Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
er über ihre Tirade lachte. Schließlich lamentierte sie über das verklebte Blut an seiner Kopfverletzung und verlangte, daß er sich sofort hinsetzte und sich die mit verkrustetem Blut verklebten Haare abschneiden und die Wunde reinigen ließ. Die bei weitem einfachste Lösung war es, sich allemal zu unterwerfen und abzuwarten, bis sie sich sämtliche Probleme von der Seele geredet hatte.
»Der Kummer und die Schande, die du über uns gebracht hast, die Sorgen, die ich mir um dich machen mußte, du verdienst nicht, daß ich dich ernähre, für dich wasche und flicke. Der Sohn des Bürgermeisters im Kerker, welch eine Demütigung für uns alle!
Schämst du dich nicht vor dir selbst?« Sie weichte das verkrustete Blut mit warmem Wasser und einem Schwamm auf und war erleichtert, daß eine so unbedeutende Verletzung darunter zum Vorschein kam. Aber als er fröhlich sagte: »Nein, Mutter!« zog sie ihn so fest am Haar, daß er eine schmerzliche Grimasse schnitt.
»Dann solltest du es tun, du Taugenichts! So, das ist nicht so schlimm. Ich hoffe, du wirst dich jetzt an die Arbeit setzen und wiedergutmachen, was du uns angetan hast, statt in der Stadt herumzuziehen und anderer Leute Söhne mit deinen verrückten Ideen zu allerlei Schelmenstreichen und Unheil anzustiften...«
»Es waren dieselben Ideen, die Vater und die Zunftmeister hatten, Mutter, du hättest sie schelten sollen. Und frag nur diejenigen, die meine Schuhe tragen, ob meine Arbeit zu wünschen übrig läßt.«
Tatsächlich war er ein sehr guter Arbeiter, was sie mit Nachdruck festgestellt hatte, wären andere so kühn gewesen, seinen Fleiß und seine Tätigkeit zu verleumden.
Er umarmte sie impulsiv und küßte sie auf die Wange, und sie schob ihn ungeduldig von sich. »Weiter mit dir, und komm mir nicht eher mit deinen Schmusereien, als bis du von der schlimmeren Anklage freigesprochen bist und deine Strafe für den Aufruhr bezahlt hast. Nun setz dich an den Tisch und iß!«
Es war eine besonders gute Mahlzeit, wie es sie sonst nur an Festtagen gab. Statt die Kleider abzulegen, die er Tag und Nacht im Kerker getragen hatte, rasierte er sich sorgfältig, machte ein Bündel aus seiner zweitbesten Kleidung, steckte es unter den Arm und verließ das Haus.
»Wohin willst du jetzt?« verlangte sie zu wissen.
»An den Fluß, um zu schwimmen und wieder sauber zu werden.«
Wie die meisten Stadtbürger, besaßen auch sie einen Garten vor der Stadtmauer, wo sie für den Eigenbedarf Gemüse und Obst anbauten.
Ihr Garten lag ein Stück flußauf, und es gab dort eine kleine Hütte und einen Wiesenfleck, wo er in der Sonne trocknen konnte. Dort hatte er schwimmen gelernt, kurz nachdem er als kleiner Junge auf eigenen Beinen gestanden hatte. Er verriet seiner Mutter nicht, wohin er anschließend gehen wollte. Es war ein Jammer, daß er sich in seiner zweitbesten Kleidung würde vorstellen müssen, aber vielleicht brauchte er den Kittel in diesem heißen Sommerwetter nicht anzuziehen. In Hemd und Hose sahen die meisten Männer gleich aus, vorausgesetzt, das Hemd war aus gutem Leinen und ordentlich gewaschen.
An der seichten, sandigen Stelle beim Garten war der Fluß nicht sonderlich kalt, doch blieb er nach seiner üppigen Mahlzeit nicht lange drinnen und vermied es, in tieferes Wasser hinauszuschwimmen.
Aber es war ein gutes Gefühl, wieder er selbst zu sein, gereinigt nicht nur körperlich, sondern sogar von der Erinnerung an sein Versagen und seine Niederlage. Unter der Böschung gab es eine stille Gumpe, wo das Wasser einer leichten Gegenströmung kreiste und wo die ruhige Oberfläche ihm ein klares Spiegelbild seines Gesichts und des struppigen rotbraunen Haares zeigte, das er mit den Fingern kämmte und glättete. Er kleidete sich so sorgsam an, wie er sich rasiert hatte, und ging zurück zur Brücke und hinüber zum Kloster. Die Sorgen der Stadt, die ihn das letzte Mal, als er diesen Weg gegangen war, beschäftigt hatten, vergaß er jetzt. Er hatte auf der Klosterseite des Severn andere, wichtigere Geschäfte zu besorgen.
»Da ist jemand«, sagte Constance, die mit einem diskreten kleinen Lächeln auf den Lippen vom Hof hereinkam, »der mit Fräulein Vernold sprechen möchte. Ein junger Mann, der keine schlechte Figur macht, wenn er auch noch ein wenig hölzern ist. Er fragte sehr höflich.«
Bei der Erwähnung eines jungen Mannes blickte Emma rasch auf.
Inzwischen hatte sie sich mit den unheilvollen Ereignissen, die sie schließlich nicht verursacht
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