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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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wie Brighton und vollständig aus Pagoden unterschiedlicher Größe bestehend, daß Malta der letzte Rest einer Landbrücke zwischen Europa und Afrika sei, daß Churchill sich mit der zweiten Front Zeit gelassen habe in der Hoffnung, Hitler werde Rußland schlagen, daß, wenn man einen Sixpence in die Vagina einer Frau einführte, man feststellen könne, ob sie geschlechtskrank sei, denn dann werde sich die Münze grün verfärben, daß entweder Kipling oder Noel Coward »Eskimo Neil« geschrieben hätten, und viele andere Dinge, von denen ich überhaupt nichts wußte und zu denen ich einige Aufklärung brauchte.
    Aylmer war die reinste Schatzkammer von Informationen und Fehlinformationen, wie viele alte Soldaten. Ich hatte das Gefühl, daß, wenn ich mich an alles erinnern könnte, was er sagte, ich die ganze Welt verstände. Er versicherte mir, daß die Welt genauso komplex sei, wie ich allmählich zu ahnen beginne, und voll von Verschwörungen, Gegensätzen und Unvereinbarkeiten.
    Dennoch brachten die anderen Kameraden Aylmer mit ihrem Ruf: »Märchenerzähler!« immer zum Schweigen.
    »Sie wollen einfach nicht Bescheid wissen«, sagte Geordie, als wir einmal über diese Angelegenheit sprachen. »Sie hören auf niemand. Sie wissen überhaupt nichts und wollen, daß es so bleibt. Solange sie von nichts eine Ahnung haben, bleiben sie thik-hai. So denke ich es mir jedenfalls …«
    Geordie hatte wahrscheinlich recht. Ein Teil der Armeephilosophie bestand darin, alles zu vereinfachen, von der Ausrüstung und der Verpflegung bis hin zur Dienstroutine.
    »Ich nehme an, du hast keine Ahnung von den Hindugöttern – Hanuman und so weiter?« fragte ich Aylmer, als Geordie und ich eines Abends mit ihm im Basar saßen und ein Mangoeis verzehrten.
    »Viel weiß ich nicht darüber, Stubby. Die ganze Hindureligion ist so verwickelt, daß man überhaupt nicht schlau daraus werden kann, es sei denn, man ist als Hin du auf die Welt gekommen. Einige weißhäutige Professoren sind verrückt geworden, als sie ihre Eigenheiten studierten.«
    »Nicht einmal Stubby würde so weit gehen wollen!« sagte Geordie, und wir lachten.
    »Haben sie denn einen Hauptgott? Es scheinen so vie le zu sein.«
    »Die beiden Hauptgötter sind Schiwa und Wischnu. Wischnu verkörpert Gesetz und Ordnung – er ist eine Art Kommandeur der Militärpolizei. Schiwa ist zuständig für Vernichtung und Wiederherstellung.«
    »Ist er nicht dieser schwule Typ mit der Flöte?«
    »So wird er manchmal dargestellt. Manchmal nimmt er auch eine andere Gestalt an. Sie können sich verwandeln, wie sie wollen.«
    »Das scheint mir eine spaßige Religion zu sein, obgleich der Typ mit diesem Flötending ganz hübsch aussieht«, sagte Geordie. »Was ich noch wissen wollte, sind die Götter gut oder schlecht?«
    »Sie sind eine Mischung aus allem. Einige Götter sind gut und schlecht, genauso wie die Menschen, und dann gibt es auch Dämonen und Teufel.«
    Geordie lachte. »Was für ein primitiver Aberglaube! Mal ehrlich, du mußt doch zugeben, daß das alles ir gendwie primitiv ist, oder?«
    »Ja, es ist schon ein wenig primitiv, aber so ist es in Indien schon seit zehntausend Jahren. Diese Religion ist verantwortlich für das Kastensystem, genauso wie die Kirche von England das Klassensystem bei uns geschaffen hat, nur ist es hier noch schlimmer. Was mich betrifft, so glaube ich, daß die Königin Victoria sich irrte, als sie meinte, die Briten sollten sich in Indien nicht in religiöse Fragen einmischen. Die Reisfresser werden überhaupt keine Fortschritte machen, so weit ich es beurteilen kann, wenn nicht das ganze Durcheinander ihrer Religion hinweggefegt wird.«
    »Ich wette, die verdammten Japaner schaffen das – ich meine, wenn sie in Indien einmarschieren und es erobern«, sagte Geordie mit tanzendem Adamsapfel. Dabei bewegte er seine Hände, als wolle er einen besonders komplizierten Gedanken unterstreichen. »Ich will sagen, sie wären nicht so wie unser alter Stubby. Er ist auf diese Reisfresser-Götter nicht gut zu sprechen, nicht wahr, Stubby, mein alter Meckerfritze?«
    Aylmer hatte das Bild von Hanuman über meinem Charpoy gesehen. Ich hatte auch eine Zeichnung von ihm angefertigt, und später hatte ich ein Bild von Parvati gekauft, der rosigen hübschen Frau von Schiwa, die in verführerischer Pose auf einem Wasserlilienblatt ruhte. Parvati stammte von dem Budenbesitzer, der mir den Affengott verkauft hatte. Später kaufte ich bei ihm eine Inkarnation von

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