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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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weitaus schmutzigeres Wasser geschwommen waren, sagte ich kleinlaut: »Hier ist es doch ganz in Ordnung, Charley!«
    »Komm sofort raus und her zu mir!«
    Gab es eine Armeevorschrift, die das Wichsen in öffentlichen Gewässern verbot? Enttäuscht sprang ich auf und stand in einen halben Meter tiefem Wasser. Ich blickte hastig nach unten: angeschwollen, ja, ziemlich prall von Blut, aber nicht stehend. Ich watete an Land. Charley Meadows stand nicht bei meinen Kleidern, daher hatte ich keine andere Wahl, als nackt vor ihm anzutreten, in Habtachtstellung, außer daß ich meine Hände über meinen Schwanz hielt und nicht an den Seiten über der imaginären Hosennaht.
    Er kratzte sich am Kopf und sah ziemlich verwirrt aus. »Ich werde aus dir einfach nicht schlau, Stubbs. Du bist doch intelligent genug. Du warst doch selbst mal Unteroffizier. Dennoch benimmst du dich manchmal, als wärst du noch völlig unreif. Was hast du da drin getrieben? Wolltest du ertrinken?«
    »Nein, ich bin nur ein bißchen geschwommen. Ich habe in der vergangenen Nacht kein Auge zugemacht, daher dachte ich, daß ein kurzes Bad mich wieder in Form bringen könnte.«
    »In Form bringen! In dieser dreckigen Pfütze, bis zu den Augen in der Büffelscheiße! Du bist doch Berufssoldat, Stubbs, du müßtest es doch besser wissen! Wie, glaubst du, sollen wir je diesen Krieg gewinnen, wenn verantwortliche Kerle wie du ständig den Idioten spie len?«
    »Ich habe nicht den Idioten gespielt! Ich bin geschwommen. Ich hatte keine Ahnung, daß ich etwas Falsches getan habe!«
    Er seufzte. »Du hast nicht gewußt, daß du etwas Verbotenes tust! Du bist ganz schön in Schwierigkeiten, mein Freund. Ich werde dich zu Captain Gore-Blakeley bringen, und zwar sofort. Zieh dich an!«
    Der Captain stürzte sich auf mich. Als ich vor ihm stand, überschüttete er mich mit den typischen Hauptmannsfragen – Fragen, militärisch kurz und zugleich dumm und sarkastisch. Nicht nur, was ich dort zu suchen gehabt hätte und was ich mir eigentlich dabei vorgestellt hätte, sondern auch, ob ich schon vorher jemand in dem Teich hätte schwimmen sehen, ob ich mir denn vorstelle, daß die Armee mich nur nach Indien verfrachtet habe, damit ich dort in schmutzigen Teichen badete, ob ich jemals etwas von Tropenkrankheiten gehört hätte, ob ich wüßte, was Bilharzia sei; ich würde das doch wohl nicht für den Namen eines indischen Industriellen halten und so weiter.
    Als diese Standpauke mich zu einem Häufchen erröteten Schweigens hatte zusammensinken lassen, sahen Gor-Blimey und Charley einander an.
    »Sergeant?«
    »Sir?«
    »Teilen Sie diesen Mann bis zu unserem Aufbruch von Vadikhasundi jeden Abend zum Wachdienst ein.«
    »Jawohl, Sir!«
    »Funker Stubbs, Sie müssen lernen, die Gefahren einer fremden Umgebung ernst zu nehmen. Wir wollen Sie schließlich im Zustand totaler Tauglichkeit nach Burma bringen und nicht behindert durch Elephantiasis oder etwas ähnlich Unangenehmes. Verstanden?«
    »Jawohl, Captain!«
    Ich wurde nach draußen gebracht. Dort meinte Charley zu mir: »Du bist ganz gut davongekommen, Stubby, wie du sicherlich längst weißt. Melde dich morgen früh lieber im Sanitätszelt und sag dem Diensthabenden dort, ich hätte dich geschickt. Erzähl ihm, du hättest im Büffelteich gebadet.« Er betrachtete mich kalt und ohne Mitgefühl. »Du scheinst indisches Blut in deinen Adern zu haben, Stubbs.« Indem er wieder eine formellere Haltung einnahm – was ich sofort nachmachte –, sagte er: »Funker Stubbs, abtreten!« Rechtsum, und dann schnell weg, rechts, links, rechts, links …
    Und dabei dachte ich, daß der ganze 1. Zug drin gewesen und unbehelligt geblieben war!
    Während ich über den roten Platz ging, um mir in der Kantine zwei Bier zu genehmigen, ordnete ich meine Gesichtszüge und mischte die Fakten dessen, was passiert war, dergestalt, daß am Ende eine Geschichte herauskam, die mir helfen würde, halbwegs glaubwürdig aus der Affäre herauszukommen. Gescheiterter Ficker und gescheiterter Wichser, das war eine beschämende Titelausbeute. Aber in einer Armee kann alles so arrangiert werden, daß es der jeweiligen Situationen gerecht wird; die Hackordnung ist derart streng, die Sticheleien sind so zahlreich, daß die Wahrheit niemals so gerne gehört wird wie eine Geschichte, die die Vorgesetzten in einem ungünstigen oder gar lächerlichen Licht erscheinen läßt. Die Verleumdung von Freunden hat vor der Vernichtung von Offizieren zurückzustehen.

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