Der Auftrag: Thriller (German Edition)

»Die Aufnahme des Heimatschutzministeriums vom Lafayette Park. Der Zeitstempel beweist, dass es drei Wochen vor der Bombenexplosion war.«
    »Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich die Aufzeichnung des DHS anzusehen?«, wollte Chapman wissen.
    »Wir vom FBI schauen uns alles an«, erwiderte Ashburn selbstzufrieden, um in bescheidenerem Tonfall hinzuzufügen: »Und im Grunde war alles andere eine Niete. Also haben wir uns das hier vorgenommen, und da gibt es etwas wirklich Interessantes.«
    Sie drückte auf die Abspieltaste.
    Stone hatte das Gefühl, als stünde er nur wenige Schritte vom Park entfernt; das Bild war kristallklar, jeder Pixel scharf und lebendig. Er beugte sich vor, als eine Frau ins Blickfeld humpelte. Sie trug mehrere Schichten schmutzige, zerlumpte Kleidung. Gesicht und Hände waren mit dem Dreck einer Obdachlosen verkrustet, die auf der Straße lebte. Ihr Haar war eine verfilzte, wirre Lockenmasse, die bis weit über den Hals hing.
    »Eine Nichtsesshafte«, bemerkte Chapman.
    »Ja, obdachlos«, bestätigte Ashburn. »Zumindest dem Aussehen nach zu urteilen. Aber achten Sie darauf, was sie macht.«
    Die Frau ging langsam durch den Park, obwohl sich die uniformierten Secret-Service-Beamten ihr näherten. Der Park war ein öffentlicher Ort und stand technisch gesehen allen Bürgern offen. Aber er befand sich auch gegenüber vom Weißen Haus und wurde von vielen Touristen besucht, also kümmerte man sich darum, ihn sicher und vorzeigbar zu halten. Stone hatte schon beobachtet, wie der Secret Service Obdachlose aus dem Park entfernte, deren Erscheinungsbild zu heruntergekommen oder die zu aggressiv waren. Die Agenten gingen dabei respektvoll und diskret vor. Er hatte sogar gesehen, wie einige von ihnen den bedauernswerten Gestalten etwas zu essen und Kaffee kauften, nachdem sie sie fortgebracht hatten.
    Aber die Frau auf dem Bildschirm schien die Aufmerksamkeit meiden zu wollen. Sie schritt schneller aus und stolperte weiter; dabei zog sie den linken Fuß deutlich sichtbar hinter sich her. Erst jetzt konnte Stone die Plastikflasche erkennen, die sie umklammert hielt. Die Frau erreichte den Ahornbaum und stürzte stöhnend, mit zuckenden Gliedmaßen zu Boden.
    Ashburn stoppte das Bild. »Sehen Sie das?« Mit einem Laserpointer zeigte sie auf die Wasserflasche. Der Verschluss fehlte; die Flasche war umgedreht. Ein Strom Flüssigkeit ergoss sich in dem eingefrorenen Bild auf den Fuß des Baumes. Ashburn ließ die Aufzeichnung weiterlaufen. Stone und Chapman beobachteten, wie der gesamte Inhalt der Flasche auslief und von der Erde um den Baum aufgesogen wurde.
    Im nächsten Augenblick halfen die Uniformierten der Frau auf die Füße und eskortierten sie fort.
    »Ist den Beamten ein merkwürdiger Geruch an der Flasche aufgefallen?«, fragte Stone.
    Ashburn schüttelte den Kopf. »Genau diese Frage haben wir den Leuten gestellt. Sie erinnerten sich an die Frau, aber belassen wir es dabei, dass ihre persönliche Duftnote stark genug war, um alles zu überdecken, das möglicherweise in der Flasche war. Und die Beamten sind davon ausgegangen, dass sie ihr Wasser zufällig ausgekippt hat. Das war ja keine große Sache. Als der Baum kurz darauf starb, hat niemand einen Zusammenhang hergestellt. Aber wir haben Proben des Bodens um den alten Baum herum genommen. Wir fanden sogar noch Stücke seiner Rinde, die der Park Service aufbewahrt hat. Die Proben haben ein Gift nachgewiesen, das den Baum effektiv daran hinderte, Wasser und Nährstoffe aufzunehmen. Sein Ende war unvermeidbar.«
    Stone sah sie an. »Gute Arbeit, Agent Ashburn. Ich glaube, Sie haben genau herausgefunden, wie dieser Baum sabotiert wurde.«
    »Trotzdem sind wir noch weit davon entfernt, den Rest aufzuklären.« Sie seufzte resigniert.
    Stone und Chapman verabschiedeten sich von ihr und betraten den Park.
    »Sie sind dabei, einen neuen Baum zu pflanzen«, meinte Chapman und zeigte in die Richtung. Stone sah, dass Angestellte des National Park Service an dem Krater arbeiteten.
    »Hoffen wir, dass sie dieses Mal einen anderen Lieferanten genommen haben«, sagte er. »Und dass sie den Baum nach Bomben untersucht haben.«
    Im Großen und Ganzen handelte es sich um die gleiche Mannschaft, die sie bereits befragt hatten. George Sykes dirigierte seine uniformierten Mitarbeiter, die Trümmer wegräumten, den Krater begradigten und mit frischer Erde füllten.
    »Anscheinend ist das ATF ebenfalls mit seiner Untersuchung fertig«, bemerkte Chapman.
    »Sieht