Der Aufstand Der Ungenießbaren
Kampf geweckt. ER WEISS, dass das die Krieger von Hadum Jakub-Pascha sind und dass sie in der Kozja Draga einen Hinterhalt aufgebaut haben, während ihre Waffenbrüder fortgeritten sind, um das Heer von Banus Deren ˇ cin in die tödliche Falle zu locken.
Ich könnte mich, so denkt er, ins Auto setzen und zum Lager von Deren ˇ cin auf dem Krbava-Feld fahren und ihm sagen, was ihn erwartet, aber ich will es nicht. Sein Problem. Die Türken sollen ihn ruhig zermalmen, wenn er schon so dumm ist. Und wie könnte ich es mir auch anmaßen, in die Geschichte einzugreifen?
Und dann kriecht er aus dem Schlafsack, facht das Feuer wieder an, stellt den Blechnapf in die Glut und kocht sich einen Kaffee. Er dreht sich eine Zigarette, setzt sich im Schneidersitz ans Feuer, raucht, trinkt Kaffee und lauscht den Kampfgeräuschen.
Er erblickte Joki ć , wie er gebeugt über die steile Steinplatte zu dem Bergkamm oberhalb der Hütte lief.
Ich hätte gestern nicht so wütend werden sollen, dachte er, ich hätte die Nerven behalten müssen. Zumindest hat er mir doch offen gesagt, was er denkt, und das ist heute eine Seltenheit. Schließlich hat er in einer Hinsicht Recht: Jeder von uns lebt in seiner eigenen Welt, und jeder versucht ununterbrochen, sie zu verbessern. Aber auf eine ganz blöde Art ergibt es sich immer wieder so, dass die Menschen bei ihrem Bestreben, die Welt besser zu machen, alles nur verbaseln – es wäre viel klüger, gar nichts mehr verbessern zu wollen.
Lebst du jetzt besser als früher?, hatte ihn neulich ein ehemaliger Mitkämpfer gefragt, den er in Zagreb getroffen hatte.
Von wegen, mir geht es schlechter.
Mir auch.
Und wozu war dann dieser ganze Schlamassel nötig?
Auf dem Kamm angekommen, drehte sich Joki ć zur Wiese. Vida stand auf und machte einen Schritt aus dem Schatten der Platane. Joki ć winkte ihn zu sich.
Er kletterte vorsichtig auf die rissige Steinplatte, die von Kies übersät war, er stützte sich auf einen Stock und achtete darauf, nicht zu stark auf das verletzte Bein zu treten. Als er oben war, erblickte er eine grasüberzogene Senke, auf der Büsche und Steinblöcke und ein nackter nach Südosten weisender Felsen standen. Er war zerfurcht wie ein Drachenrücken. Joki ć wartete auf ihn neben einem verkrüppelten Holunderbusch.
Wie geht’s deinem Fuß?, fragte er.
Ich laufe, sagte Vida. Übrigens, es tut mir leid, dass ich mich gestern so danebenbenommen habe.
Ach, du hast noch Zeit, Joki ć versuchte gar nicht, die Ironie zu verbergen, du bist jung, du wirst es schon noch lernen. Und dann wies er mit dem Kopf auf den Busch: Man hat uns gelehrt, dass eine gefleckte Schlange ein Wesen der Finsternis ist, dass sie schuldig ist an all dem Bösen, das uns widerfährt.
Auf einem Zweig sonnte sich eine Hornviper. Sie wäre farblich vollständig mit dem Ast verschmolzen, wäre
da nicht der schwarze, gebrochene, rhomboide Strei-
fen auf ihrem Rücken gewesen, der warnte: Halte dich fern!
Sie ist groß, sagte Vida. Warum ist die Schwanzspitze rot?
Ich glaube, das ist ein Weibchen, sagte Joki ć . Warum ihr Schwanz rot ist? Einfach so, ohne besonderen Grund. Er ist einfach rot. Bei einigen ist er braun. Schau mal, die Beulen an ihrem Körper, sie scheint trächtig zu sein. Oder sie hat gerade etwas gefressen.
Vida betrachtete die Schlange. Er konnte seinen Blick nicht von ihren rostfarbenen Augen mit dem senkrechten Schlitz in der Pupille wenden.
Als wir Kinder waren, haben wir sie getötet, sagte Joki ć . Sobald ich eine gefunden habe, schnappte ich mir ohne zu zögern einen Stein und habe ihn auf sie geschmissen. Ich habe so viele Vipern getötet, dass ich sie gar nicht mehr zählen konnte. Aber es kamen immer neue.
Glaubst du, dass es mit den Menschen anders ist?, fragte Vida.
Es ist das Gleiche, antwortete Joki ć .
Tötest du sie immer noch?
Die Menschen oder die Vipern?, Joki ć sah ihn listig an.
Die Vipern.
Nein, ich lebe in Frieden mit ihnen. Aber genug von den Schlangen, komm mit, ich will dir etwas zeigen.
Sie liefen um die Steinblöcke und die Büsche herum und kamen auf eine grüne Ebene, nicht größer als ein Vorortgarten, auf der ein kegelförmiger Haufen lag. Vida dachte zunächst, dass es sich um getrocknete Zweige handelte, die von der Sonne und dem Wind gebleicht waren. Aber dannn erkannte er in diesem Haufen Tierschädel.
Was ist das denn?! Er wich einen Schritt zurück.
Meine Herde, sagte Joki ć ruhig.
Mensch, sagte Vida, warum hast du sie so
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