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Der Auftrag

Der Auftrag

Titel: Der Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Dietz
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Perovskite, Melilite, Spinel, Fosterite, Enstatite und eine ganze Anzahl alltäglicherer Dinge wie Titanoxid, Eisen, Nickellegierungen und Natrium, Aluminium, Magnesium und Kalziumsilikate. Die meisten Substanzen existierten in Form von Kondensaten, die etwa fünfzig bis einhundert Mikrometer durchmaßen, und aus Staubpartikeln derselben Größe.
    Chien-Chu wusste, dass die verschiedenen Arten von Kondensaten und Staubpartikeln sich bei unterschiedlichen Temperaturen und Drucken verflüssigten, verdampften und verfestigten und so die Nebel, Dämpfe, Wolken und ähnliche Strukturen erzeugten, die als Wirbel über die Oberfläche des Zwergsterns zogen. Und irgendwo in diesem kochenden Sudkessel von Aktivitäten wurden winzige Partikel von Stardust geformt, ein seltsames Zeug, das die einmalige Fähigkeit besaß, Laserstrahlen mit Wellenlängen des gesamten sichtbaren Spektrums emittieren zu können.
    Das Resultat waren brillante Szintillationen in einem Regenbogen von Farben, manchmal simultan, manchmal in einem monochromen Schimmer. Der Effekt war völlig chaotisch und demzufolge faszinierend zu beobachten. Und wenn es etwas gab, wofür die Leute bereit waren, Geld auszugeben, dann war es eine Möglichkeit aufzufallen, aus der Menge hervorzustechen. Sie bezahlten große Beträge für jedes Ding, jede Substanz und jeden Zustand, der sie von ihresgleichen unterschied und den Eindruck erweckte, sie wären etwas Besonderes.
    Aber plötzlich verspürte Leonid ein drückendes Gefühl in der Magengrube. Wenn man bedachte, dass Stardust keinerlei militärischen oder industriellen Wert besaß und dass die Hudathaner mit hoher Wahrscheinlichkeit »Schönheit« anders definierten als Menschen, gab es eigentlich wenig Zweifel daran, was sie tun würden. Nachdem es ihnen bislang nicht gelungen war, Spindle mit einem Minimum an Gewalt einzunehmen, würden ihre Anstrengungen allmählich eskalieren, bis sie den Sieg davontrugen. Narbakovs Stimme drängte sich in die Gedanken Leonids.
    »Kommen Sie, Leo … wir haben zu tun.«
    Leonid wandte der Sonne den Rücken zu. »Ja, Omar, das haben wir.«
    Kor Niber-Ba, Kommandeur von Speer Drei, blickte durch die Luke aus Panzerplastik. Die Sonne und der grotesk geformte Asteroid, der sie umkreiste, füllten die ganze Luke.
    Die Menschen verfügten über keine Langstreckenwaffen, und diese Tatsache hatte es ihm erlaubt, sein Kommandoschiff ziemlich nahe an den Asteroiden heranzusteuern und damit die Distanz zu verringern, die seine Kampfboote zurücklegen mussten.
    Niber-Ba war nach den Standards seiner Rasse ein Knirps, er wog kaum mehr als hundertzehn Kilo, ein Zustand, der ihn sein ganzes Leben lang gepeinigt hatte. In einer Gesellschaft, die auf Stärke basierte, war er schwach gewesen. Ein Punchingball für stärkere Männer und ein Objekt der Belustigung der Frauen.
    Aber die Schläge und Beleidigungen hatten Niber-Ba stark und hart gemacht und dafür gesorgt, dass er härter
    und raffinierter als seine Umgebung geworden war.
    Am Ende war aus seinem Spitznamen »Der Zwerg« -aus einer Beleidigung - ein Ehrentitel geworden, der vielen Angst und Schrecken einjagte. Und die Tatsache, dass der Zwerg sich jetzt einer anderen Art von Zwerg gegenübersah, entging Niber-Ba nicht, denn er hatte viele Jahre damit verbracht, sich am Ideal seiner Gesellschaft zu messen, und er verfügte daher über ein hoch entwickeltes Gefühl von Ironie.
    Er besaß die Fähigkeit, nach innen zu blicken, seine eigenen Schwächen zu erkennen, und das kam ihm jetzt zu Hilfe. Speer Drei war aufgehalten worden, hatte sich dem Rest der Flotte von Kriegskommandeur Poseen-Ka nicht anschließen können, und das war seine Schuld gewesen. Er war zu vorsichtig gewesen, zu paranoid, war zurückgeblieben, wo er doch hätte angreifen sollen. Die Substanz, die die Menschen unter so großem Arbeitsaufwand aus der Atmosphäre der Sonne schöpften, besaß schließlich keinerlei strategischen Wert und war daher aus huda-thanischer Sicht völlig werüos.
    Es gab keinen Grund, den Angriff, den ein Offizier wie Poseen-Ka schon längst hätte starten sollen, weiter zu verzögern, keinen Grund außer seiner Furchtsamkeit und der Angst vor dem Versagen.
    Niber-Ba richtete sich zu seiner vollen Größe von einem Meter fünfundsechzig auf, machte kehrt und strebte der Kommandozentrale des Schiffes zu. Den Menschen stand der Tod bevor.
    Bevor man Schönheit wahrnehmen kann, muss man die Augen öffnen.
    Sprichwort der Naa (Südstamm) Ca. 150

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