Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Aufstand

Der Aufstand

Titel: Der Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean McCabe
Vom Netzwerk:
Wänden zeugten von der Desillusioniertheit ihrer Schöpfer.
Scheiß Staat. Scheiß Bullen. Scheiß alles.
    Jemand hatte sich am Schloss von Paulies Wohnungstür zu schaffen gemacht. Der gesamte Schließzylinder war von außen durch das Holz gestoßen worden und lag nun zwischen den Splittern auf dem abgenutzten Linoleum im Flur.
    «Überraschung, Überraschung», murmelte Alex vor sich hin, als ihr ein Gestank in die Nase stieg, der die Gerüche nach altem Schweiß und Alkohol noch überlagerte. Auch wenn für einen Vampir der Duft des Blutes lebender Menschen verlockender war als alles andere auf der Welt, empfanden sie den Geruch toten Blutes als den widerlichsten Gestank schlechthin, und sie konnten ihn schon von weitem wahrnehmen. In diesem Fall kam er hinter einer Tür hervor, und sie wusste bereits, was sie vorfinden würde, bevor sie die Wohnung betrat.
    Das Einzige, was noch entfernt an Paulie Lomax’ menschliche Gestalt erinnerte, war die vierfingrige rechte Hand, die gekrümmt auf dem Boden lag. Sie war grob vom Handgelenk abgetrennt worden und sah aus wie eine verstümmelte Spinne, die bei dem Versuch, sich in Sicherheit zu schleppen, verendet war.
    Der Rest von ihm war über die Wand, das Bett und den abgenutzten Teppich verschmiert. Ein unidentifizierbares Stück Fleisch hatte seinen Weg zur Decke gefunden, wo es am Lampenschirm hängen geblieben war. Neben dem gedämpften Pochen von Rapmusik aus einer Nachbarwohnung war das einzige Geräusch im Zimmer das leise
plop … plop … plop
des Blutes, das von dort oben auf den Boden tropfte.
    «Immer fleißig, dieser Stone», sagte Alex laut vor sich hin, als sie wieder auf die Straße hinausging.
     
    Crowmoor Hall
    21.56  Uhr
    D ie Wolken waren aufgerissen, und der Vollmond ließ den herbstlichen Raureif auf dem Rasen des stattlichen Herrenhauses glitzern. Dec schlich auf Zehenspitzen über das Anwesen und blickte sich dabei immer wieder verstohlen um. Sein vom Adrenalin angefachter Rachedurst, der ihn während der Fahrt von Wallingford nach Henley angetrieben hatte, verflüchtigte sich rapide und machte nackter Panik Platz. Das Zittern in seinen Händen wurde immer schlimmer. Schon überkam ihn das Gefühl, überstürzt gehandelt zu haben. Er war ein Dummkopf; er hätte Joel Solomon anrufen sollen, statt sich allein hier herauszuwagen.
    Die dürren, gekrümmten Finger der Bäume schienen wie Klauen nach ihm zu greifen, und Wesen, die nicht in diese Welt gehörten, würden nun hellwach sein und womöglich sogar hinter den Bäumen oder den dunklen Fenstern des alten Hauses zu ihm herüberschauen.
    Zu spät. Jetzt bist du hier.
    Er erschauderte am ganzen Körper, als er ein Rascheln hörte, das sich durch das Blattwerk auf ihn zubewegte. Er rannte unwillkürlich los durch das abgefallene Laub und knackende Zweige. Plötzlich blieb er mit dem Fuß an etwas hängen und stürzte zu Boden. Sofort war er wieder auf den Beinen und kampfbereit – und sah den Dachs, den er aufgeschreckt hatte und der gerade im Gebüsch verschwand.
    Dec rappelte sich auf. Er kam sich reichlich albern vor, als er erneut auf das Herrenhaus zuschlich. Die offene Rasenfläche zur Hauswand überquerte er, so schnell er konnte, ohne zu viel Lärm zu verursachen, und drückte sich mit dem Rücken fest gegen das raue Mauerwerk. Dann tastete er sich ängstlich an der Wand entlang, während er den Schrecken, der ihn im Innern des Hauses erwartete, zu verdrängen versuchte.
    Urplötzlich wurde wenige Meter vor ihm eine Seitentür aufgerissen, und Dec wäre vor Schrecken fast zusammengebrochen, als eine hagere, kahlköpfige Gestalt heraustrat. Das war’s dann wohl, dachte er; jetzt hatten sie ihn. Er stand im Freien und wusste nicht, wo er sich hätte verstecken oder wo er hätte hinlaufen können. Sie mussten hinter den verdunkelten Fenstern gestanden und sein Kommen beobachtet haben. Sein Puls begann zu rasen, und der Druck auf seinen Brustkorb war so heftig, dass es sich anfühlte, als würden gleich seine Rippen brechen.
    Doch nichts geschah. Als Finch stehen blieb und in den Garten hinausschaute, wurde Dec klar, dass der Mann ihn gar nicht bemerkt hatte. Finch schloss leise die Seitentür hinter sich und entfernte sich vom Haus.
    Dec schluckte und kämpfte gegen das Zittern in seinen Knien an. Er löste sich von der Wand und folgte Finch. Seine Hand ging an seinen Gürtel, und seine Finger schlossen sich um das kalte, beruhigend massive Metall des Kruzifixes. Als der Mondschein von

Weitere Kostenlose Bücher