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Der Augenjäger / Psychothriller

Der Augenjäger / Psychothriller

Titel: Der Augenjäger / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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hatte, öffnete sie kurz und schleckte mir gutmütig über die Hand. Er war müde und schien wieder wegdämmern zu wollen.
Nicht zu früh, nicht zu spät,
dachte ich. Der Wahnsinnige wollte, dass der Hund erst im letztmöglichen Moment ersoff.
    »Also, triff deine Wahl«, sagte Frank.
    »Was für eine Wahl?«
    Ich prüfte, ob ich das Lederhalsband öffnen konnte, an dem die Kette am Hals befestigt war, und stieß auf ein Zahlenschloss unter TomToms Kehlkopf. Er öffnete hechelnd die Schnauze, schloss sie aber sofort wieder, als Wasser eindrang.
    Dreizehn. Zehn. Einundsiebzig.
Mir schoss die Kombination durch den Kopf, die Frank mir vor meiner letzten tödlichen Prüfung genannt hatte.
    »Wer soll weiterleben?«, fragte er. »TomTom oder dein alter Kumpel hier, der Kommissar.«
    Im Hintergrund hörte ich Scholle stöhnen. Gleichzeitig begann TomTom zum ersten Mal zu winseln. Es klang gedämpft, da der größte Teil seines Kopfes bereits untergetaucht war. Er versuchte vergeblich, durch wildes Blinzeln das Wasser von den Augen zu vertreiben. Mittlerweile stachen von der großen Fellnase nur noch die Löcher hervor.
    »Sobald du sagst, ich soll den Bullen erschießen, gebe ich dir die Kombination, mit der du das Schloss öffnen kannst.«
    »Du perverses Schwein.«
    Er kicherte hysterisch.
    »Oder du siehst TomTom beim Sterben zu.«
    Nein. Nein, das werde ich nicht.
    Ich legte das Handy auf den Fußboden und griff mit beiden Händen in die Wanne, obwohl ich wusste, dass ich den Abfluss nicht ohne den Hebel öffnen konnte. Meine Fingernägel schoben sich zwischen die Kante des Stöpsels und die Emaille, rutschten aber immer wieder ab.
    Wenigstens hatte ich etwas Wasser aus der Wanne verdrängt und TomTom damit neuen Spielraum verschafft. Aber ich konnte hier nicht ewig stehen bleiben und Wasser schöpfen, das würde Frank nicht zulassen. Mir blieb vermutlich nicht einmal genug Zeit, um die Zahlenkombination auszuprobieren. Mit nassen Händen griff ich wieder nach dem Handy.
    »Zorbach?«, hörte ich Frank, der nochmals eine Spur abgedrehter klang als zuvor. Entweder hatte er ein weiteres Aufputschmittel eingeworfen, oder die beruhigende Wirkung seiner Drogen ließ rapide nach.
    »Was willst du?«
    »Entscheide dich, und zwar schnell.«
    »Warum? Warum tust du mir das an?«
    Nicht nur seine Stimme klang immer wahnsinniger, auch sein Verhalten war nicht mehr nachvollziehbar.
    »TomTom oder Scholle?«, fragte er.
    Hund oder Mensch?
    An sich eine einfache Wahl. Doch es war eine Sache, theoretisch zu wissen, dass das Leben eines Menschen höher einzustufen ist als das eines Tieres, aber eine völlig andere, nach dieser Einsicht zu handeln, vor allem, wenn der Mann, den es zu retten galt, mich vor kurzem noch hatte foltern wollen, während das Tier Alinas wertvollster Besitz war. Die meisten Menschen haben das Glück, in ihrem Leben nie in eine solche Ausnahmesituation zu geraten, weswegen sie Entscheidungen in Gefahrensituationen immer nur theoretisch und aus der Vergangenheitsperspektive diskutieren können.
    Aus einer sicheren Position heraus, während man gemütlich mit Freunden beim Bier sitzt oder die Schlagzeilen der Sonntagszeitung beim Frühstück mit seiner Frau diskutiert, fällt es leicht zu kritisieren. Natürlich würde man sich nicht wehren, wenn man von einer Bande Jugendlicher in der U-Bahn ausgeraubt würde. Selbstverständlich hätte man als Pilot das Kerosin abgelassen und die Notlandung nicht mit vollen Tanks versucht. Zweifellos würde man eher das Kind aus dem brennenden Auto retten als den alten Mann, der sein Leben doch schon hinter sich hat.
    Leider erscheinen derartige Abwägungen immer erst im Nachhinein so klar und eindeutig, nämlich dann, wenn man die Ruhe hat, darüber nachzudenken. Steht man aber mitten auf dem Schlachtfeld, ist das Gehirn ausgeschaltet. Man trifft keine Entscheidungen mehr, man handelt nur noch. Und so war auch ich schon längst kein vernunftgetriebenes Wesen mehr. Daher gab es für meinen Versuch, TomTom das Leben zu retten, keine rationale Erklärung, die einer Überprüfung durch Besserwisser am Stammtisch standgehalten hätte.
    »Noch dreißig Sekunden.«
    Ich überlegte, ob ich die Handbrause abreißen sollte, um den Schlauch als Überlaufventil zu nutzen, doch dazu fehlten mir Kraft und Zeit. Aus diesen Gründen war es mir ebenso unmöglich, in den Keller zu rennen, um den Haupthahn zu schließen. In meinem Zustand hätte ich dafür mindestens zehn Minuten benötigt und

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