Der Aufstand
seiner Hand anstarrte. Er blinzelte sie weg.
Ansonsten lag in der Schublade nur noch ein altes Notizbuch. Joel legte die Waffe weg und blätterte es durch. Obwohl es von der Feuchtigkeit stark beschädigt und halb von Mäusen zernagt war, erkannte er auf den modrigen Seiten sofort die Handschrift seines Großvaters. Schnell steckte er es in seine Gesäßtasche, bevor er noch eine Handvoll Bücher und Papiere aufhob. Auf halbem Weg zur Tür kehrte er um und nahm auch den alten Revolver mit. Er schob ihn hinten in seine Jeans. Vielleicht kam ja auch für ihn irgendwann die Zeit, und nun wusste er zumindest, was er dann tun würde.
Unten war das Feuer heruntergebrannt. Joel zertrümmerte einen morschen Stuhl und fachte es neu an. Dann setzte er sich auf den Teppich vor dem Kamin und sah in der nächsten Stunde all die Sachen durch, die er gefunden hatte.
Die Bücher handelten größtenteils von Hexerei, Druidentum, heidnischen Ritualen oder der Frühzeit des Christentums. Sein Großvater hatte hier und da Passagen unterstrichen oder Randbemerkungen eingefügt. Darüber hinaus gab es noch ein rumänisches Wörterbuch mit Grammatik aus dem Jahr 1807 und einen zerschlissenen Band über alte slawische Sprachen.
Aber was Joel am meisten interessierte, war natürlich das Tagebuch des Großvaters. Allerdings befand es sich in verheerendem Zustand. Die Hälfte der Seiten klebte aneinander und war so brüchig wie die Flügel von Motten; sie zerfielen bereits in Stücke, wenn er versuchte, sie voneinander zu trennen. Der Rest war durch Nager und Schimmel so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass große Teile unleserlich geworden waren.
Und dennoch begriff er sofort, dass er etwas unbezahlbar Kostbares gefunden hatte.
Er hatte keine Ahnung gehabt, wie sehr sich sein Großvater in diese Materie vertieft oder welch großen Teil seines Lebens er diesem Thema gewidmet hatte. Das Kondensat aus dreißig Jahren Forschungsarbeit lag vor ihm, von der Nachkriegszeit bis zu seinem Rückzug hierher ins Hochland. Die Seiten – halb Tagebuch, halb Notizen – waren eng beschrieben, und selbst ohne die Schäden am Papier hätte es große Mühe gekostet, die winzige Handschrift zu entziffern. Das Buch erzählte von Reisen, die der alte Mann lange vor Joels Geburt unternommen und von denen Joel nie gehört hatte – Besuche in Bibliotheken in Bukarest, Prag, Moskau, Jerusalem, Delhi und anderen Orten, die Joel nicht identifizieren konnte.
Mehrere Seiten waren mit einer Reihe detaillierter Skizzen in Bleistift und Tinte gefüllt, von denen einige so gut wie vollständig verblasst waren. Dargestellt war immer dasselbe: ein grobgearbeitetes steinernes Kreuz.
«Das Kreuz von Ardaich», murmelte Joel vor sich hin. Das war es also.
Auf einigen Zeichnungen schien das Artefakt aus glattem Stein zu bestehen, während auf anderen seltsame Gravuren zu erkennen waren – Runen oder Buchstaben eines alten Alphabets. Gemeinsam aber hatten alle das keltische Grundmuster, denn der Kreuzungspunkt der beiden Balken war zugleich Mittelpunkt eines Kreises, sodass es an das Fadenkreuz eines Zielfernrohrs erinnerte. Auf einer der Zeichnungen war neben dem Kreuz als Größenvergleich eine menschliche Hand abgebildet. Es konnte somit nicht allzu groß sein; Joel schätzte es auf allenfalls dreißig Zentimeter.
Mit zittrigen Fingern blätterte Joel eine weitere Seite um. Unter einer Überschrift, die er nur mit Mühe als «Herkunft des Kreuzes» entziffern konnte, hatte sein Großvater anscheinend aus den zahlreichen Quellen, die er im Lauf der Jahrzehnte durchforstet hatte, die Geschichte des seltsamen Artefakts zusammengestellt.
Joel nahm seinen Rucksack und holte seine Straßenkarte und einen Kugelschreiber heraus. Auf die Rückseite der Karte kopierte er die Teilstücke des Textes, die er noch lesen konnte.
HERKUNFT DES KREUZES
…
5 . Jahrhundert … Ringan (N??) reist nach Schottland im Auftrag von … Auf seiner langen Reise begegnet er einem heiligen …
… gibt Ringan einen schweren Sack. In diesem ist ein Steinbrocken, etwas größer als ein Menschenkopf. Er erklärt Ringan, es handle sich dabei um einen Talisman, der Schutz vor den Dearg-dhu biete.
…
In Schottland baut Ringan seine Kirche. Er will den seltsamen Stein in die Wand einmauern, als er Besuch erhält …
…
… Ort wird von einer Kreatur heimgesucht, die die Bewohner Baobhan sith nennen. Er benutzt den Stein, um …
Als er erkennt, welche Macht dem Stein
Weitere Kostenlose Bücher