Der Aufstand
wieder wirkte der Sicherheitstyp reichlich nervös. Doch was auch immer er zu stammeln versuchte – er brachte es nicht zu Ende, weil die Frau ihn nur kurz verächtlich anstarrte, bevor sie eine Pistole zog und ihm mitten in der Menge zwischen die Augen schoss.
«War wohl nicht sein Tag», meinte Alex und drehte sich zu Greg um. «Ich fürchte, wir kriegen Gesellschaft.»
Unter ihnen brach in der Partygesellschaft das totale Chaos aus. Die Menge stob auseinander wie ein Schwarm kleiner Fische. Das lebhafte Summen von Gesprächen und Gelächter wich urplötzlich panischen Schreien. Die Schwarzhaarige stand derweil seelenruhig über dem Leichnam des Mannes vom Sicherheitsdienst. Nach dem Schuss aus kürzester Entfernung waren ihr Blut und Gehirnmasse des Sterbenden ins Gesicht gespritzt. Sie wischte sich mit einem Finger über die rote Flüssigkeit auf ihrer Wange und lutschte ihn ab. Ihr eiskalter Blick richtete sich nach oben, Alex direkt in die Augen. Sie zeigte auf sie und sagte etwas zu dem großen Mann. Er grinste. Dann hoben alle vier ihre Waffen und eröffneten das Feuer.
Die Glasscheiben der Gondel zerbarsten, und die Insassen schrien entsetzt auf. Ein Mann griff sich an den Arm, und kurz darauf quoll zwischen seinen Fingern Blut hervor. Eine Frau kreischte hysterisch und griff sich an ihr zerfetztes Ohrläppchen.
«Wir müssen höher rauf», meinte Alex. Sie schob die Menschen beiseite und zog sich durch das zerborstene Dach hoch.
Greg folgte ihr. Eine weitere Salve von Schüssen durchschlug die Gondel. Die Menschen drängten sich stöhnend und schreiend am Boden zusammen.
Alex und Greg standen auf dem Dach der Gondel, umgeben vom weißen stählernen Gitterwerk der Streben, die die Arme des gewaltigen Rads mit seiner Achse verbanden. Das Metall war feucht vom Nebel und entsprechend rutschig. Falls Alex überhaupt einen Plan hatte, denn lediglich, den Abstand zu ihren Feinden zu vergrößern, bis den vier Vampiren irgendwann die Munition ausging. Bei einer Nosferol-Kugel war es schon beim geringsten Kratzer vorbei.
Der Wind dröhnte ihnen in den Ohren, als sie sich von einer Strebe zur nächsten hochzogen wie zwei winzige Spinnen in einem gigantischen stählernen Netz. Ein Blick nach unten zeigte Alex, dass sie bereits hoch über der zerschossenen Gondel waren. Greg hatte sich seine eigene Strecke nach oben ausgesucht, drei Meter unter ihr und ein bisschen weiter rechts. Der Fluss war wie ein schwarzer Spiegel, in dem bunte Lichter glitzerten. Die Stadtlandschaft erstreckte sich, so weit das Auge reichte. Sie befanden sich in schwindelerregender Höhe, doch das störte Alex am allerwenigsten.
Sie wusste, dass sie einen schweren Fehler begangen hatte. Die vier Vampire hatten sich aufgeteilt und kletterten von zwei Seiten auf sie zu. Es gab kein Entkommen. Die dunkelhaarige Frau war als Erste bei Alex und trat ihr lächelnd über den Tragarm entgegen. «Haben Sie ein bestimmtes Ziel?», schnurrte sie und lächelte düster.
«Ach, ich komme öfter hier rauf», entgegnete Alex.
«Sie sind Alex Bishop, nicht wahr? Ich habe schon von Ihnen gehört, aber Sie kennen mich noch nicht. Ich bin Lillith. Ich dachte, Sie wollten vielleicht wissen, wer Sie gleich vernichtet.» Mit einer geschmeidigen Bewegung zog sie die Pistole aus ihrem Gürtel und richtete sie auf Alex’ Gesicht. Sie ließ sich dabei viel Zeit, als wollte sie den Augenblick bewusst in die Länge ziehen.
Der Windstoß kam für sie überraschend. Ihr Fuß rutschte auf dem glänzenden, nassen Stahlrohr ab, und sie verlor das Gleichgewicht. Als sie nach einer Strebe griff, fiel ihr die Pistole aus der Hand. Klirrend prallte sie auf dem Weg nach unten mehrmals von Teilen der Verstrebung ab.
«Schlau gemacht», spottete Alex.
Lillith errötete, fasste sich aber schnell wieder. «Wer braucht schon eine Kanone? So macht es doch viel mehr Spaß.» Sie packte den Griff des Schwerts an ihrer Hüfte, zog mit einem stählern schleifenden Geräusch die Klinge heraus und stürzte sich auf Alex.
Die duckte sich blitzschnell weg und verpasste ihrer Gegnerin einen Haken ins Gesicht, der jeden Menschen sofort ausgeknockt hätte. Vampire waren allerdings ein wenig härter im Nehmen. Lillith war sofort wieder auf den Beinen und ging mit gezücktem Schwert in die Offensive. Erneut zischte das Schwert von der Seite auf Alex zu – so schnell, dass ein Mensch den Tod nicht einmal hätte kommen sehen.
Nur ein Vampir kann einen Vampir wirklich vernichten
,
Weitere Kostenlose Bücher