Der aufrechte Soldat
angekommen.«
Schon bald war der Platz leer. Wir fingen an, in dieser unerwarteten Ruhe und Einsamkeit Ausrüstungsgegenstände zu verladen. Die Nachhut würde der Hauptmacht unter dem Kommando von Gor-Blimey folgen. Dies geschah vier Tage später.
Wieder war da der Verschiebebahnhof von Indore, geduckt unter den rollenden Wogen der Mittagshitze. Wir stiegen von den LKWs, und der Anblick war uns vertraut. Hier waren wir vor Wochen auf LKWs gestiegen, frisch aus Bombay und vom Schiff kommend, um uns in die unbekannten Schrecken von Kanchapur zu stürzen. Damals waren wir mit unseren Tropenhelmen nicht mehr als Knetgummi in den Händen unserer raubgierigen Gepäckträger gewesen; nun, mit unseren Buschhüten, konnten wir den hartnäckigsten Bettler mit einem Schwall von Flüchen in gebrochenem Urdu verjagen.
Wir waren akklimatisiert. Wir hatten jetzt Indien in unseren Adern, mit all seinem Durcheinander, seiner Hektik, seinem Lärm und seinem Alter, seiner Armseligkeit, Schönheit und Fäulnis – so gründlich, daß es den Kreislauf behinderte wie ein Stein in den Nieren und mich von Zeit zu Zeit durchdrehen ließ.
Wir verbrachten zwei Tage auf dem Bahnhof, beaufsichtigten das Verladen der Vorräte in die Güterwagen und dirigierten das Gewimmel der Lastträger, die sich um die Ehre stritten, unsere Lasten zu schleppen. Der Zug stand auf einem verlassenen Nebengleis, über hundert Meter von der Straße entfernt, wo die Lastwagen geparkt waren. Wir stolperten hin und zurück über die Gleise, die zu den unglaublichsten Orten mit den bizarrsten Namen führten. Wie mochte das Leben wohl aussehen in Quetta, Amritsar, Kuttack, Seringapatam, Chittagong, Vizagapatnam und Barrackpore? Der letztere Ort zumindest konnte schon bald mehr als nur ein Name für uns sein, denn es war Barrackpore, wohin unsere Hauptmacht transportiert worden war, ehe sie endgültig an die Front ging. Barrackpore war Hunderte von Kilometern entfernt, noch hinter Kalkutta. Es sah so aus, als wären Alis Informationen richtig gewesen.
Kleine gepanzerte Lokomotiven rollten auf den Nebengleisen langsam hin und her, sorgsam darauf bedacht, unserer Trägerkette nicht zu nahe zu kommen. Die Fahrer winkten uns fröhlich zu.
Abend. Die Sonne ging hinter einem in der Nähe gelegenen Lokschuppen unter. Die große schmuddelige Stadt regte sich, Lichter flammten auf, junge Burschen tauchten auf und spuckten Betelsaft in den Staub. Die Freudenhäuser öffneten ihre Tore – aber schlossen sie sie denn jemals? Wir stellten Wachtposten mit aufgepflanzten Bajonetten auf; als wir wachfrei hatten, kampierten wir auf einem der Bahnsteige unter unseren Moskitonetzen.
Ich schlief tatsächlich auf einem Bahnsteig! Wenn meine armen Eltern mich so hätten sehen können, inmitten von Teehändlern und den dreibeinigen streunenden Hunden, die uns umschlichen! Ich hatte die Wache von zehn bis Mitternacht und von vier bis sechs und sicherte mir so die Möglichkeit mitzuerleben, wie der Himmel sich aufhellte und wie die ersten Vögel sich in die Luft schwangen.
Unter den etwa ein Dutzend Männern, die zu unserer Nachhut gehörten, waren Corporal Ernie Dutt, Jock McGuffie, Carter, Feather, Harding, Gillespie und der junge Jackie Tertis. Die Bahnhofskantine öffnete um acht Uhr morgens, und wir drängten uns alle hinein, zu einem Frühstück aus Eiern mit Bratkartoffeln, Brot und Marmelade, Kuchen und Tee.
»Wenn dies das ganze Frühstück sein sollte, dann können sie gleich das Mittagessen anrollen lassen«, sagte Jock und kippte seinen letzten Schluck Tee hinunter. »Ich sehe, daß sie uns schon auf halbe Rationen gesetzt haben.«
»Jock, ich hör’ dich die ganze Zeit nur meckern«, meinte Ernie Dutt.
Jock setzte seine gequälte, aber zugleich auch verständnisvolle Miene auf. »Irgend jemand muß doch den Mund aufmachen, Ernie. Darf ich dich daran erinnern, daß sie uns den letzten Penny aus der Nase ziehen, wenn man ihnen freie Hand läßt?« Er fing mit einer seiner Geschichten von den Schikanen in Glasgow an, aus denen er, wie ich wußte, am Ende als Sieger hervorgegangen war.
Während ich mir eine Zigarette anzündete, spazierte ich auf den Bahnsteig hinaus.
Tertis folgte mir. »Ich bin richtig froh, wenn es losgeht, Stubby, du etwa nicht? Das ist doch besser, als nur herumzuhängen. Vor den paar Japsen habe ich keine Angst. Vielleicht geht bei unserem Einsatz endlich mein Schwanz runter – ich wichs’ mich noch dumm und dämlich. Ich brauche mich nur im
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