zwecklos, aber nicht subjektiv, ihm war es notwendig durch vernünftigen Beschluß seines Karma.
Wenn einseitiges Anschauen des Kausalnexus zu Mechanismus verführte, so stimmt dies höchstens zum Sichtbaren,
zerfällt sofort, sobald man das Unsichtbare als das Wirkliche erkennt. Jeder antimetaphysische Monismus verdient nicht
seinen Namen, blöde Einseitigkeit verleugnet hier die wahre Einheit und zwingt Nachdenkliche so förmlich zum
Dualismus. Indem sie aber das Sichtbare vom Unsichtbaren trennen, begehen sie gleichen Denkfehler. Sie beten einerseits
gläubig den Evolutionsschwindel nach, den ein Fußtritt des Alls ebenso leicht zerstören kann wie Nietzsches
Übermenschenwahn, erkennen andererseits ein höheres Prinzip und folgern daraus dessen Absonderung vom
»Naturchaos«. Doch so wenig hienieden Geist und Stoff zu trennen, so wenig Immanenz und Transzendenz,
Allmanifestierung und Weltseele, eins ohne das andere ist begrifflich ein Unding. Es gibt weder Materiemonismus noch
Dualismus, sondern nur das eine, wofür wir das Wort transzendentaler Monismus fanden.
    Selbst die Sprache bedarf der Säuberung von dualistischen Elementen. In Sinnumbildung vieler Worte im Laufe der Zeit
darf man keine seelische Umwandlung suchen. Einbürgerung und Festpflanzung englischer Worte hielt nicht Schritt mit
äußerer geschichtlicher Entwicklung. »Church«, »Monastery« mag man aufs Griechische
zurückführen, Monk aber ist lautlich Mönch, Cloyster und schottisch Kirke blieben während Normannenzeit
als Sachsenworte für Kloster und Kirche. Für Abstrakta fehlen die richtigen Worte. So hat Deutsch nicht zwei
verschiedene Ausdrücke für »Geist«, wie englisch mind (Verstand) und Spirit (höherer Manas). Geist
als Logos darf nicht mind heißen, dennoch umstellt Wilberforce beide Begriffe, macht aus mind Gott und Seele, aus
Spirit ein verstohlenes Ich. Byron vereint beides: »Eternal Spirit of the boundless mind«, spricht aber

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