Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt

Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt

Titel: Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
Cadfael den Faden vorsichtig am Ende faßte und geradezog, streckte er sich bis zur Länge seiner Hand. Die Farbe, obschon durch getrocknetes Blut verändert, zeigte sich an einem sauberen Ende deutlich - ein helles Rostbraun. Und an der Klinge hing die lange, feine Flachsfaser, eingerollt wie eine Haarlocke.
    »Eine Stoffaser, die beinahe eine Hand lang ist«, sagte Cadfael.
    »Sicher stammt dieser Flachsfaden vom Saum eines Gewands, und der Dolch riß ihn mit heraus.« Seine Augen wurden schmal, und er überlegte, stellte sich Euan von Shotwick vor, wie er die Tür öffnete, wie der Schlag fiel, der ihn nicht zu Boden warf, und wie er dann seinen Dolch zog und damit zustieß. Beinahe Brust an Brust mit seinem Gegner, ein Mann, der sich zu wehren wußte, und die Brust seines Angreifers ein offenes Ziel.
    »Er muß nach dem Herzen gestoßen haben«, sagte er in fester Überzeugung. »So hätte ich es getan, in früherer Zeit. Der andere Mann muß während des kurzen Handgemenges an ihm vorbeigeschlüpft und hinter seinen Rücken gelangt sein, gerade noch rechtzeitig, um dem Dolchstoß die Wirkung zu nehmen, aber Euan von Shotwick muß auf die Brust gezielt haben. Irgendwo hat jemand einen zerrissenen Kittel. Es könnte an der linken Brustseite sein, auch im Ärmel. Denn der Mann muß im Handgemenge die Arme in Brusthöhe oder darüber gehoben haben. Ich würde sagen, der linke Ärmel, der vom Saum bis halb zum Ellenbogen aufgeschlitzt wurde.
    Zuerst muß die Dolchspitze den Faden vom Saum herausgerissen haben, dann die Stoffaser aus dem aufgeschnittenen Ärmel.«
    Hugh überdachte das respektvoll und fand keinen Fehler in der Folgerung. »Nicht viel mehr als ein Kratzer, meinst du nicht? Kein Blut tropfte auf den Boden und die Türschwelle. Es kann nicht so viel gewesen sein, daß der Blutfluß gestillt werden mußte.«
    »Der Ärmel wird es aufgefangen haben. Du hast recht, wahrscheinlich war es nur ein Kratzer, aber ein langer. Er wird noch zu sehen sein.«
    »Wenn wir wüßten, wo wir nachsehen müssen!« Bei dem Gedanken, Wachtmeister auf den von Menschen wimmelnden Marktplatz zu schicken, wo sie jeden Mann aufforderten, den linken Ärmel aufzukrempeln und den Arm vorzuzeigen, stieß Hugh ein kurzes Lachen aus. »Eine Kleinigkeit! Immerhin sollten wir zwei und alle Männer, die ich erübrigen und denen ich vertrauen kann, den Rest dieses Tages die Augen offenhalten und nach einem zerrissenen Ärmel fahnden - oder nach einem frisch geflickten.«
    Er stand auf, trat zum offenen Laden und winkte dem nächstbesten Wachmann. »Wir müssen ihn von hier fortschaffen und tun, was wir können. Ein Wort mit deinem Rhodri ap Huw käme mir zustatten, und ich denke mir, du könntest in seiner eigenen Sprache mehr aus ihm herausbekommen, als ich es jemals mit Hilfe eines Dolmetschers schaffen würde. Wenn er diesen Mann so gut kennt, horche ihn aus und berichte mir, was du erfährst.«
    »Das werde ich tun.« Cadfael erhob sich steifbeinig von den Knien.
    »Zuerst muß ich zur Burg und melden, was wir gefunden haben«, sagte Hugh. »Prestcote war gestern abend nicht in der Stimmung, allzu sorgfältig zuzuhören, aber nach diesem Ereignis wird er den jungen Corviser gegen die Kaution des Vaters auf freien Fuß setzen müssen, wie er es bei den anderen schon getan hat. Es bedürfte eines dickschädligeren Mannes als Prestcote, um zu glauben, der Bursche hätte mit dem ersten Tod etwas zu tun gehabt, nach dieser Reihe von Verbrechen, die den ersten folgten, während er im Kerker saß. Philip wird heute sein Mittagsmahl zu Hause essen.«
    Rhodri ap Huw war nicht nur bereit, eine Stunde damit zu verbringen, Bruder Cadfaels Ohr mit den Früchten seiner Weisheit und Erfahrung zu füllen. Er wartete schon mit genau diesem Vorsatz, als der Leichnam Euan von Shot wicks fortgeschafft und der Marktstand geschlossen worden war, bewacht von einem der Stadtsoldaten. Obschon allgegenwärtig, hatte er die Gabe, unaufdringlich zu sein, bis er sich zur Aufdringlichkeit entschloß. Dann konnte er aus einer unerwarteten Richtung erscheinen, und so beiläufig, als hätte ihn nur der Zufall hergeführt.
    »Gewiß habt Ihr alles verkauft, was Ihr mitbrachtet«, sagte Cadfael, als er ihn zwischen den Marktständen traf, augenscheinlich unbeschwert von Geschäften.
    »Gute Ware wird überall geschätzt«, entgegnete Rhodri und zwinkerte fröhlich. »Meine Leute verkaufen die letzten Krüge Honig, und die Wolle ist längst fort. Aber ich habe eine halbe

Weitere Kostenlose Bücher