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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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hundertprozentig überein. Alle vier sind mit derselben Waffe erschossen worden.«
    Ein junges schwedisches Paar posierte für ein Foto. Gabriel und Schamron machten abrupt kehrt und gingen in die Gegenrichtung.
    »Sonst noch Neuigkeiten?« fragte Gabriel.
    »Ich möchte, daß Sie in London sehr vorsichtig sind. Ein Mann aus Langley hat mir letzte Woche einen Höflichkeitsbesuch abgestattet. Die Amerikaner wissen von ihren Informanten, daß Tariq hinter dem Pariser Attentat steckt. Sie wollen, daß er festgenommen und in den Vereinigten Staaten vor Gericht gestellt wird.«
    »Über die CIA wollen wir jetzt natürlich auf keinen Fall stolpern.«
    »Es wird noch schlimmer, fürchte ich. Der Mann aus Langley hat auch ziemlich unverblümt vor den Gefahren von nicht  angemeldeten Unternehmen in befreundeten Staaten gewarnt.«
    »Weiß die CIA etwas Bestimmtes?«
    »Das bezweifle ich, aber ich kann es nicht völlig  ausschließen.«
    »Ich hatte gehofft, meine Rückkehr in den Dienst würde mich nicht in ein englisches Gefängnis bringen.«
    »Das passiert auch nicht, solange Sie sich diszipliniert  verhalten.«
    »Danke für das mir entgegengebrachte Vertrauen.«
    »Haben Sie sie gefunden?« fragte Schamron, um das Thema  zu wechseln. Gabriel nickte.
    »Und macht sie's?«
    »Ich habe ihr erst gut zureden müssen, aber dann hat sie ja gesagt.«
    »Weshalb sträuben alle meine Kinder sich dagegen, zu mir  zurückzukehren? War ich ein so schlechter Vater?«
    »Nur ein übermäßig anspruchsvoller.«
    Gabriel blieb vor einem Café auf den Champs-Elysees stehen. Jacqueline saß, mit einer großen Sonnenbrille getarnt, an einem Fenstertisch und blätterte in einer Zeitschrift. Sie sah kurz auf, als die beiden stehenblieben, und senkte dann ihren Blick wieder auf die Zeitschrift.
    »Schön, euch mal wieder zusammenarbeiten zu sehen«, meinte Schamron. »Aber Sie dürfen ihr nicht wieder das Herz brechen. Sie ist ein gutes Mädchen.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Sie werden in London einen Tarnjob für sie brauchen. Ich  weiß jemanden, der eine Sekretärin sucht.«
    »Ich bin Ihnen schon einen Schritt voraus.«
    Schamron lächelte und ging davon. Er tauchte im Fußgängerstrom entlang der Champs-Elysees unter und war im nächsten Augenblick verschwunden.
    Julian Isherwood wankte auf dem Mason's Yard über das regennasse Pflaster. Es war halb vier, und er war eben vom Lunch auf dem Weg zurück in die Galerie. Er war betrunken. Er hatte nicht gemerkt, daß er betrunken war, bis er aus dem Green's auf die Straße getreten war und ein paar Atemzüge von der feuchtkalten Luft genommen hatte. Der Sauerstoff hatte sein Gehirn wieder belebt, und sein Gehirn hatte seinem Körper gemeldet, daß er wieder einmal zuviel Wein getrunken hatte. Zu Mittag gegessen hatte er mit dem rundlichen Oliver Dimbleby, und ihr Gesprächsthema war erneut Olivers Vorschlag gewesen, die Isherwood Fine Arts zu übernehmen. Diesmal war es Isherwood gelungen, seinen Gleichmut zu bewahren und die Situation halbwegs vernünftig zu diskutieren - allerdings nur mit Hilfe zweier Flaschen eines ausgezeichneten Sancerres. Sprach man über die Zerschlagung seines Geschäfts - seiner eigenen Seele, dachte er -, hatte man wohl das Recht, den Schmerz mit einem guten französischen Wein zu betäuben.
    Er zog seinen Mantelkragen bis zu den Ohren hoch. Von der Duke Street her blies ein eisiger Wind durch die Passage. Isherwood fand sich in einem Wirbel aus feuchtem Laub und nassen Abfällen gefangen. Er stolperte mit schützend vors Gesicht gehaltenen Händen ein paar Schritte weiter, bis der Malstrom ihn wieder freiließ. Verdammt noch mal! Schreckliches Klima. Geradezu sibirisch. Er überlegte, ob er im Pub vorbeischauen sollte, um einen Schluck zum Aufwärmen zu trinken, entschied sich dann aber doch anders. Für heute nachmittag hatte er genug Schaden angerichtet.
    Isherwood sperrte die untere Tür auf, stieg langsam die Treppe hinauf und dachte dabei, daß er wirklich etwas wegen des Läufers unternehmen sollte. Auf dem Treppenabsatz befand sich der Eingang eines kleinen Reisebüros. Die Wände hingen voller Reiseposter, auf denen tief gebräunte Amazonen halb nackt am Strand herumtobten. Vielleicht wäre das doch das beste für mich, dachte er, während er eine barbusige Schönheit anstarrte, die in blendendweißem Sand auf dem Bauch lag. Vielleicht sollte ich aussteigen, solange ich noch ein paar gute Jahre vor mir habe. Aus London flüchten, in die Südsee reisen,

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