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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Gegend nahm zu. Zwei Tage später hatte die Belagerung richtig begonnen. Wir lagen in unseren Splittergräben und lauschten dem Geschützfeuer.
    Das Unternehmen, unsere Division mit ihren Geschützen und ihrer sonstigen Ausrüstung aus Indien heranzuschaffen, dauerte an. Hinter unseren Verteidigungslinien oberhalb von Zubza verbrachten wir unsere Zeit so malerisch wie Gesetzlose. Unsere Taschentücher, Trainingsanzüge und Schweißlappen wurden in einem Kessel grün gefärbt, der aus einem Ölfaß hergestellt worden war, das man halbiert und auf ein offenes Feuer gesetzt hatte. Wir erhielten eine erstaunliche neue amerikanische Substanz namens DDT, mit welcher wir die Nähte unserer Kleidung einrieben, um Läuse abzuhalten, da es höchst unwahrscheinlich war, daß wir in nächster Zeit unsere Sachen würden waschen können. Wir schluckten Vitamintabletten. Ich erhielt ein leichtes Maschinengewehr anstatt eines normalen Sturmgewehrs. Ich bediente das Funkgerät und fand heraus, wie unsicher es war, in den Bergen über Kurzwelle Verbindungen herzustellen und zu erhalten.
    Wir wurden außerdem vom Kommandierenden des Bataillons, Willie Swinton, mit einer Ansprache begrüßt. Er erzählte uns, daß wir im Begriff seien, in den Kampf zu ziehen und einen der großen Siege dieses Krieges zu erringen, daß unser Ruhm schon jetzt eine sichere Sache sei und daß man uns nie wieder die vergessene Armee nennen werde.
    »Während wir unsere Siege erringen, stellen wir wenigstens nichts Dümmeres an«, sagte Bamber und machte sich über sich selbst lustig.
    Wir unternahmen Patrouillengänge. Wir schoben Wache. Wir hielten Ausschau. Wir warteten. Es war alles ziemlich aufregend. Wir spielten Krieg.
    Nur kurze Zeit vorher war ich noch in Kalkutta gewesen, in Anspruch genommen von allen Arten unwichtiger Probleme. Sie hatten sich verflüchtigt. Wir standen jetzt im Einsatz. Wir waren Jäger.
    Die Berghänge waren überzogen mit Trampelpfaden. Als wir das erste Mal auf Japaner stießen und nahe genug an sie herankamen, um sie unter Beschuß nehmen zu können, mußten wir darauf verzichten. Eine ganze Marschkolonne von ihnen zog vorbei, während wir nur ein kleiner Spähtrupp waren. Sie waren auf einem ihrer Pfade nur wenige Meter oberhalb unseres Standortes unterwegs. Als sie vorbei waren, setzte Charley Meadows sich über mein Funkgerät mit der Befehlszentrale in Verbindung und gab Stärke und Marschrichtung der Einheit durch.
    Die Bergpfade gehörten den in den Naga-Bergen ansässigen Stämmen. Sie waren die Menschen, die wir am meisten bewunderten. Vorurteile gegen alles Fremde lösten sich in Wohlgefallen auf angesichts dieser ungewöhnlichen braunhäutigen Männer und Frauen, die darauf bestanden, mitten auf einem potentiellen Schlachtfeld ihr normales Leben weiterzuführen. Ihre Dörfer, armselige Ansiedlungen, standen auf den Bergrücken. Ihre Reisgärten und Maisfelder befanden sich siebenhundert bis tausend Meter tiefer im Tal. Die Frauen stiegen täglich zur Arbeit hinunter und anschließend wieder hinauf und trugen dabei ihre Kinder angeschnallt auf dem Rücken. Die Kinder, die mit nicht mehr bekleidet waren als mit einer zerlumpten Jacke, gaben keinen Laut von sich.
    Einmal, als wir während eines Aufklärungsmarsches rasteten, überholte uns eine Gruppe Naga-Frauen und bedeutete uns gestenreich, daß sie für ihre Kinder etwas zu essen wollten. Ich gab einer der Frauen eine Zigarette. Sie war noch jung, schlank, trug ein langes Gewand und war barfuß.
    »Du sprechen Englisch?« fragte ich sie.
    Sie sah mich an – es war ein langer, sorgenvoller Blick – und sagte etwas Unverständliches. Ob sie wohl damit einverstanden gewesen wäre, sich am nächsten Bachufer mit dem Gesäß im weichen Sand auf einen kurzen Geschlechtsverkehr niederzulegen? Natürlich äußerte ich diese Absicht nicht. Aber am Abend, als der Mond über uns und den Bergen dahintrieb, dachte ich wieder an sie.
    Über die wilden und unwegsamen Pfade drangen Nachrichten und Gerüchte zu uns. Der Rest der 2. Division wurde aufgehalten. Zusätzliche Einheiten wurden aus Arakan herbeigeflogen. Imphal war gefallen. Imphal hielt durch. Die Japaner standen in unseren Flanken. Kohima war umzingelt. Die Chindits, die zusammen mit den Gurkhas und den Kachins Operationen durchführten, versuchten sich mit Joe Stilwell in Nord-Burma zu vereinigen. Generalissimus Tschiang Kai-schek war einem Attentat zum Opfer gefallen.
    Wasser war eines unserer Probleme. Es gelangte

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