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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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immer als Porträt am Telefon vor: seine grimmige Miene, sein von tiefen Falten zerfurchtes Gesicht, die lederartige Haut seiner Hand, die den Hörer hielt, die weiße Baumwolle seines Hemdes über der Stelle, wo vielleicht sein Herz saß. Als Schamron sich meldete, begrüßten die beiden Männer sich zunächst auf deutsch, bevor sie englisch weitersprachen. Da Gabriel voraussetzte, jedes Telefongespräch werde abgehört, verwendete er einen primitiven Code. »Ein Projekt, wie das von Ihnen vorgeschlagene, erfordert reichlich Kapital. Ich würde Geld für Personal, Reisen, Büro- und Wohnungsmieten brauchen. Und Bargeld für unerwartete Ausgaben.«
    »Geld ist kein Problem, das kann ich Ihnen versichern.«
    Gabriel dachte an Lev, der von diesem Unternehmen nichts erfahren durfte. »Aber wenn ich mich recht erinnere, steht die Bank, die in der Vergangenheit solche Projekte finanziert hat, jetzt unter der Kontrolle eines Ihrer Konkurrenten. Wenden Sie sich wegen der Finanzierung an diese Bank, riskieren Sie, daß die Konkurrenz Wind von unserem Vorhaben bekommt.«
    »Zum Glück habe ich eine weitere Kapitalquelle, die mir die Möglichkeit gibt, das Projekt ohne Wissen der Konkurrenz zu finanzieren.«
    »Würde ich Ihren Vorschlag annehmen, müßte ich darauf bestehen, das Projekt so durchzuführen, wie ich es für richtig halte. Um es vor der Konkurrenz geheimzuhalten, würde ich selbständige Subunternehmer und weiteres freiberufliches Personal einsetzen müssen. Solche Leute kosten Geld, viel Geld. Ich müßte darauf bestehen, ohne Rückfragen Geld ausgeben und Ressourcen nutzen zu dürfen, wie ich es für erforderlich halte.«
    »Das ist kein Problem, aber die Gesamtleitung des Unternehmens würde bei mir in Genf liegen.«
    »Einverstanden. Zu klären wäre allerdings noch die Frage meines persönlichen Honorars.«
    »Sie sind in der Position, Ihren Preis selbst zu bestimmen, fürchte ich.«
    »Hundertfünfzigtausend Pfund. Dauert der Job länger als sechs Monate, erhalte ich weitere hunderttausend Pfund.«
    »Abgemacht. Sind wir uns also einig?«
    »Das erfahren Sie bis heute abend.«
    Aber es war Peel, nicht Schamron, der als erster erfuhr, wofür Gabriel sich entschieden hatte.
    Am Spätnachmittag dieses Tages hörte Peel vom Kai her Arbeitsgeräusche. Er hob den Kopf von seinen Hausaufgaben und blickte aus dem Fenster. Bei schwindendem Tageslichtkonnte er den Fremden, der gelbes Ölzeug trug und seine schwarze Strickmütze so tief ins Gesicht gezogen hatte, daß seine Augen kaum zu erkennen waren, an Deck seiner Ketsch sehen. Er war damit beschäftigt, das Boot für eine längere Liegezeit vorzubereiten, indem er die Segel von Bord schaffte, die Antennen abschraubte und alle Luken verschloß. Auf seinem Gesicht stand eine grimmige Entschlossenheit, die Peel bei ihm noch nie gesehen hatte. Er überlegte, ob er hinunterlaufen sollte, um ihn zu fragen, ob etwas passiert sei, aber das Benehmen des Fremden ließ vermuten, daß er keine Lust auf Besuch hatte.
    Nach einer halben Stunde verschwand der Fremde in seinem Haus. Peel machte sich wieder an seine Hausaufgaben, wurde aber nach wenigen Minuten erneut unterbrochen - diesmal als der MG des Fremden startete. Peel erreichte sein Fenster gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie der Wagen, in dessen Scheinwerferkegel einzelne Schneeflocken tanzten, langsam die Gasse heraufkam. Er hob eine Hand, was eher eine Geste der Resignation als ein Winken war. Eine Sekunde lang glaubte er, der Fremde habe ihn nicht gesehen. Dann wurden die Scheinwerfer kurz aufgeblendet, und der kleine MG fuhr an ihm vorbei und verschwand.
    Peel blieb am Fenster stehen, bis das Motorgeräusch verklungen war. Eine Träne lief ihm über die Backe. Er wischte sie mit dem Handrücken ab. Große Jungen weinen nicht, sagte er sich. Der Fremde würde niemals um mich weinen. Also werde ich nicht um ihn weinen. Unten stritten seine Mutter und Derek sich wieder einmal. Peel kroch ins Bett und zog sich die Decke über den Kopf.

9 Holborn, Londo n
    Looking Glass Communications, ein milliardenschwerer Medien- und Verlagskonzern, hatte seine Zentrale in einem modernen Verwaltungsgebäude mit Blick über den New Square. Der Konzern gehörte einem über zwei Meter großen, 135 Kilogramm schweren Tyrannen namens Benjamin Stone. Von seinem luxuriös eingerichteten Penthouse über der Konzernzentrale aus regierte Stone ein Firmenimperium, das vom Nahen Osten bis zu den Vereinigten Staaten reichte. Er besaß

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