Der Aufgang Des Abendlandes
umzusehen. »Das Licht, das selbst Natur sich angezündet in seinem Hirn«, singt Grisebach von
Schopenhauer. Statt aber dies Wunder demütig anzustaunen, denkt Schulze: anch io sono pittore, auch ich bin ein
Naturlicht vermöge wundertätiger Evolution!
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Bezeichnenderweise kann sich der Mensch nur dem Anthropoiden gegenüber, da die andern Tiere keinen faßbaren
Vergleichspunkt bieten, geistiger Überlegenheit rühmen, selbst hier darf man Zweifel hegen, da wir vom innersten
Seelenleben des Schimpansen nichts wissen, seine Gedanken sind zollfrei, und ob nicht auch er aus dem Unbewußten und
geweckteren Sinnen eine uns fremde Nahrung zieht, ahnen wir nicht, ermessen nur unüberbrückbaren Verstandesabstand.
Alles aber, was bei Geburt eine höhere geistige Anlage mitbringt und so den vollendeten Embryo plötzlich von dem
des Hundes unterscheidet, vollzieht sich durch unsichtbare kosmische Einwirkung. Evolution ist schon an und für sich ein
geistiger Begriff, klammert sich daher unwillkürlich ans Unsichtbare und kann als abstrakt nur von
Oberflächlichkeit aufs Sichtbare angewendet werden. Ein physisches Aufwärts kann es hier nicht geben, nur
Relativität in Transformierung. Kompliziertheit menschlicher Organe ist nicht Modifizierung zum Vollkommeneren, das in
der Natur waltende Sparsamkeitsgesetz schafft viel erstaunlichere Wunder der Einfachheit. So des Vogels Flugfähigkeit
mit dazu gehörigem Atmungsapparat, wie auch der des Fisches besser zum Aufenthalt im Wasser geeignet als die
stärkste Lunge des Schwimmers. Deshalb erkannte Lamark, alle Evolutionskraft sei geistiges Streben, es ist so, sobald
man dafür das richtige Wort Entfaltung setzt. Veränderungen entstehen nicht mechanisch, sondern durch individuelle
Regung der Lebensenergie. Entfaltung ist ein Willensakt, der aber ohnmächtig bliebe, wenn nicht geheimnisvoller Allwille
ihm wohlwollend unter die Arme griffe, das ist das große Geheimnis. Wenn bestimmte Fische über Land wandern, so
bringen sie solch achtungswerte Anstrengung nur fertig vermöge der nämlichen Willenskraft, die ihnen diesen
widernatürlichen Plan eingab. Das Sexuelle des Tiermännchens ändert sich organisch nie, dagegen entspringt
jede Abänderung weiblicher Sexualorgane vom Laichen zum Gebären dem gewaltigen Muttertrieb, besser für die
Brut zu sorgen, sei es auch mit eigenem Unbehagen. Diesen hohen Willensakt der Selbstaufopferung könnte aber das
Weibchen nicht verwirklichen ohne Beistand der gleichen Weltpsyche, die ihm dies heroische Streben einflößte. Das
Verlangen wird Mutter besonderer Lebensenergie, die den Wunsch zur Erfüllung bringt. Daß diese Wechselwirkung beim
Menschen immer mehr aussetzte, je weiter er sich vom Unsichtbaren entfernte, je weniger er die schöpferische
Einbildungskraft und dafür den nüchternen Rechenverstand ausbildete, ist natürliche Folge seelischer
Schwächung. Der Urmensch, der alles dem Menschen Nötige schuf, schuf sich gleichsam neue Organe wie das Tier, das
Meerfloß des Tasmaniers entspringt dem gleichen Willensakt wie das erste Gebären des Mammals.
Beanstandung des Darwinismus summiert sich so: 1. Entfaltung ist kein mechanischer, sondern psychischer Prozeß, sie
offenbart nicht den Stoff, sondern die Energie. 2. Veränderlichkeit des Stoffes ändert nicht Beharrlichkeit des
Typs, d. h. der Idee einer Art. 3. Variation als Produkt der Allenergie ist nur Transformierung, direkte Abstammung einer Art
aus der andern unbeweisbar, unwahrscheinlich, unmöglich. 4. Evolution im Sinn von Aufstieg ist Täuschung ohne
Relativitätsperspektive, das einzige uns wirklich zugängliche Material, die Menschheitsgeschichte, beweist das
Gegenteil.
Nehmen wir gemeinsam gleichzeitigen Ursprung des Erdlebens an, so sind wir so weit wie zuvor bei der biblischen
Schöpfungsmythe. Denn wie und wann sich die zahllosen Varianten ableiten, bleibt verhüllt. Da steht nichts im Wege,
daß Saurier und Urmensch gleichzeitig auftraten. Aus welcher Tierform der Affe sich entwickelt habe, dafür zeugt
keinerlei Mittelglied, die Lemurentheorie ist mehr als wackelig. Darwinismus hat ein Interesse daran, den Menschen als
späten Erdbewohner auszugeben, doch er war sicher ein Zeitgenosse der Megalosaurier und des Riesenkänguruh, das in
Nähe der Saurier siedelte. In welcher Urgestalt der Mensch sich darstellte, ist völlig ungewiß, wohl aber
sicher, daß er mit Waffen auf die Saurier Jagd machte. Sigurd und Siegfried
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