Der Auftrag: Thriller (German Edition)
oder mit Ihren Kollegen. Und falls irgendeine andere Behörde zufällig in Ihre Nähe kommt, spielen Sie den Dummen.«
»Das ATF hat viel Personal. Ich bin nicht der Einzige, der über die neue Entwicklung Bescheid weiß.«
Stone stand auf. »Unter diesen Umständen würde ich das nicht unbedingt als förderlich betrachten.«
Sie ließen einen betrübt aussehenden Garchik in dem Bagelladen zurück.
Chapman räusperte sich. »Was ist mit Ihrem geheimnisvollen Camel Club? Haben die sich schon an die Arbeit gemacht?«
Stone schaute auf die Uhr. »Genau in diesem Augenblick.«
* * *
Harry Finn bewegte sich, als hätte er nicht eine Sorge auf der Welt. Mit seiner geschlossenen Sonnenbrille, Jeans, Sweatshirt, Turnschuhen und Haargel sah er aus wie ein Collegestudent. Was er auch beabsichtigte, denn er schlenderte über den Campus der Georgetown University. Die Gebäude sahen aus, als hätte man sie Stein für Stein aus Cambridge oder Oxford über den großen Teich geschafft; es gab hübsche Grünflächen und massenhaft Studenten, die umhereilten oder in Vorlesungspausen herumlungerten. Selbstbewusst bewegte Finn sich in ihrer Mitte, nahm kleine Schlucke aus seinem Kaffeebecher und verlagerte das Gewicht des Rucksacks auf seiner linken Schulter.
Innerhalb von fünf Minuten hatte er Fuat Turkekuls Spur aufgenommen. Das lag an seiner ausgezeichneten Vorbereitung. Ein bisschen Computerhacken in der College-Datenbank, ein paar diskrete Fragen und eine gründliche Erkundung des Campusgeländes.
Der in der Türkei geborene Gelehrte hatte sich Bücher unter den Arm geklemmt und war mit einem anderen Fakultätsmitglied in eine lebhafte Diskussion vertieft, eine Gruppe Studenten im Schlepptau. Sie betraten ein Gebäude am westlichen Ende des Campus. Finn folgte ihnen.
Stones Instruktionen waren präzise gewesen. Beobachte diesen Mann. Und nicht nur, um ihn zu beschützen. Stone hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er von der Loyalität des Türken noch nicht überzeugt war.
»In diesem Stadium ist alles möglich, Harry«, hatte er gesagt. »Falls ihn sich jemand schnappen will, verhinderst du das. Doch sollte er etwas tun, das darauf hindeutet, er könnte für die andere Seite arbeiten, dokumentierst du es und gibst mir sofort Bescheid.«
Turkekul veranstaltete in der zweiten Etage ein Seminar mit zweiunddreißig Studenten. Finn schlüpfte als dreiunddreißigster in den Raum, schob wie viele andere Studenten seinen Rekorder zurecht, holte Buch und Laptop aus der Tasche und lehnte sich zurück. Falls Turkekul ihm besondere Aufmerksamkeit schenkte, ließ er es sich zumindest nicht anmerken.
Im Gegensatz zu einigen anderen Studenten hörte Finn jedem Wort des Mannes zu. Vor allem achtete er darauf, wie Turkekul es sagte, was oft viel wichtiger war als die Aussage selbst.
Und im Unterschied zu allen anderen Studenten überprüfte Finn den Raum auf mögliche Bedrohungen. Er war nicht besonders zufrieden. Nur ein Zugang. Wenig Deckung. Turkekul gab ein prächtiges Ziel ab.
Finn berührte seine Brust und die dort in ihrem Halfter steckende Glock. Wäre er ein Attentäter gewesen, wäre Turkekul bereits tot. Er fragte sich, wie ein Mann, der die Aufgabe hatte, bin Ladens Nachfolger zur Strecke zu bringen, so ungezwungen leben konnte. Es ergab nicht den geringsten Sinn. Und Dinge, die keinen Sinn ergaben, störten Harry Finn. Sie störten ihn sogar sehr.
* * *
Caleb setzte sich an seinen Tisch im Lesesaal für seltene Bücher und betrachtete verstohlen seine Kollegen, die den verschiedensten Aufgaben nachgingen. Einigen nickte er lächelnd zu.
»Guten Morgen, Avery«, sagte er zu einem stattlichen Burschen.
»Caleb. Meinen Glückwunsch zur Beschaffung des Fitzgeralds.«
Caleb strahlte. »Danke.« Darauf war er wirklich stolz.
Als ein wenig Ruhe eingekehrt war, setzte er seine Brille auf, tippte auf der Tastatur herum, arbeitete sich durch mehrere Datenbanken der Regierung und hoffte bei jeder angeschlagenen Taste, auf kein unüberwindliches Hindernis zu stoßen. Sein lieber Freund Milton Farb hätte nur Sekunden gebraucht, um in die richtige Datenbank hineinzukommen, aber Milton war einzigartig gewesen. Im Laufe der Jahre war Caleb in der Bedienung elektronischer Geräte besser geworden, und er ging die von Stone übertragene Aufgabe mit Überlegung und Ruhe an. Außerdem war er Angestellter der Regierung und verfügte über die nötigen Passwörter und Autorisierungen. Und es war ja nicht so, als wären
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