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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Bucht, an der die Kommandos an Land kommen würden, und die Villa der Zielperson. Ihre Leidenschaft für ihn wuchs. Hier war ein Mann, der sein Leben der Verteidigung Israels gewidmet hatte. Im Vergleich zu ihm fühlte sie sich unbedeutend und oberflächlich. Sie merkte auch, daß sie ihren Blick nicht mehr von ihm wenden konnte. Sie wollte ihm durchs kurze Haar fahren und sein Gesicht und seinen Körper berühren. Als sie an diesem Abend nebeneinander im Bett lagen, wälzte sie sich plötzlich ohne Ankündigung auf Gabriel und küßte ihn, aber er schob sie weg und machte sich ein Beduinenlager auf dem Fußboden.
    Mein Gott, ich habe mich komplett blamiert! sagte sich Jacqueline.
    Fünf Minuten später setzte Gabriel sich neben sie auf die Bettkante. Dann beugte er sich nach vorn, um ihr ins Ohr zu flüstern: »Ich möchte auch mit dir schlafen, aber das geht nicht. Ich bin verheiratet.«
    »Das ist mir egal!«
    »Nach diesem Unternehmen siehst du mich nie wieder.«
    »Das weiß ich.«
    Als Liebhaber war er genau so, wie sie ihn sich vorgestellt hatte: geschickt und raffiniert, rücksichtsvoll und zärtlich. Sie glaubte zu spüren, wie sein Blick sie berührte. Sie war töricht stolz darauf, daß sie es geschafft hatte, eine Bresche in die Wälle seiner Selbstbeherrschung zu schlagen und ihn zu verführen. Sie wünschte sich, dieses Unternehmen ginge ewig weiter. Das konnte es natürlich nicht, und der Abend, an dem sie Tunis verließen, war der traurigste ihres Lebens.
    Nach Tunis stürzte sie sich in ihre Arbeit als Model. Sie sagte Marcel, er solle jedes eingehende Angebot annehmen, und arbeitete ein halbes Jahr fast bis zur völligen Erschöpfung. Sie versuchte sogar, mit anderen Männern auszugehen. Nichts half. Sie mußte ständig an Gabriel und Tunis denken. Zum ersten Mal in ihrem Leben litt sie unter einer Zwangsvorstellung, ohne imstande zu sein, auch nur das Geringste dagegen zu unternehmen. Als sie nicht mehr weiterwußte, suchte sie Schamron auf und bat ihn, sie mit Gabriel in Verbindung zu bringen. Er lehnte ab. Sie begann schreckliche Phantasien in bezug auf den Tod von Gabriels Frau zu haben. Und als sie von Schamron erfuhr, was in Wien passiert war, hatte sie schlimme Schuldgefühle.
    Seit jenem Abend in Tunis hatte sie Gabriel nicht mehr gesehen oder gesprochen. Sie konnte sich nicht vorstellen, warum er sie jetzt sehen wollte. Aber als sie eine Stunde später seinen Wagen die Einfahrt heraufkommen sah, spürte sie, wie ein Lächeln sich über ihr Gesicht ausbreitete, und sie dachte: Gott sei Dank, daß du gekommen bist, Gabriel, denn ich könnte selbst eine kleine Restaurierung brauchen.

1 7 Tel Avi v
    CIA-Exekutivdirektor Adrian Carter war ein Mann, der leicht unterschätzt wurde. Diese Eigenschaft hatte er in seiner langen Karriere oft und wirkungsvoll genutzt. Er war klein und hager wie ein Marathonläufer. Sein schütteres Haar und die randlose Brille verliehen ihm etwas Professorales, sein Blazer und die graue Flanellhose sahen aus, als habe er in ihnen geschlafen. In dem kalten, modernen Konferenzraum am King Saul Boulevard wirkte er so, als sei er nur versehentlich in dieses Gebäude geraten.
    Ari Schamron hatte schon mit ihm zusammengearbeitet, als Carter noch das CIA-Zentrum für Terrorismusbekämpfung geleitet hatte. Er wußte, daß Carter ein erfahrener Agent war - ein Mann, der sechs Sprachen fließend beherrschte und im Gewirr Beiruter Gassen ebenso leicht untertauchen konnte wie in Warschau. Er wußte auch, daß seine Fähigkeiten im Außendienst nur von seiner Gewandtheit in bürokratischen Grabenkämpfen übertroffen wurden. In der Tat ein würdiger Gegner.
    »Irgendwelche neuen Erkenntnisse bei den Pariser Ermittlungen?«
    Schamron schüttelte langsam den Kopf. »Leider nein.«
    »Überhaupt nichts, Ari? Das kann ich kaum glauben.«
    »Sobald wir etwas erfahren, werden Sie als erster informiert. Und wie steht's bei Ihnen? Irgendwelche interessanten Abhörergebnisse, an denen Sie uns teilhaben lassen möchten? Haben irgendwelche befreundeten arabischen Dienste Ihnen etwas anvertraut, das sie dem ›zionistischen Gebilde‹ niemals mitteilen würden?«
    Hinter Carter lag eine zweiwöchige Nahostrundreise, auf der er mit Geheimdienstchefs vom Persischen Golf bis nach Nordafrika konferiert hatte. Das Dienstgebäude am King Saul Boulevard war seine letzte Station. »Leider nein«, antwortete er. »Aber wir haben aus ein paar anderen Quellen bestimmte Gerüchte gehört.«
    Schamron zog

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