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Der Augensammler

Der Augensammler

Titel: Der Augensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Kopf und drückte ihn unbarmherzig nach unten. »Ich weiß es nicht!«, keuchte ich. Ein Schweißtropfen zerplatzte zischend auf den glühenden Spiralen direkt vor meinem Gesicht. Dann kamen die Spiralen noch näher, und ich musste die Augen schließen, bevor sie austrockneten. »Wo ist das verdammte Versteck?«
    O Gott, er ist wahnsinnig, dachte ich. Er ist komplett wahnsinnig, und ich kann nichts dagegen tun. Meine Halswirbel knackten, und ich spürte, wie mir die Kräfte schwanden. Viel länger würde ich meine berstenden Nackenmuskeln nicht mehr anspannen können. »Ich weiß es nicht«, zischte ich und hatte keine Ahnung, ob Scholle mich überhaupt noch hören konnte.
    Die Hitze brannte wie Höllenfeuer. Meine Nase war nur einen Fingerbreit von der Herdplatte entfernt, und ich hatte das Gefühl, meine Flimmerhärchen schmölzen. »Aufhören«, rief eine Frauenstimme, von der ich annahm, dass sie Alina gehörte. Meine Wahrnehmungsfähigkeit war auf das überlebensnotwendige Minimum reduziert. Ich glaubte, Alina noch Dinge sagen zu hören wie »Das ergibt keinen Sinn« oder »Sie foltern den Falschen«, aber ich war mir in dem Moment, in dem meine Lippen kurz davorstanden, eine glühende Herdplatte zu küssen, nicht mehr sicher. Sämtliches Blut meines Körpers wollte in den Kopf strömen, der auf das Doppelte seiner ursprünglichen Größe angeschwollen schien. Es pulsierte in meinen Adern, meinen Ohren und unter meiner Haut, die sich in meinen Angstvisionen bereits vom Schädel löste. Mit der Kraft der Verzweiflung stemmte ich mich gegen das Presswerk auf meinem Hinterkopf, öffnete ein letztes Mal die Augen . und wollte schreien. O Gott, nein, dachte ich noch, verwirrt über Scholles Schatten, der neben dem Küchenblock immer größer wurde. Tu das nicht. Bitte ...
    Ich hoffte, nein, ich betete innerlich, dass Alina nicht so verrückt war, wie ich dachte, aber dann kündigte sie den Wahnsinn sogar an: »Sie müssen mir weh tun, wenn Sie eine Antwort wollen.«
    Scholle schaffte es gerade noch, ein entsetztes »Scheiße« zu flüstern, da hatte Alina die freie linke Hand schon auf die rotglühende Herdplatte gepresst.
     

18. Kapitel
    (Noch 39 Minuten bis zum Ablauf des Ultimatums)
Zwei Polizisten (vor dem Eingang zur stillgelegten Küche)
    Was soll denn das werden?«, fragte der ältere Polizist und schob den Kaugummi mit der Zunge auf die andere Seite seines mahlenden Kiefers. Sein jüngerer Kollege erstarrte in der Bewegung, mit der er gerade die große Eingangstür zur alten Sanatoriumsküche öffnen wollte, hinter der Alexander Zorbach so entsetzlich laut gebrüllt hatte. »Neiiiiiiinnnnn ...« »Meinst du nicht, dass wir .« »Was?«
    Jetzt fing auch die Frau an zu schreien, noch lauter und gequälter als der Mann zuvor.
    Der junge Polizist mit dem Schnurrbart wurde blass. »Nachsehen. Ich denke, wir sollten da mal nachsehen.« »Hör mal, Kleiner. Er war eben schon sauer, als ich die Blinde reingebracht habe. Hat gesagt, er will nicht gestört werden. Egal, was passiert.«
    Irgendetwas zerschnitt den Schrei der Frau in zwei Hälften. Der obere, spitze Teil starb sofort. Die dunklen, kehligen Laute röchelten noch eine Weile weiter. »Ich sag dir mal was«, sagte der Ranghöhere leise, aber bestimmt. »Was dachtest du denn, was hier abgeht? Mann, wir sind mutterseelenallein in diesem Gebäudeteil.« Es rumpelte, und Scholle fluchte lauthals: »Scheiße, was zum Teufel...«
    Die Hand des jungen Polizisten wanderte wieder zur Türklinke.
    »Wenn du da jetzt reingehst, verändert sich dein Leben, Junge. Dann musst du eine Entscheidung treffen. Und egal, welche es sein wird, danach, das garantiere ich dir, wird nichts mehr so sein, wie es mal war.« Hinter der Tür gab es einen dumpfen Schlag. Dann stöhnte Zorbach auf, und es klang, als ziehe jemand einen Sack über einen Steinfußboden.
    »Stell dir vor, du siehst etwas, was du melden musst«, erklärte der Ältere weiter. »Und wenn du das tust, dann hast du einen Feind fürs Leben, und niemand wird dich mehr als Partner wollen.«
    Der Kaugummi wechselte wieder die Seite. »Mach's wie ich. Wenn du schon irgendwohin gehen willst, dann lauf nach oben und zieh dir einen Kaffee aus dem Automaten, ja?« Er lachte. »Aber bring nicht wieder eine Blinde mit.«
    Der Frischling griff sich nervös in den kurzgeschorenen Nacken. »Ich glaube, wenn ich es nicht melde, kann ich nicht mehr in den Spiegel schauen.«
    »Was melden?«
    »Na, die Scheiße da

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