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Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt

Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt

Titel: Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Alines Obhut gelassen, das arme Kind ist sehr verstört, bei all seiner Willensstärke, und wird heute keinen unbewachten Schritt mehr tun. Das kann ich versprechen. Ich denke, gemeinsam können wir über sie wachen. Aber nun laß uns sehen, ob dieser arme Teufel uns etwas sagen kann, was wir noch nicht wissen.«
    Er bückte sich und zog die derbe Sackleinwand fort, die das schmale Gesicht des Handschuhmachers zur Hälfte bedeckte, von der Augenbraue auf einer Seite zum Unterkiefer auf der anderen. Eine Platzwunde im grauen Haar über der linken Schläfe ließ auf einen rechtshändig geführten Schlag schließen, der gefallen sein mußte, als dem Besucher die Tür geöffnet worden war. Wahrscheinlich hatte dieser den Mann nur betäuben sollen, um ihn wie Warin fesseln zu können. Aber er hatte einen hellwachen Menschen überwältigen müssen, keinen Schläfer.
    »Ziemlich die gleiche Methode wie bei jenem anderen«, bemerkte Cadfael. »Ich bezweifle, daß man ihn überhaupt töten wollte. Aber er war nicht so leicht unterzukriegen. Er setzte sich wahrscheinlich zur Wehr. Und sein Genick ist gebrochen. Allmählich gelange ich zu der Überzeugung, daß es sich um mehrere Täter handelt. Wie es aussieht, trat einer hinter ihn und versuchte ihm diesen Sack über den Kopf zu ziehen, aber in dem Kampf, den er ihnen lieferte, wurde sein Kopf allzu gewaltsam rückwärts gerissen. Er war drahtig und gelenkig, aber seine Knochen waren nicht mehr jung und zu spröde, um den Druck auszuhalten. Ich vermag nicht zu glauben, daß der Tod beabsichtigt war. Wir hätten ihn fein säuberlich gebunden und geknebelt, aber lebendig und wohlauf wie Warin antreffen sollen, doch machte seine Gegenwehr einen Strich durch die Rechnung. Als sie merkten, daß er tot war, führten sie ihre Suche in aller Eile durch und ließen alles liegen, wie es fiel.«
    Beringar schob das Durcheinander von Gürteln und Handschuhen beiseite, das den Boden bedeckte, und drehte den Toten herum.
    Euan von Shotwicks rechter Arm war vom Ellbogen abwärts in den Falten seines Gewandes verborgen, von den Eindringlingen bei ihrer Suche zur Seite gestoßen. Als Hugh Beringar die Gewandfalten wegzog, pfiff er überrascht durch die Zähne, denn in der Hand des Toten ruhte ein langer Dolch, dessen nackte Klinge verziert und nahe dem Griff vergoldet war. Unter ihm, ungefähr auf der Höhe seiner rechten Hüfte, lag die leere Scheide.
    »Ein Mann, der sich seiner Haut wehrte! Und siehe da, er hat einen seiner Angreifer für uns markiert!« An der Spitze der Dolchklinge klebte getrocknetes Blut.
    »Rhodri ap Huw sagte«, besann sich Cadfael, »daß Euan von Shotwick ein Einzelgänger wäre, ein Eigenbrötler, der niemandem traute - sein eigener Träger und sein eigener Wächter. Er hätte eine Waffe besessen und damit umzugehen gewußt.« Der Mönch kniete neben dem Toten nieder, räumte die Gegenstände fort, die noch herumlagen, und untersuchte ihn vom Kopf bis zu den Füßen. »Du wirst ihn zur Burg schaffen müssen, denke ich, oder ins Kloster, um ihn genauer in Augenschein zu nehmen, aber ich glaube, das einzige Blut, das er verloren hat, stammt aus der Plätzwunde am Kopf. Dieses am Dolch ist nicht von ihm.«
    »Wenn wir nur genauso leicht sagen könnten, wessen es ist!« erwiderte Hugh trocken. Er kauerte auf der anderen Seite der Leiche mit der Gelenkigkeit der Jugend auf seinen Fersen. Bruder Cadfael ließ die knirschenden bejahrten Knie auf die harten Planken nieder und beneidete ihn ein wenig. Beringar hob den versteiften Arm des Toten und prüfte die verkrampften Finger. »Er hält seine Waffe fest!«
    Es kostete ihn einige Anstrengung, den im Tod erstarrten Zugriff so weit zu lockern, daß er den Dolch aus Euans Hand ziehen konnte. Im Licht des offenen Ladens glänzte etwas, das an der Spitze der Klinge haftete, verschwand aber wieder, wie Staubteilchen im Sonnenschein aufleuchten und wieder erlöschen. Auch am Rand der Schneide schienen Reste von Blut zu haften. Cadfael beugte sich zur Seite, spähte genauer hin und rief: »Ein blondes Haar - da ist es wieder!«
    Als Hugh den Dolch in der Hand bewegte, leuchtete es erneut im Glanz der Klinge auf.
    »Kein Haar, sondern ein feiner, gelblicher Faden. Ungebleichter Flachs, wie es scheint. Die Klinge hat Stoffasern herausgerissen, die im Blut festklebten. Siehst du?«
    Entlang der Rinne, die es festgehalten hatte, war eine dünne Faser braunen Materials haften geblieben. Schmal wie der feinste Grashalm, doch als

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