Der Aufstand
muss ich verreisen. Ostwärts», antwortete Stone. «Zu
ihnen
.»
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Kapitel 35
G reg öffnete die Augen, bereit, aufzuspringen und sich gegen seinen Gegner zur Wehr zu setzen. Doch dann merkte er, dass etwas anders war. Er lag nicht mehr auf dem kalten Steinboden der Kammer unter dem Haus, sondern auf feuchtem Gras.
Blinzelnd hob er den Kopf, um herauszufinden, wo er war. Eine kühle Brise strich über seine nasse Wange. Als er sich mühsam in die Hocke begab, stieß sein Kopf an etwas Hartes. Er griff tastend nach oben und traf auf massives Metall. Dann ließ er die Hand nach unten gleiten und spürte die Gitterstäbe unweit seines Gesichts, kalt und nass vom Tau.
Er war in einem Käfig. Um ihn herum raschelte das hohe Gras sanft im Wind. Der Chor der Vögel in den Bäumen kündigte die Morgendämmerung an.
Er packte die Gitterstäbe und versuchte, sie auseinanderzubiegen, doch sie gaben keinen Millimeter nach.
Dann bemerkte er den Gegenstand jenseits der Gitterstäbe. Das kompakte Notebook summte leise im Gras vor sich hin; sein Monitor war in seine Richtung aufgeklappt, das starre schwarze Auge einer Webcam genau auf seinen Käfig gerichtet.
Der Bildschirm war dunkel – mit Ausnahme eines schemenhaften Gesichts in der Mitte, das Greg aufmerksam beobachtete. Es war Stone. Greg starrte zu ihm zurück und sah, wie der Vampir lächelte.
«Guten Morgen, Greg. Oder sollte ich besser
gute Nacht
sagen? Ich musste lange wach bleiben, um mir das anzusehen. Normalerweise wäre ich längst im Bett.»
Greg riss seinen Blick vom Monitor los. Der rötliche Schein der Morgendämmerung breitete sich über den Wipfeln der Bäume aus. Greg versuchte, etwas zu sagen, brachte aber keinen Laut heraus.
«Wie Sie sehen, stecken Sie ganz schön in der Klemme», sagte Stone mit noch breiterem Lächeln. «Wissen Sie noch, wie ich Ihnen erklärt habe, Sie würden eine Nachricht für mich überbringen? Genau das werden Sie jetzt tun.» Er hielt inne, und auf dem Bildschirm erschien seine Hand mit einem dünnen Gegenstand, den Greg sofort erkannte. Es war das Röhrchen mit seinen Solazal-Tabletten, das sie ihm in der Nacht zuvor abgenommen hatten.
«Ich weiß, was Sie jetzt denken, Greg», sagte Stone. «Sie fragen sich ‹Habe ich mein Solazal genommen?›» Er schüttelte das Röhrchen. «Meine Güte, noch so viele Pillen übrig. Sie haben es wohl vergessen, was? Die Zeit wird es ja zeigen. Und ich fürchte, Ihnen bleibt nicht mehr viel.»
Greg begann zu zittern. Alex’ Warnung ging ihm durch den Kopf, als ihm klar wurde, dass Stone recht hatte.
Greg schaute hinauf zum roten Schein des Himmels, als gerade der erste golden glitzernde Rand der Sonne über die Wipfel spitzte. Er zuckte vor dem Sonnenlicht zurück, doch da war ihm bereits der schreckliche Schmerz durch die Augen gefahren. Wie Speere drangen die ersten Sonnenstrahlen durch die Gitterstäbe seines Käfigs. Einer fiel auf seine Hand, und auf der Stelle begann seine Haut zu zischen und Brandblasen zu werfen. Mit einem schrillen Schrei zog er die Hand weg.
«Sieht so aus, als hätten Sie’s vergessen», lachte Stone. «Das wird bestimmt ausgesprochen unterhaltsam.»
Vor der immer höher steigenden Sonne gab es für Greg kein Entrinnen. Selbst zusammengerollt und mit den Armen vor dem Gesicht spürte er ihren gleißenden Schein. Er roch den Rauch, der von seiner Kleidung und seinem Haar aufzusteigen begann, und den beißenden Gestank verbrennenden Fleisches. Und er sah, wie seine Hände schwarz wurden und sich bogen wie angesengtes Papier.
Er war Soldat. Wenn er schon sterben musste, dann wollte er dabei wenigstens dem Feind in die Augen schauen. Er wandte sich dem Bildschirm zu.
«Sei verdammt, Stone», schrie er.
«Verdammt war ich schon Jahrtausende vor deiner Geburt», erwiderte der. «Aber so dämlich wie du war ich nicht.»
Greg schrie auf, als er in Flammen aufging. Er spürte, wie sein Fleisch vertrocknete und zu Asche zerfiel.
Das Letzte, was er sah, war Stones lachendes Gesicht.
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Kapitel 36
Lavender Close, Wallingford
Am nächsten Morgen, 8.03 Uhr
S
ie
schon wieder», stöhnte Gillian Hawthorne auf, als sie am anderen Ende der Telefonleitung die Stimme des Detective Inspector erkannte.
«Entschuldigen Sie bitte, dass ich so früh anrufe, Mrs. Hawthorne.» Joel klang so erschöpft, als habe er die ganze Nacht kein Auge zugetan. «Ich wollte mich nur nach Kate erkundigen.»
«Kate geht’s gut.
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