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Der Augensammler

Der Augensammler

Titel: Der Augensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Körper nur noch mehr an. »Was ist denn los mit dir?«
    Alina machte einen Schritt nach rechts, um an ihm vorbeizukommen, doch der Hund folgte ihren Bewegungen. »Hast du gar keinen Hunger?«
    Sie beugte sich zu ihm hinab und wollte nach seiner Schnauze greifen, aber anders als sonst leckte er ihr nicht über die Hand.
    »Was hast du denn?«
    Er ist starr. Konzentriert. Lässt sich nicht ablenken. Weil er...
    Alina fröstelte.
    TomTom war darauf abgerichtet, seine Besitzerin vor Unfällen zu schützen. Teil seiner zwanzigtausend Euro teuren Ausbildung war es, Alina von ungesicherten Gefahrenstellen abzuschirmen, von Hindernissen, Schlaglöchern, U-Bahn-Eingängen, offenen Schächten. Aber so etwas gibt es nicht auf dem Weg zu meiner Küche. »Komm schon, lass mich vorbei«, sagte sie und wollte ihn zur Seite drücken. Doch dann tat TomTom etwas, was sie noch nie zuvor erlebt hatte. Er begann zu knurren.
    Der bedrohliche Laut mischte sich mit dem monotonen Rauschen des Badewassers und erzeugte eine fast hypnotische Atmosphäre.
    Was zum Teufel geht hier vor? Alina fühlte, wie ihr Körper sich ebenso anspannte wie der von TomTom. Denn plötzlich roch sie das, was ihr Hund offensichtlich schon länger spürte, nämlich, dass der vertraute Duft ihrer Wohnung sich verändert hatte. Er war jetzt um eine maskuline Note angereichert. Zimt. Nelken. Alkohol.
    Um das schwere Aftershave eines älteren Mannes. »Hallo?«, fragte sie in die rauschende Stille hinein. Als sie den Lufthauch neben ihrem Ohrläppchen spürte, wollte sie sich vor Angst übergeben.
    »Nicht weiterspielen«, flüsterte eine verstellte Stimme in ihr Ohr.
    Der Mann, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war, legte ihr - und das machte alles noch viel schlimmer - nahezu zärtlich die Hand auf die nackte Schulter. Gleichzeitig fühlte sie ein Stück kaltes Metall an ihrer Wange. Sie fuhr herum, schlug ins Leere und fühlte sich hilflos. Sie holte tief Luft, als müsse sie Anlauf für den Schrei nehmen, der sich tatsächlich nur langsam in ihrer Kehle entwickelte, bis er zu einem gutturalen Brüllen angewachsen war. Sie schlug weiter in das Nichts, drehte sich gegen den Uhrzeigersinn und verlor das Gleichgewicht. Beim Stolpern riss sie eine schwere Vase von der Kommode. Das Bleiglas donnerte ungebremst aus einem Meter Höhe auf ihren Fußrücken und presste einen weiteren Schrei aus ihr hervor. Gleichzeitig mit dem unerträglichen Schmerz füllten sich ihre Augen mit Licht.
    Hell. Blitzartig. Wie ein überbelichtetes Bild ... Und dann fiel sie. Zu Boden.
    Und damit tief hinein in eine Vision.

49. Kapitel
Alina Gregoriev (Vision)
    Das Zimmer ist dunkel, und die Frau ist nicht alleine. Man hört das Atmen in den Betten neben ihr. Außer ihr und der kranken Frau ist mindestens noch eine weitere sterbende Person im Raum. Tod.
    Daran besteht kein Zweifel.
    Der Geruch von Desinfektionsmittel kommt nicht gegen das Parfum des Todes an, dem Sud aus abgestandenem Atem, wundgelegener Haut und wässrigen Ausscheidungen.
    »>Ich bin wieder da«, hört sie sich mit der Stimme eines Mannes flüstern. Schnell, atemlos. Rauh.
    Die Frau, die die Augen ihrer Mutter hat und dennoch jemand Fremdes ist, reagiert nicht. Wie auch, wenn über ihrem Gesicht eine durchsichtige Maske liegt? Ein Schatten, den Alina nicht deuten kann, vermutlich, weil sie das Gerät nicht kennt. Weil sie es als Dreijährige nie gesehen hat oder sich jetzt nicht mehr daran erinnern kann.
    Irgendetwas piepst in dem Raum wie ein rastloser Digitalwecker, um den sich keiner schert.
    Dann quietscht eine Tür hinter ihr, und es wird heller. Jemand klatscht in die Hände. »Das ist aber schön, dass Sie mal wieder vorbeischauen«, hallt eine Frauenstimme durch den Raum. Dann huscht ein Schatten hinter ihr zum anderen Bett.
    Rascheln. Ein Lufthauch, erzeugt von einer angehobenen Decke. Kissen werden aufgeklopft. Jemand stöhnt. Alina greift zu der Hand auf dem Bett. Brüchige graue Haut auf weiß gestärktem Leinen.
    Der Brustkorb der Frau auf dem Krankenbett hebt und senkt sich langsam. Manchmal, so scheint es, überlegt das Herz sich, ob es noch schlagen will.
    Dann beugt sie sich nach vorne, streicht der alten Dame eine Strähne aus der Stirn und küsst sie. Bevor sie geht, drückt sie ihr ein letztes Mal den Arm. Und dann, etwa in dem Moment, in dem in weiter Ferne der Feueralarm losgeht, dreht sie sich zum Nachttisch und richtet einen kleinen quadratischen Gegenstand aus. Einen Fotorahmen.
    Das Bild darin

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