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Der Aufstand

Der Aufstand

Titel: Der Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean McCabe
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vorgefunden.
    Beim Gedanken an ihren Bruder stieg in Lillith Wut auf. Einst war er ein Krieger gewesen wie sie. Kein Vampir war so kühn, so wild und so wunderbar grausam und impulsiv gewesen. In letzter Zeit aber hatte er sich verändert. Sie hatte seine vorsichtige, diplomatische Art satt und war frustriert von seinem endlosen Politisieren.
    «Habe ich das gut gemacht, Madam?», fragte Finch mit vor Angst brüchiger Stimme. «Ich habe, so gut ich konnte, Mr. Stones Wünschen entsprechend gehandelt.»
    «Das hast du sogar ganz hervorragend gemacht, Seymour. Gabriel wird darüber ebenso hocherfreut sein wie ich.»
    Finch verbeugte sich tief vor Erleichterung. «Vielen Dank, Madam.»
    «Und jetzt zum nächsten Teil deiner Aufgabe», fuhr sie fort. «Nun, da wir wissen, wer der Mensch ist, wirst du ihm einen Besuch abstatten. Falls er irgendetwas hat, das auf das Kreuz hindeutet, dann beschaffe es. Und danach schlachtest du ihn ab.»
    «Aber Madam, ich dachte, Mr. Stone hätte gesagt, wir sollten ihn nicht töten –»
    «Ich habe erst vor wenigen Minuten mit Gabriel gesprochen», log sie. «Er hat seine Pläne geändert. Wir wollen, dass der Mensch stirbt. Hast du mich verstanden?»
    Finch nickte. «Absolut.»
    «Wir werden deine Loyalität zu schätzen wissen», sagte sie.
    «Falls ich das erwähnen darf», stammelte Finch, «ich hoffe schon länger –»
    «In unseren Kreis aufgenommen zu werden? Einer von uns zu werden?»
    «Das wäre mein Herzenswunsch», erklärte Finch mit zittriger Stimme.
    Lillith wusste, dass Gabriel sich nie darauf einlassen würde. Finch war als Ghul viel zu nützlich für sie. Nicht ganz Vampir, aber auch nicht ganz Mensch. Ghule bewegten sich in einer Schattenwelt irgendwo dazwischen.
    «Wenn Sie das für uns tun», sagte sie, «bin ich ganz sicher, dass mein Bruder sich dankbar zeigen wird. Bis dahin, Seymour, hier ein Zeichen unserer Wertschätzung.» Sie reichte ihm das Bündel, das sie in den Armen gehalten hatte. Finch nahm es und begutachtete es mit leuchtenden Augen, als es sich wimmernd in seinen Händen bewegte.
    «Sein Besitzer hat es unbeaufsichtigt gelassen», erklärte sie.
    Finch blickte voller Dankbarkeit zu ihr hoch. «Für mich?»
    «Genieß es», lächelte sie.
    «Inspector Solomon ist so gut wie tot», erklärte Finch.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 46
    D ec hatte sich im Bett verkrochen, die Decke über den Kopf gezogen. Er fragte sich, ob er wohl auf diese Weise erreichen konnte, dass er erstickte.
    Er hoffte es jedenfalls.
    Er konnte nichts dagegen tun, dass sich die Szenen, die er an diesem Tag gesehen hatte, wieder und wieder in seinem Kopf abspielten. Die Sanitäter, die die Bahre auf die Straße rollten. Kates regloser Körper unter einem weißen Tuch. Ihre Mutter, vollkommen hysterisch vor Schmerz. Und dann auch noch die verdammten gaffenden Nachbarn, die Hälfte davon mit Handys in der Hand, um ihren abwesenden Familienmitgliedern per SMS den neuesten Klatsch zukommen zu lassen, der sie noch tage- und wochenlang auf morbide Weise unterhalten würde. Er hätte ihnen am liebsten ins Gesicht geschlagen.
    Er hatte zugesehen, wie die Bahre hinten im Krankenwagen verstaut worden war.
    Und sie hatte sich noch immer nicht bewegt.
    Dann hatten sie die Türen geschlossen und waren weggefahren. Mit tränenüberströmtem Gesicht war er zurück ins Haus gerannt und hatte sich auf sein Bett geworfen. Er wollte nie wieder hinaus. Das war das Ende von allem.
    Und alles war nur seine Schuld. Hätte er bloß nicht versucht, mit diesen verdammten Ecstasy-Pillen den Mann von Welt zu spielen! Hätte er sich einfach nur so gegeben, wie er war, als der ganz normale Dec Maddon, wäre Kate noch am Leben.
    Er hatte sich den ganzen Tag schluchzend im Bett hin und her gewälzt und nur ab und zu ein paar Minuten unruhigen Schlafes ergattert, kurze Atempausen von seiner Tortur.
    Trotz seines Schmerzes waren die Geräusche der Straße zu ihm gedrungen, von ankommenden und wegfahrenden Autos und von Stimmen. Kurz nach fünf hatte er das vertraute Motorgeräusch des Renault Clio seiner Mutter gehört, als diese von der Arbeit zurückgekommen war. Mrs. Jackson von Haus Nummer zwanzig hatte ihr ein «Haben Sie’s schon gehört?» zugerufen. Der Entsetzensschrei seiner Mutter, als sie es erfuhr, und dann eine lange Unterhaltung, aber so leise, dass Dec nichts hatte verstehen können. Er war wieder in seine Erstarrung versunken und hatte nicht einmal reagiert, als seine Mum fünf Minuten

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