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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Jeder lebt von Phantasien, und meine Geschichte konnte sich ohne viel Mühe derart verändern lassen, daß ich am Ende besser dastand als Charley und Gor-Blimey.
    Bis zum Sonnenuntergang dauerte es noch eine halbe Stunde. Die Schatten hoher Bäume lagen auf dem großen Zelt, das die Kantine beherbergte. Die Kantine hatte eben erst geöffnet, und es hielten sich dort vergleichsweise wenige Mendips auf.
    Ein alter Freund von mir, Di Jones, der mit mir in Prestatyn gewesen war, saß teetrinkend mit einem anderen Waliser aus dem 1. Zug, Taffy Evans, zusammen.
    Ich holte mir ein Bier und ging zu ihnen hin. »Hallo, Di! Hallo, Taff.«
    »Du siehst aus, als hätten sie dich richtig fertiggemacht, nicht wahr, Taff?«
    »Ganz schön chokka«, pflichtete Taffy ihm bei. »Wie viele Jahre mußt du noch abdienen?«
    »Viel zu viele. Ich wurde gerade von Charley Mea dows angemacht.«
    Beide Männer zeigten sofort ihr Mitgefühl, und Di gab eine Serie von Schnalzlauten von sich. »Eurem Sergeant haben sie ins Gehirn geschissen, wenn du mich fragst. Weshalb hat er sich dich vorgenommen?«
    »Ach, das ist eine lange Geschichte. Die werdet ihr gar nicht hören wollen.«
    »Da, nimm ’ne Zigarette, Horry, Freund, und erzähl uns das Wichtigste.« Di holte eine Blechschachtel mit indischen »Players« hervor und bot mir eine an.
    »Danke, Di, da kann ich schlecht nein sagen … Nun, ich nehme an, ihr wißt, daß unten am See eine Bibi haust und fünf Zweier je Nummer verlangt?«
    Während ich redete, fiel mir ein, was für ernsthafte und gottesfürchtige Männer die beiden waren, die sogar regelmäßig zur Kirche gingen, und ich hielt inne und tauchte mit dem Gesicht in mein Bierglas.
    Di Jones machte ein ernstes Gesicht. »Wir haben durch Ginger Gascadden von dieser Bibi gehört. Du solltest dich von indischen Frauen fernhalten, Horry, wirklich. Ich weiß, daß du ein hungriger junger Bursche bist mit dem Feuer der Schöpfung zwischen den Beinen, aber es wäre wohl besser, du bliebest beim guten alten Handbetrieb – meinst du nicht auch, Taffy?«
    Aber sie zwinkerten einander zu. Taffy stimmte Di wortreich und mit aller Heftigkeit zu und riet mir ebenfalls, lieber mit meiner Faust verheiratet zu bleiben. »Was ist denn mit dieser Bibi überhaupt passiert?«
    »Ach, ich dachte mir, ich sollte mal runtergehen und mir ansehen, was überhaupt im Gange ist. – Moment mal, ich brauche noch ein Bier. Soll ich euch eine Runde spendieren? Dieser verdammte Tee bringt doch nichts.«
    Sie waren einverstanden mit Bier. Während ich an der Theke stand, schlenderte Geordie herein.
    Ich machte mich durch einen lauten Ruf bei ihm bemerkbar, bestellte gleich ein viertes Bier und nahm ihn mit an unseren Tisch. »Ich wette, du warst drüben bei der Bibi, Geordie, oder etwa nicht?«
    »Ich? Nein, das ist nicht das Richtige für mich – du müßtest mich doch eigentlich besser kennen, Kamerad! Außerdem haben sie sicherlich längst den Rotmützen Bescheid gesagt, damit sie sie verjagen, ehe sie der ganzen Einheit einen Tripper verpaßt. So viel habe ich jedenfalls gehört – hab’ keine Ahnung, ob es stimmt. Hast du sie besucht?«
    »Horry will uns gerade davon erzählen«, sagte Di, gab mir gleichzeitig ein Zeichen, mit meinem Bericht fortzufahren, und wischte sich den Bierschaum vom Mund.
    »Ich dachte, ich sollte mal hingehen und mir die Bibi ansehen, und gerade als ich dort war, drehte ich mich um – und was meint ihr, wen ich sehe? Unseren verdammten Sergeant Meadows.«
    »Wahrscheinlich wollte er auch einen verstecken, jedenfalls würde mich das nicht wundern«, meinte Di grinsend. »Diese Sergeants sind ganz schön scharf.«
    »Er hing dort nur herum in der Hoffnung, irgend jemand zu erwischen, denke ich mir. Er spionierte uns nach! Daher ließ ich mir nicht anmerken, daß ich ihn längst entdeckt hatte, aber ich dachte bei mir: Herrgott, jetzt hänge ich in der Scheiße, was soll ich jetzt tun? Ich meine, wenn ich kehrt gemacht hätte, wäre ich genau mit ihm zusammengestoßen. Deshalb kam mir diese grandiose Idee – ich dachte, ich erlaube mir einen Scherz mit ihm.«
    Wir zogen an unseren Zigaretten und tranken von unserem Bier. Die Kantinenbeleuchtung flammte auf. Der Abend war angebrochen. »Erzähl weiter«, forderten sie mich auf.
    Ich lachte. »Ich hatte die grandiose Idee, so zu tun, als wollte ich im See schwimmen.«
    Sie brachen in lautes Gelächter aus. »Habe ich nicht schon immer gemeint, daß du längst über den Jordan bist,

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