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Der Aufstand

Der Aufstand

Titel: Der Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean McCabe
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mich nur ein x-beliebiger Vampir. Dann erledige ich dich wie all die anderen, so wahr mir Gott helfe.»
    «Gib mir den Behälter, Joel. Mach keinen Quatsch.»
    «Einen Schritt näher, und ich öffne den Deckel. Ich schwöre es dir.»
    «Das würdest du mir antun?», fragte sie leise. «Nach allem, was zwischen uns gewesen ist?»
    «Was zwischen uns gewesen ist, war obszön», hörte er sich sagen.
    Polizeisirenen durchdrangen die Nachtluft, zunächst noch aus größerer Entfernung, dann aber immer lauter. Joel blickte über den Kanal und sah im Nebel Lichter aufblitzen. Die Bugwelle des Polizeiboots hob sich weißlich vor dem dunklen Wasser ab.
    Als er sich wieder zu Alex umdrehte, war sie verschwunden.
    Er drückte den Behälter fest an seine Brust und rannte los.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 64
    F alls auf dem nächtlichen Rückflug aus Venedig Vampire an Bord waren, so hatten sie keine Ahnung, was der stille Passagier in der feuchten, zerknitterten Kleidung, der allein im hinteren Bereich des Flugzeugs saß, in dem kleinen Metallbehälter transportierte, der sein ganzes Gepäck darzustellen schien.
    Joel starrte wie benommen aus dem Fenster in den dunklen Himmel und sah dabei die Widerspiegelung seines blassen, geschwollenen und gequält wirkenden Gesichts. Die anderen Passagiere registrierte er nicht einmal, auch nicht das kleine Mädchen, das andauernd auf ihn zeigte und seine Mutter wieder und wieder fragte, was denn mit dem Mann geschehen sei. Er reagierte auch kaum auf die fröhlichen Stewardessen, die ihm etwas zu essen und zu trinken anboten. Er spürte nicht einmal den Schmerz, der von seiner aufgeplatzten Lippe oder der violetten Schwellung um seinen linken Wangenknochen ausging. Er saß so reglos, fast katatonisch da, dass kein außenstehender Beobachter auch nur die kleinste Zuckung in seinem Gesicht hätte erkennen können. In seinem Innern aber wirbelten Gefühle und Gedanken durcheinander, während er sich mit dem auseinandersetzte, was er nun zu tun hatte. Widersprüchliche Emotionen überfluteten ihn wie heftige Fieberstöße; im einen Augenblick sah er dem Kampf, der ihm bevorstand, noch voll freudiger Erregung entgegen, doch schon im nächsten packte ihn beim Gedanken an seine Aufgabe das bloße Grauen so heftig, dass er am liebsten ohne einen Blick zurück vor all dem davongelaufen wäre.
    Doch er wusste, dass er längst schon keine Wahl mehr hatte. Er war jetzt der Träger des Kreuzes und konnte nur noch einen Weg beschreiten, gleichgültig, was da auf ihn zukommen mochte.
    Zu zittern begann er erst nach der Landung, als er verzweifelt versuchte, den Autoschlüssel ins Zündschloss seines Mietwagens zu fummeln, und drei Versuche brauchte, bis der Motor endlich ansprang. Er lehnte sich an die Kopfstütze, schloss die Augen und atmete dreimal tief durch.
    Also gut, Solomon, an die Arbeit.
    Die sternenlose Nacht bedrückte ihn beim Fahren. Er hielt an einer Raststätte, wo er sich eine Plastiktaschenlampe kaufte. Vergeblich versuchte er die ganze Fahrt über, an gar nichts zu denken.
    Dann, um Schlag elf Uhr nachts, schwenkten seine Scheinwerfer über das hohe Eisentor von Crowmoor Hall. Er legte den Leerlauf ein und ließ den Motor laufen, während er nach links griff und seine zitternde Hand auf den Metallbehälter auf dem Beifahrersitz legte. Er öffnete die Verschlüsse und klappte den Deckel auf. Im schwachen Schein der Armaturenbrettbeleuchtung verbreitete das Kreuz einen matten Glanz. Er nahm es behutsam aus der Schaumstoffpolsterung und hielt es fest in beiden Händen.
Das ist das Ende für euch Scheißkerle
, dachte er. Und das sollte längst nicht alles sein. Er wollte sich ganz wie sein Großvater der Aufgabe widmen, so viele dieser Monster zu erledigen, wie er nur konnte. War auch der Politiker Jeremy Lonsdale einer von ihnen? Dann war auch seine Zeit bald abgelaufen.
    Und dann war da noch Alex.
    Er saß da, starrte auf das Kreuz und stellte sich ihr Gesicht vor. Gefährliche Gedanken gingen ihm durch den Kopf, doch er schüttelte sie ab. Er musste jetzt stark sein und stark bleiben.
    Es war windig, und immer wieder wurden Blätter gegen den Wagen gepeitscht. Das Tor von Crowmoor Hall stand in der Dunkelheit offen. Er schluckte schwer, öffnete die Autotür und trat mit dem Kreuz in der Rechten und seiner neuen Taschenlampe in der Linken in die kalte Nacht hinaus. Er murmelte das erste Gebet seit Jahren und machte sich auf den Weg über den knirschenden Kies der Einfahrt. Bei

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