Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Augenblick der Wahrheit

Titel: Der Augenblick der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
Vom Netzwerk:
finster, und plötzlich sah ich gar nichts mehr. Ich wurde von Panik gepackt und rannte keuchend von dem Bauplatz auf die Nebenstraße und weiter zu einer Hauptverkehrsstraße. Ich glaube nicht, daß jemand hinter mir her war, aber die Angst trieb mich vorwärts, ich mußte weiter, bis ich auf einer hell erleuchteten Straße angekommen war. Hier schöpfte ich ein wenig Atem. Vor mir lag das golden schimmernde Licht San Sebastians. Jetzt ging ich ruhiger, während ich mich immer wieder umdrehte, um rechtzeitig ein Taxi mit grünem Licht zu entdecken, das mich zu meinem Motorrad zurückbringen konnte.
    Ich ließ den Fahrer am Hotel Londres halten, wo ich die Honda abgestellt hatte. Langsam fuhr ich nach Haus. Ich war todmüde, und mein Kopf war voll widerstreitender Gedanken und Gefühle. Eigentlich hatte ich diese Antwort erwartet, aber vielleicht hatte ich auch gehofft, daß sie die Schuld auf sich nehmen würden, um ein bequemes Ziel zu haben, auf das ich meinen Zorn richten konnte.
    Das Haus lag still in der Dunkelheit. Es roch noch schwach nach dem Feuer. Ich zog den Schlüssel zur Haupttür hervor, schloß auf und trat ein. Er mußte sich in die Nische gleich neben der Tür gestellt haben, als er das Motorrad gehört hatte, denn er traf mich mit dem Totschläger genau im Nacken. Ein weißes Licht explodierte in tausend Pünktchen.
     
    9
    Als ich wieder zu mir kam, saß ich auf einem der Küchenstühle mit der schmalen Lehne. Die hatten sie an die niedrige Zwischenwand zur Küche gestellt und mir die Hände fest auf den Rücken gebunden. Mir tat der Nacken weh, aber es war erträglich. Der Täter kannte die Wirkung seines Totschlägers. Er hatte weder zu stark noch zu schwach zugeschlagen, gerade kräftig genug, um mich außer Gefecht zu setzen. Das waren Profis, das erschreckte mich, mein Herz schlug unregelmäßig.
    Die drei Männer waren Ende Dreißig. Noch mehr erschreckte mich, daß sie nicht maskiert waren. Zwei von ihnen waren von mittlerer Größe und wie kleine kompakte Rugbyspieler gebaut.
    Der dritte war etwas stattlicher und größer. Sie trugen Jeans und Hemden ohne Schlips. Die zwei Kleinen hatten kurze aufgeknöpfte Lederjacken an, der Große war in Hemdsärmeln.
    Er hatte den Totschläger in der Hand, eine kleine dicke Gummiwurst, die er beinahe zärtlich gegen seine Handfläche schlug. Er hatte ein schmales, listiges Gesicht unter einer hohen, fliehenden Stirn, gespickt mit Aknenarben. Die anderen beiden standen mir gegenüber, etwas links von unserem Eßtisch. Der eine hatte einen schmalen Oberlippenbart und zurückgekämmtes fettiges Haar, der andere war blond und trug einen Bürstenhaarschnitt, den die Mode wohl gerade vorschrieb. Sie überraschten mich damit, daß sie englisch mit deutlich irischem Akzent sprachen.
    » Well, mate. Willkommen wieder unter den Lebenden«, sagte der Große mit dem Totschläger. »Jetzt werden wir mal eine nette kleine Unterhaltung führen. Du mußt entschuldigen, daß ich mich nicht erst vorgestellt habe, aber wir haben von deinen japanischen Fähigkeiten gehört, also haben wir uns gedacht, es wär vielleicht besser, dich erst mal hübsch hinzusetzen. Vor unserm kleinen Gespräch. Nicht, mate? Man sollte bequem sitzen, wenn man eine kleine freundschaftliche Unterhaltung hat, nicht?«
    »Drei Clowns in meinem Haus«, sagte ich.
    Sie reagierten schnell. Der Oberlippenbart kam die drei Schritte auf mich zu, stellte sich hinter mich und riß mir an meinem eitlen Zopf knallend den Kopf nach hinten, während mir die Bürste zwei kurze, präzise Jabs in die Leber schlug, daß sich der Schmerz im ganzen Körper ausbreitete und alles wieder dunkel wurde.
    » Well, well, well, Mr. Lime. Mr. fucking funny name Peter Harry Lime of the movies « , sagte der Große mit dem Totschläger. »Dreistigkeiten in der Nacht sollten wir besser lassen.«
    »Was macht die IRA in Euskadi?« sagte ich, als ich wieder Luft kriegte. Äußerlich wirkte ich vermutlich ziemlich ruhig, aber ich hatte eine Heidenangst.
    »Wir haben viel gemein mit unseren baskischen Genossen«, sagte der Totschläger. »Sie sind gute Nationalisten und Marxisten. Sie sind wie wir unterdrückt und gefesselt von einer verfluchten Majestät, die sie nicht anerkennen. Sie sind wie wir erst einmal Nationalisten und dann Marxisten. Die verfechten wie wir eine gerechte Sache in einer ungerechten Welt.«
    Es hatte immer eine Kooperation zwischen der IRA und der ETA gegeben. Ich wußte, daß sie wegen Waffenlieferungen

Weitere Kostenlose Bücher