Der Augenblick der Liebe
RattlerFolterung in Winnetou I und daran, daß er der immerzu mit Mandelent zündungen bettlägerigen Regina am liebsten Karl May vor gelesen hatte. Wie hatten die drüben Eliot zitiert? Great poets steal, bad poets copy.
Und Rosa, sagte Gottlieb. Von Rosa nichts. Das hatte er nicht anders erwartet, aber eine Art Schmerz war dieses VonRosanichts doch. Er hatte sich angewöhnt, sie in einem unaufhörlichen Sibirien zu sehen. Ach ja, sagte Anna, Paul Schatz ist tot. Wie bitte, du meinst, seine Frau sei ... Nein. Der Frau geht es überraschend gut, aber er steht morgens auf, fällt um, ist tot. Infarkt. Und vorher nichts, was darauf hinwies. Gottlieb sagte: Unglaublich. Und dachte: Wenn es den Kaltammer auch noch putzt, dann geh ich zurück in den Handel. Aber den Kaltammer putzt es nicht. Solche Hyänen werden hundert. Paul Schatz steht auf, fällt um, ist tot. Und Beate hatte gesagt: Wenn du mal morgens aufstehst und tot umfällst, wissen wir, daß Anna aufgehört hat, an dich zu denken. Wunderbare Beate. Gab es überhaupt etwas, das nicht wunderbar war?
Gottlieb merkte, daß er plötzlich im Stand war, die Auto bahn zu genießen. Und plötzlich bog er auf einen Parkplatz ein, war an Annas Tür, bevor sie sie öffnen konnte, bat sie durch eine einladende Geste heraus, dann führte er sie, als kenne er sich aus, vom Parkplatz weg in den umgebenden Wald und ging deutlich hastig ein bißchen voraus, daß er Anna hinter sich herziehen konnte, und dachte, solange sie nichts sagt, ist alles gut. Sie sagte nichts. Bei einem Stapel gefällter Buchen, die da auf den Abtransport warteten, hielt er, lehnte Anna gegen die mächtigen Stämme, setzte sie fast ein bißchen auf die sich anbietenden, glatten Rundungen und fing an, Anna zu küssen, und zwar mit einem Ausdruck großer Dankbarkeit. Wie froh er sei. Und glücklich auf eine verschollen geglaubte Art. Daß alles, was dann passierte, überhaupt nicht bequem oder genußreich war, war ihm nicht nur recht, das forcierte er geradezu. Daß Anna im Kostüm gekommen war und nicht in Hosen, kann ausschlaggebend gewesen sein. Eine lange Hose wäre zuviel gewesen. Obwohl er vor allem zeigen wollte, daß er jetzt in aller Hast und Unbequemlichkeit mit ihr schlafen wolle. Je unbequemer, um so deutlicher wurde, was er wollte. Das Unbequeme als sein Geständnis. Als sein Heimkehrgeständnis. Als sein Einundalleszugeben. Deshalb mußte diese einvernehmliche Vergewaltigung stattfinden. Und gesagt werden mußte nichts. So gut wie nichts.
Und da Anna das alles deutlich genug erkannte und be antwortete, bewies, daß er sich nicht getäuscht hatte und daß sie einander nicht täuschten. Als er Anna von der Bu chenrundung herunterhalf, sagte er: Du weißt, beim Ge witter heißt es, Buchen mußt du suchen. Wir haben sie ge funden, sagte Anna.
Nicht ganz so leicht war dann der Weg zurück zum Parkplatz zu finden. Er hatte sich in all der Hast den Weg nicht gemerkt. Nach zweistündigen Irrwegen fanden sie zurück. Einigermaßen zerzaust. Er sagte, als er Anna die Autotür aufhielt, für den Rückweg entschuldige er sich. Anna sah ihn an, als sehe sie ihn heute zum ersten Mal. Dann sagte sie: Unglaublich. Und er dachte, als er jetzt Anna ansah, daß ein Gesicht, das man kennt seit es jung war, nie bloß alt werden kann. Das junge Gesicht schaut aus allen Jahren heraus. Gesichter, die man erst als ältere kennenlernt, sind dann wahrscheinlich nichts als ältere Gesichter. Anna,
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