Der Auftrag
- ein Teil des Ersten Regiments - summte ein getragenes Trauerlied an.
Lichter flammten auf und beleuchteten den gigantischen Globus, der im exakten Mittelpunkt des Exerzierplatzes stand und dessen Sockel von vier Bronzegestalten bewacht wurde, von denen jede eine andere Periode in der Geschichte der Legion darstellte. Die neueste Figur war die eines Cyborgs.
An diesem Punkt trug eine Ehrengarde, die aus je einem Angehörigen eines jeden auf Algeron stationierten Regiments bestand, die Kassette mit der hölzernen Hand Captain Danjous zum Totendenkmal und ließ sie in einen Armaplastbehälter hinab, wo sie während der Dauer der Festlichkeiten bleiben würde.
Dann marschierten die Regimenter nacheinander auf die riesigen Plattformen, die sie nach unten trugen, wo sie an den Feiern teilnehmen würden. Die Feierlichkeiten würden nach bisherigen Erfahrungen die nächsten sechs bis acht Stunden dauern.
General Ian St. James blieb noch eine Weile stehen. Seine Augen waren auf das Totendenkmal gerichtet, aber seine Gedanken galten einer Frau, die Lichtjahre von ihm entfernt war. General Marianne Mosby. Ebenso wie er würde auch sie vor ihren Soldaten gerade die Geschichte verlesen und dann an den Festlichkeiten teilnehmen.
Würde sie am Ende der Zeremonie an ihn denken? An die Nächte, die sie zusammen auf Algeron verbracht hatten? Oder - hatte ein anderer Mann ihre Aufmerksamkeit erregt? Die Sterne über ihm blitzten, gaben aber keine Antwort.
Langsam, bedächtig und mit großem Respekt salutierte St. James vor den Toten, drehte sich um und ging hinunter.
Booly stöhnte, als der Wecker dicht neben seinem Kopf losging. Er musste es dreimal versuchen, bis er es schließlich schaffte, ihn auszuschalten.
Er lag noch einen Augenblick reglos da, schwang dann die Beine über die Bettkante und setzte sich auf. Der Duratonboden war eiskalt.
»Scheiße.«
Er hatte Kopfschmerzen und griff sich mit beiden Händen an die Schläfen.
»Scheiße. Scheiße. Scheiße.«
Booly hatte sich fest vorgenommen, nüchtern zu bleiben, hatte es aber nicht geschafft.
Die Konsole neben seinem Bett enthielt eine Uhr. Das Display zeigte Null Fünf Null Zwei an, und die Patrouille würde um Null Sieben Null Null abziehen, mit oder ohne
Kater.
Er stand auf, sah, dass sein Zimmerkollege, Sergeant Major Chin, noch nicht bei Bewusstsein war, und ging aufs Klo. Seine nackten Füße klatschten auf dem Boden.
Erbrochenes war über den Toilettensitz und die Seiten der Toilette verspritzt und hatte auf dem Boden eine Pfütze gebildet. Das stank! Booly rümpfte die Nase. Dieser verdammte Chin. Der Dreckskerl traf doch nie.
Booly öffnete das Schränkchen über seinem Waschbecken, schnappte sich ein Fläschchen mit Schmerztabletten und ließ zwei davon auf seine Handfläche fallen. Ein Schluck Wasser spülte sie hinunter.
Das Gesicht, das ihm aus dem Spiegel entgegenstarrte, hatte blutunterlaufene Augen, eine platt gedrückte Nase und schmale Lippen.
Booly strich sich mit der Hand über den Kopf, um sich zu vergewissern, dass er fast kahl war, trat einen Schritt zurück und sah sich prüfend an, ob da irgendwelche Fettpolster waren. Aber die gab es nicht. Seine Brust war breit und mit Muskeln bepackt. Jede Rippe zeichnete sich deutlich ab. Sein Bauch war flach und hart. Er trug an beiden Armen Tattoos.
Sein rechter Arm zeigte das Emblem der geflügelten Hand mit dem Dolch, das Symbol der Second REP, des Elite-Luftlanderegiments der Legion, Boolys erster Liebe, während den linken Arm ein Sensenmann zierte. Darunter stand »Tod vor Unehre«.
Booly sah noch einmal hin, gab einen zufriedenen Grunzlaut von sich und begab sich in die Dusche. Das heiße Wasser fühlte sich herrlich an. Er nutzte die Gelegenheit, gleichzeitig seine Blase zu entleeren, und wenn Chin das nicht passte, sollte er beim nächsten Mal eben in die Toilette kotzen.
Es dauerte mehr als eine Viertelstunde, bis er einen klaren Kopf hatte und sich wieder halbwegs nüchtern fühlte. Er trat aus der Duschkabine, trocknete sich ab und zog seine Einsatzuniform an.
Zuerst kam Thermounterwäsche, dann Halbpanzerung, gestärkter Drillich und Schnürstiefel. Dann der Kampfharnisch mit Funkgerät, Messer, Sanitätspäckchen, Seitenwaffe und Ersatzmagazinen. Und dann, als Krönung des Ganzen, das Kepi blanc.
Booly sah in den Spiegel, nickte zufrieden und drehte sich um. Das Zimmer sah scheußlich aus, aber Chin würde irgendeinem armen Teufel den Befehl geben, sauber zu machen. So war
Weitere Kostenlose Bücher